Bitte um Rat

#1
Hallo zusammen!
Brauche dringend einen Rat von euch Ehemaligen..
Könnt ihr sagen, wie, oder an welcher Stelle bei euch der Punkt gekommen ist, wo ihr wirklich angefangen habt umzudenken?
Ich weiss zwar diese ganzen Ablenkungsstrategien vor einem FA versuche meine Probleme und Ursachen dafür zu erkennen, aber irgendwie macht es den Eindruck, als würde das alles nie aufhören :( Bin bereits seit einem Jahr in Therapie.
Gab es bei euch einen Punkt, oder Gedanken, welcher auschlaggebend war?


danke für eure Antworten!
LG shine
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Wenn Hunger nicht das Problem ist, ist Essen nicht die Lösung!

Re: Bitte um Rat

#2
Hallo shine!

Ich muss Dich leider enttäuschen. Es ist ein Lernprozess und nicht ein "heute macht es klick und alles wird anders". Gibt es meiner Meinung nach nicht. Die Gesundung ist ein stetiger Lernprozess. Und der dauert. Da kann man wohl auch keinen Zeitrahmen nennen, weil das so verschieden wie die Menschen selbst ist und vermtl. auch daran hängt, wie lange man schon krank ist.
Kein Spaziergang, keine Frage...aber es lohnt sich. Rückschritte gehören ebenso dazu wie Fortschritte. Es lohnt sich, also mach Dir keinen Druck, das Tempo lässt sich eh schwer beeinflussen und zum "Einstellung ändern" gehört mehr als nur der Wille dazu.
Wünsche Dir viel Kraft und halte durch. Es lohnt sich wirklich!

LG Nadine

Re: Bitte um Rat

#3
Oh das Thema interessiert mich auch brennend!

Könnt ihr vielleicht erzählen, welche Methoden euch geholfen haben, was auf eurem Weg passiert ist mit euch, inwieweit ihr jetzt anders fühlt und denkt und was ihr so bearbeiten musstet?

Und könnt ihr bestätigen, dass sich der FA irgendwann einfach 'verselbstständigt'? Also dann angelernt ist und man gar nicht mehr drüber nachdenkt, sondern er einfach passiert?

Das wäre wunderbar! :)
Zuletzt geändert von facilité am Di Mär 12, 2013 19:39, insgesamt 1-mal geändert.
Der Zustand, in dem ich alles an Essen da habe, ohne auch nur den geringsten Essdruck zu verspüren, ist mein normaler Zustand. Mein Körper sagt mir, was, wann und wie viel er will. Immer, wenn ich Essdruck verspüre ist etwas nicht in Ordnung.

Re: Bitte um Rat

#4
Hallo!
Danke Nadine.
Hast du deine ES bereits besiegt?
Wenn ja, wie lange hat es bei dir gedauert?
Ich weiss eh, dass es ein Lernprozess ist, nur was mir so komisch vorkommt, ist das es jetzt so extrem schlimm ist, obwohl ich seit einem Jahr in Therapie bin und im Sommer schon fast "gesund" war. Gehe nur mehr alle drei Wochen zur Therapie.. Werde aber glaub ich mit meiner Therapeutin sprechen, ob ich wieder öfter kommen kann. Denkt ihr das das Sinn macht?
Manchmal hab ich das Gefühl, das sie mir eigentlich eh nicht wirklich helfen kann...

Ja das allein der Wille nicht reicht, hab ich auch schon gemerkt. Wirklich verstehen tue ich das nicht, denn ich will es ja unbedingt, also wieso kann ich es nicht umsetzten?

Naja,
lg und schönen Abend!
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Wenn Hunger nicht das Problem ist, ist Essen nicht die Lösung!

