Essenstruktur/-plan

#1
Hallo, vielleicht bin ich bei den Ehemaligen eher an der richtigen Stelle: ich habe von der Ernährungsberaterin einen Essensplan mitbekommen; die Einhaltung dessen fällt mir aber sehr schwer, da ich vor allem bei den warmen Mahlzeiten so gar kein Gefühl für Portionsgrößen habe (bin seit langer Zeit von Bulimie betroffen). Bitte daher um Information, wie IHr wieder ein Gefühl für normale Portionen entwickelt habt bzw wie Ihr Euch orientiert habt. LG

Re: Essenstruktur/-plan

#2
ich hatte fast 9 jahre bulimie und bin jetzt seit etwa 5 monaten symptomfrei... das mit den portionsgrößen hab ich ganz einfach gelöst. ich habe einen single-haushalt und leiste es mir ca 2-4 pro woche essen zu gehn. mal alleine ein anderes mal zu zweit.
beim mittagsbuffet - was ja für bulimikerInnen bekanntlich nicht so klug ist - zieh ich eine lokalität vor wo man nur gegen aufpreis nachschlag holen darf :wink: ich bin nur froh, dass dieses restauraunt heute ein anderer pächter betreibt :oops:
dieses "wieviel darf ich denn essen?" und dergleichen sind aus meiner individuellen sicht lediglich fragmente aus der ES.
ein wenig struktur und disziplin sowie ein liebevoller blick in die vgh. als die bulimie noch kein thema waren ist für mich völlig ausreichend - keep ist simple...(wie zb. dass du vom buffet eben nur eine mäßige portion dir nimmst. schließlich willst du ja nicht gierig sein!?)

schöne grüße, martin
http://www.youtube.com/watch?v=SzTLKAu0p8A

wahre visionen nehmen immer erst mit zunehmender anstrengung gestalt an

cherry

Re: Essenstruktur/-plan

#3
Lieber Martin,

herzlichen Dank für Deine Antwort. Darf ich Dich fragen, wie Du es geschafft hast symptomfrei zu werden? Wo warst Du denn in Betreuung? Ich kann es mir nicht vorstellen, in eine Klinik zu gehen, da ich sonst meinen Job aufgeben müsste. Hattest Du einen Essplan für die "Zeit danach"? Hat sich Dein Leben eigentlich geändert nach dem "Aus"?
danke im voraus!

Re: Essenstruktur/-plan

#4
hallo wasserfee,

ja, ich war mal in einer psychosamtischen klinik in 2004/5. symptomfrei war ich danach nicht und selbst in der klinik waren es nur wenige tage an denen ich es "lassen" konnte. gelernt hab ich jedoch einiges und ich finde dass sich manche dinge/erkenntnisse erst später durchgesetzt haben. vorerst war der drang zu kotzen noch viel zu groß...
die gründe warum jemand bulimie hat bzw. sie bekommt sind so vielfältig wie personen und familienkonstellationen es sind. wenn du einen essensplan brauchst und er dir hilft dann ist die sache vorerst doch klar für dich - ernährungsberatung - suchtberatung - stationäre therapie etc.. in der regel dauern stationäre therapien 4-7 wochen. wegen deinem job musst du dir klar machen was dir lieber ist. versprichst du dir von einer stationären aufnahme an sich etwas? wenn ja, dann würd ich mir den weg dahingehend erstmal ebnen. den job kannst du dir bei optimalen umständen behalten und wenn nicht dann freut sich bestimmt der nächste arbeitgeber über eine neue mitarbeiterin wie dich!
auf deine frage hin ob sich bei mir seit dem aus etwas geändert hat kann ich nur sagen, ja...da tut sich was! in erster linie bin ich nun wieder einigermaßen selbstsicher im auftreten und hab keine scheu mehr unter leute zu gehen. seit letztem jahr mach ich ca 1 mal pro woche eine therapie was den genesungsprozess zusätzlich unterstützt hat.
so, das wars vorerst von mir, wenn du konkretere dinge wissen willst dann kannst du gerne fragen..
hab die woche zeit da ich mir wegen einer bronchitis etwas ruhe verordnet habe. :wink:

gruß, martin
Zuletzt geändert von cherry am Di Okt 12, 2010 12:50, insgesamt 1-mal geändert.
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cherry

Re: Essenstruktur/-plan

#5
Oh Mann Cherry,

das hört sich ja supi an. Freut mich echt für dich....also nicht deine Bronchitis :wink:
Bei dir hat sich ja wirklich Einiges ins Positive verändert.
Schön, wieder mal von dir zu lesen und noch dazu solche Erfolge!!!!!!
Übrigens am 30. Okt. gibt es wieder ein Treffen :wink:

Wasserfee,
ich würde dir auch zu ein proffessionelle Hilfe raten.
Und einen Job zu verlieren um das Leben zu gewinnen, das ist es allemal wert!!!

