Sich selbst lieben, und es in Ordnung finden?

#1
Halloooo meine Lieben!

Ich bin jetzt seit 2 jahren clean und gesund.
Ich hab ein normales, ganz ungezwungenes Verhältnis zum Essen aufgebaut und bin darüber auch sehr glücklich.
Ich habe weder vor Lebensmittel Angst, noch verbiete ich mir etwas, sondern habe sogar eine relativ "gesunde" Ernährung.

Mein Leben lang habe ich von meinem Vater gehört, dass ich dick bin. Schon als ich den Kindergarten besucht habe. Was übrigens totaler Müll ist, ich hab meine Fotos gesehen und sogar gefunden, dass ich erschreckend dünn war. Naja, dieses "du bist zu dick" bekam ich seit frühester Kindheit von ihm eingetrichtert. ("Iss die Pizza da besser nicht, gib sie deinem Bruder, du bist zu dick!" "Wenn du so weiter isst, wird dich niemand lieben") Da meine Eltern getrennt waren, hat meine Mutter ihm sogar vom Gericht aus verbieten lassen mich dick zu nennen, sonst hätte er das Besuchsrecht verloren. Da ich als Kind dies wusste, hab ich meiner Mutter von dem Zeitpunkt aus einfach nie mehr erzählt, dass er es trotzdem tat. Ich wollte ihn nicht verlieren.

Nunja, man sieht, ich habe niemals gelernt mich als schön oder in Ordnung zu empfinden.

Jetzt, da ich gelernt habe, meinen Körper richtig wahrzunehmen, stehe ich vor einem ganz anderen Problem.
Ich sehe mich im Spiegel, sehe dass ich nicht fett bin, und bin damit überfordert.

Ich fand mich mein Leben lang eklig und hab regelmäßig vorm Spiegel Heulkrämpfe bekommen und jetzt? Jetzt bin ich damit überfordert glücklich zu sein und mich schön und in Ordnung zu finden. Mein Leben lang hab ich mir verboten glücklich zu sein, weil , Zitat meines Vaters,: "Dicke Menschen mag niemand und jeder ekelt sich vor denen." Und so hab ich mich immer ungeliebt, hässlich und fett gefühlt und hatte immer im Hinterkopf, dass sich in Wirklichkeit alle vor mir ekeln.

Ich fühle mich irgendwie schlecht, weil ich mich mag und das wühlt mich extrem auf.
Bin ich die einzige, die damit Probleme hat, dass sie sich nicht mehr eklig fühlt? Hab ich das einfach nie gelernt und deswegen solche Probleme damit?
Was meint ihr?

Lg
hab ich ein problem mim essen, oder hat das essen ein problem mit mir?

Re: Sich selbst lieben, und es in Ordnung finden?

#2
Hallo sternchen***
Erstmal herzliche Gratulation, dass du dich als gesund bezeichnen kannst, was die ES betrifft. Als gesund im ganzheitlichen Sinn würde ich dich jedoch nicht bezeichnen, denn das was du beschreibst ist doch eine gestörte Selbstwahrnehmung. Klar, du bist mittlerweile soweit, dass du dich und deinen Körper, deine Figur nicht nur annehmen kannst, sondern sogar magst und liebst. Das ist schon sehr viel wert.
Aber in deinem Hinterkopf geistert noch immer herum, dass dies - nur in den Augen deines Vaters wohlgemerkt - eben dick sei. Was wohl Schwachsinn ist, wie du beschreibst. Trotzdem, er hat es dir in jungen Jahren soooo oft gesagt, dass da noch immer was hängen geblieben ist.

Wie sieht es denn aus bei dir in Sachen Komplimente? Kannst du Komplimente auf deinen Körper/deine Figur bezogen auch als solche annehmen? Hast du einen Freund, der dir Komplimente macht, wie gut du aussiehst, was du für einen tollen Körper hast, dass er all das mag?

Hast du schon mal daran gedacht, professionelle Fotos von dir machen zu lassen? Vielleicht von einer FotografIN?
Ich habe mal eine Dokumentation im TV gesehen, wo von einer jungen Frau eben auch aus diesem Grund Fotos gemacht wurden in Dessous und Bikini. Ihr Kopf war bewusst ausserhalb des Bildausschnitts. Die Frau wurde dann mit ihren eigenen Bildern auf die Strasse geschickt, um Passanten nach ihrer Meinung zu fragen, wie sie die Fotos bzw. die Frau darauf finden. Sie war überwältigt von den fast ausnahmslos sehr positiven Aussagen.

Versuch was in diese Richtung zu machen, was dir mehr Selbstvertrauen geben kann.
Ich wünsche dir dabei viel Erfolg

Peter
Auch mit in den Weg gelegten Steinen kann man ein gutes Bauwerk errichten

Re: Sich selbst lieben, und es in Ordnung finden?

#3
Hi Sternchen ***

Nein, du bist definitiv nicht alleine damit..

Das verheerende mit den Eltern ist, dass im Erwachsenenalter eine kleine Stimme im Kopf bleibt (Freud nennt es auch das Über-Ich, was der moralischen Instanz entspricht). Ich persönlich hatte keine Eltern, die mir gesagt haben, ich sei dick. Im Gegenteil, sie hatten Panik davor, dass ich dünn werden könnte, weil aus meiner Herkunft (Italien) bedeutet etwas fester zu sein Wohlstand. Sie waren mir gegenüber immer abwertend. In der Erziehung war wenig aufbauendes. Das bedeutet, dass ich das auch zu mir geworden bin. Ich hab oft auch damit zu kämpfen, "kein schlechtes Gewissen" zu haben, wenn es mir gut geht und ich glücklich bin - so paradox das auch tönen mag..
Ich weiss wie du dich fühlst.. Es ist dann so, dass man "anders" ist, als die Eltern es wollten. Das witzige am ganzen - und vielleicht hilft dir das - solche Messages von Eltern haben oft nix mit einem selbst zu tun. Also dein Dad sagt, du seist dick und EIGENTLICH hatte er vor irgendetwas Angst (Kontrollverlust? Sozialer, gesellschaftlicher Druck? Unsicherheit?).

Es ist ein gutes Zeichen, wenn du das merkst, dass du ein schlechtes Gefühl empfindest, wenn es dir gut geht. Das bedeutet, dass ein Teil von dir es eigentlich in Ordnung findet, sich gut zu fühlen und glücklich zu sein (wenn diese Stimmen nur nicht da wären..). Und mit der Zeit, wenn man eigene Erfahrungen macht und das Selbstvertrauen stärkt, wird dieser Teil in dir stärker - also hoffentlich :)

Sich selbst lieb zu haben, ist schwer. Zumindest mach ich diese Erfahrung durch im Moment. Und das ist vor allem dann schwierig, wenn die Eltern zu unserem inneren Kind nicht lieb waren. Man muss versuchen dieses Kind zu bemuttern..