Re: Bitte um Rat

#5
Hallo Ihr,

also ich glaube auch, da ist jeder Lernprozess sehr individuell. Meine erste Therapeutin hat immer gesagt, das kann man nicht erzwingen, weil halt jeder Prozess anders ist. Besonders getröstet hatte mich diese Aussage nie, aber ist wohl so. Bei mir hat es sehr, sehr lange gedauert. Als ich aufgehört habe zu k*, dachte ich, super, ich habs geschafft. Dem war aber nicht so, - ich habe zwar nie wieder gek*, aber trotzdem war mein Essverhalten noch sehr variabel - das war wohlgemerkt vor fast elf Jahren... in diesen elf Jahren gabs viele gute Phasen, in denen ich mich frei fühlte, aber es gab auch mal schwere Phasen mit einigen FAs und Quälerei. Letztes Jahr wurde ich unverhofft mit Sachen aus meiner Kindheit/Jugend konfrontiert und das hat mir mein Essverhalten wieder umgeworfen - ohne k*, aber mit FAs, die ich nicht kontrollieren konnte, so kams mir vor (in dieser Hinsicht hab ich schon gedacht, sie hätten sich verselbstständigt, @facilité, das hat mich sehr erschreckt) - da habe ich vieles begriffen und bin stracks wieder zur Therapie.
Ich glaube, es hat schon viel damit zu tun, wie weit man gelernt hat, mit den Dingen umzugehen, die dazu beigetragen haben, dass wir diese Krankheit bekommen haben, weswegen wir die Bulimie brauchen, usw. Und dazu ist es wichtig, sich selbst verzeihen zu können, und auch erkennen, was gar nicht die eigene Schuld war. Ich habe z.B. so oft damit gehadert, Jahre und Jahre an diese Krankheit "verschwendet" zu haben. Jetzt ist es ok, ich verstehe es jetzt und es ist in Ordnung, ich hab mich selbst wieder lieb, ums mal irgendwie zu sagen, und ich kann erkennen, dass ich soviel geschafft habe, trotz und wegen allem.
Klar, es liegt mir noch irgendwo quer, dass meine Mutter z.B. gar nicht bereit ist, über das Thema zu reden. Meine jetzige Therapeutin hat gesagt, wir haben ein Recht darauf, unseren Eltern das zurückzugeben, was wir gar nicht haben wollten. Und sie hat auch gesagt, dazu müssen sie gar nicht anwesend sein, die Eltern oder die Personen. Das können wir uns allein erarbeiten, diese Freiheit. (und ich hab trotzdem eine gute Beziehung zu ihnen, aber mit meinen eigenen Standpunkten, ich glaube, das eigene Identitätsgefühl spielt da auch mit rein) - Und das Lernen geht weiter - ich arbeite noch an meinem "Perfektionismus", der Tendenz, mich immer mit anderen zu vergleichen - aber auch das geht besser, ich kann mit diesen Frustrationsgefühlen besser umgehen, ich steigere mich da nicht mehr rein.
Meine jetzige Therapie ist anders als alles vorherige - die Beziehung ist von du zu du, sehr locker, sehr ehrlich, sehr entspannt. Zuerst habe ich irgendwie Halbgötter in der Therapie gesucht. Jetzt ists einfach von Mensch zu Mensch und das tut gut, ich genieße es richtiggehend.

So sah und sieht es bei mir aus. Lasst euch nicht davon entmutigen, dass es dauern kann, dass man wieder zur Therapie muss, dass man Rückfälle hat. Sich um sich selbst kümmern, sich selbst lieb haben, sich verzeihen können, Geduld mit sich selbst zu haben, das ist dabei so wichtig!

LG
Salamandra

Re: Bitte um Rat

#6
Hallo ihr,

ja, muss mich da auch anschließen. Es ist eben ein Prozess, der dauert so lange wie er eben dauert. Also ich habe relativ schnell mit der Therapie begonnen. So ungefähr ein ein halbes Jahr nachdem das mit dem Erbrechen begonnen hatte, zumindest wurde mir da bewusst, dass da was nicht stimmt. Um wirklich zu begreifen was da von mir in der Therapie verlangt wurde, hab ich ein Jahr gebraucht. Also mit Ernährungsplan, Gesprächen über Verhaltensweisen und -veränderungen. Da hab ich dann verstanden worum es ging und was ich da erreichen will. Ich habs anfangs völlig emotionslos umgesetzt, sodass meine Therapeutin geglaubt hat, dass ich die Pläne "verschöne". War aber nicht so. Bis ich das alles auch wirklich emotional fassen und umsetzen konnte, hm, da vergingen bei mir ungefähr vier einhalb Jahre mit viel Unterstützung meines Freundes, der jetzt fünf Jahre an meiner Seite ist. Ohne ihn hätte es sicherlich länger gedauert. Wirklich helfen tut meiner Meinung nur das, wenn man weiß was man durch die Bulimie ersetzen will und dafür ein gesundes Gegenstück findet, die tatsächlich richtigen Alternativen. Bei mir war es eben hauptsächlich eine sichere soziale Bindung und emotionalen Rückhalt, was ich beides zu Hause nicht richtig hatte und dann auch noch schlechte Erfahrungen gemacht habe in Beziehungen.
Meine Therapeuten haben mir mehrmals gesagt, dass es immer wieder passieren kann, dass ich in kritischen Phasen auf das Essen zurückgreifen werde. So ist es auch. Es ist bei schwierigen Situationen, in denen ich überfordert bin oder keine Lösung weiß so, dass ich immer mal wieder auf die ES zurückgreife. Nicht bewusst, das kommt einfach. Ehrlich gesagt kann ich inzwischen kaum noch bewusst hungern^^ Also wenn es mir an sich gut geht (oder nicht schlecht genug nenn ich es mal), dann will ich vielleicht, verwerfe den Gedanken oder das Vorhaben dann aber sobald ich wirklich richtig Hunger habe und dann gehts. Wenn dann mal so eine Phase kommt, dann ist es mal eine Woche lang so, dass ich ins alte Muster falle, aber ohne erbrechen. Aber dann geht die auch wieder vorbei. Aber ich glaube, die ES bleibt einfach ein Stück in meinem Kopf haften, genauso wie das SVV. Es ist nunmal für das Gehirn eine erfolgreiche Methode gewesen und für unseren Kopf macht es Sinn so zu handeln, also muss man es überspeichern und in jeder neuen Erfahrung wieder eine neue Alternative finden. Das ist sehr sehr schwer und das hab ich auch noch nicht raus.

LG

Re: Bitte um Rat

#7
Ich danke herzlich für die lieben und ausführlichen Erfahrungsberichte!
Das hilft mir sehr!

Weiterhin alles Gute für euren ganz persönlichen Weg. <3
Der Zustand, in dem ich alles an Essen da habe, ohne auch nur den geringsten Essdruck zu verspüren, ist mein normaler Zustand. Mein Körper sagt mir, was, wann und wie viel er will. Immer, wenn ich Essdruck verspüre ist etwas nicht in Ordnung.

Re: Bitte um Rat

#9
hallo, wollte auch noch meine senf dazu geben, vielleicht kan ja jemand was damit anfangen.

bei mir hat das Umdenken angefangen, als ich durch die Bulimie das Kaputt gemacht habe was ich eigendlich durch sie erreichen wollte. Da ist mir zum ersten mal klargeworden wie krass sie mir schadet und das sie kein Helfer ist. Das sie dem Ziel im Weg steht, und das das "dünn" sein dir nicht hilft und dich auch nicht glücklicher machen wird.

Re: Bitte um Rat

#10
hey an alle!
ich bin zwar neu hier, aber ich kämpfe schon sehr lange gegen die Bulimie (schon 8 jahre..) der Kampf ist noch nicht gewonnen, ich stecke gerade irgendwo zwischen täglichen FAs und tagen an denen ich einfach glücklich bin! es ist einfach ein sehr langsamer Prozess: ich bin seit 2 Jahren in einer Therapie und habe manchmal das Gefühl, dass es langsam anders/besser (?) wird ... 4 Wochen später sieht dann die Sache genau anders aus und ich frage mich, ob ich schon auf dem richtigen weg bin!! es kommen 3 schritte nach vorne, 2 zurück, 1 nach vorne.... und so hantelt man sich von Woche zu Woche weiter... so hoffe ich zumindest!
man schlittert ja auch nicht von heute auf morgen in die Bulimie...und so dauert es auch seine zeit bis man sich aus diesem loch wieder herausgezogen hat...

wir schaffen das..!! mittlerweile bin ich sogar Optimist geworden ;)

liebe grüße