Liebste GRüße
Hedi

Re: Essenstruktur/-plan

#6
hallo hedilein,

ja, so ging das einfach nicht mehr weiter! so blöd sichs anhört, doch die bulimie hat ihren "zweck" erfüllt - jetzt gehts auch ohne. es ging mir lange zeit sehr sehr schlecht und nahezu niemand konnte mir helfen. da gabs familiäre verstrickungen die konnten nur durch externe einflüsse entwirrt werden. nur jetzt hab ich ein anderes problem - ein besseres wohlgemerkt. was tun mit dem angebrochenen nachmittag?! ich hoffe das fällt mir was gescheites ein. ich genieße vorerst mal meine unabhängigkeit und muss allmählich ausloten wos mich nun wirklich hinzieht - das herz sprechen lassen. etwas, das mir bisher so schwer gefallen ist.

cherry
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cherry

Re: Essenstruktur/-plan

#7
Lieber Cherry und Hedi,

vielen Dank für Eure Antworten; das tut mir so gut, da ich sonst niemanden habe, mit dem ich mich austauschen könnte ;-)
darf ich Dich fragen, in welcher Klinik Du warst und ob das so nebenher mit dem Job ging? hat sich Dein Tagesabeslauf verändert, bist Du jetzt liebevoller und verständnisvoller mit Dir und hetzt nicht so einfach nur mehr rum? hast Du eine fixe Essensstruktur eingeführt? einen fixen Tagesablauf? Weisst Du, ich kenne gar nix anderes als heimkommen und essen; ja, es gibt Tage, da mache ich es nicht, aber dann fülle ich den Abend mit tausenden anderen "wichtigen" Dingen, um nur ja beschäftigt zu sein und frage mich eigentlich, wovor ich so rasend schnell davonlaufen möchte. Auf der Couch zu liegen und ein Buch zu lesen - das wäre ein absoluter Traum von mir. Kann ich aber nur, wenn ich bei meinem Freund bin und nicht alleine. Diese Woche ist leider nicht so toll bei mir, da ich mich wieder mal frage, ob mein Freund der richtige Partner ist, da ich vieles bei ihm vermisse: Gefühle, liebevolle Gesten etc, das schmerzt schon sehr...
Ich möchte Dir ganz herzlich danken für Deine "Unterstützung" und wünsche Dir gute Besserung!!!! Was hast Du denn noch unternommen am Nachmittag? ganz liebe Grüße aus Wien

Re: Essenstruktur/-plan

#8
ich war in der uni-klinik innsbruck bei prof. bibel - ein genie :wink: ein arzt wie er nicht oft anzutreffen ist. ein weltgewandter und herzlicher mensch. ich wünschte ich wär damals schon aufnahmefähiger gewesen um mich in der tagesstruktur besser einzufinden. leider ging es mir damals sehr schlecht und meine seelischer zustand nahm nahezu psychotische züge an. kurz: es war noch nicht meine zeit. doch gut tat mir der klinik-aufenthalt alle mal. es gab viele anstöße/anreize die sich erst viel später entfalten sollten. die verstrickung mit meiner mutter war damals noch zu komplex und verworren alsdass es eine lösung ad-hoc geben hätte können. sie hat mich in vielerlei hinsicht m*ssb**ch* (jedoch nicht s*x**ll* - zumindest nich konkret)
ein hitzkopf war ich all die jahre auch, keine frage(bin ich auch heute noch :shock: ), nur mit lesen konnte ich mich zb. recht gut ablenken(im gegensatz zu dir brauche ich dazu das alleinsein) - ich betone ablenken! heute tu ich mir so oft es geht was gutes. ich gehe gut essen, gehe 1x/woche ins schwimmbad/sauna, betreibe mit freunden sport etc. mein persönliches zauberwort war unabhängigkeit in jeder hinsicht. mich selbst so zu nehmen wie ich immer war, es bin und auch sein muss um leben zu können waren für mich weitere wichtige erkenntisse die mir halfen ein wenig entspannter zu werden!

schöne grüße, cherry

ps.: dir scheint das thema essensplan sehr wichtig zu sein - und aller wahrscheinlichkeit nach scheint er für dich auch das richtige zu sein.ich war zb leistungssportler und wußte recht gut wieviel und speziell was ich essen soll um bei optimaler temperatur zu sein.genützt hat es leider nur wenig. diese angelegenheit solltest du mit einer kompetenten person abklären um für dich einen guten fahrplan maßzuschneidern. ich hab keine ahnung wie deine insgesamte lebenssituation ist;wie stark dein drang zu erbrechen ist,ob du weitgehend eigenverantwortlich bist? hast du eine gute beziehung zu deiner familie? all diese aspekte sollten nicht zu kurz kommen!
Zuletzt geändert von cherry am Di Okt 12, 2010 23:42, insgesamt 4-mal geändert.
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cherry

Re: Essenstruktur/-plan

#9
Lieber Cherry,

vielen Dank für Deine ausführliche Antwort. Wie lange warst Du in Innsbruck in Betreuung? Konntest Du auch dort wohnen bzw wie hast Du Dich danach wieder in den "normalen" Alltag eingegliedert? Was waren die wichtigsten Dinge/Fähigkeiten, die Du dort gelernt hast, die es Dir ermöglicht haben, wieder unabhängig zu sein und die Bulimie nicht mehr zu brauchen? Hoffentlich sind das nicht zu viele, persönliche Fragen auf einmal....;-)
Ich lebe alleine und habe vor ca. 1 Jahr das Verhältnis mit meiner Mutter auf Eis gelegt; jedes Mal, wenn ich sie sehe, regt mich das unheimlich auf, wir geraten auch sehr schnell in Streit. Da ich ein Einzelkind bin, hat mich meine Mutter fast total vereinnahmt und mich so rein gar nicht auf´s wahre Leben vorbereitet, welches dann quasi ein richtiger Schock war für mich (auch wenn sich das jetzt dumm anhören mag). Viele Jahre habe ich sehr zurückgezogen gelebt, hatte keine Freunde etc (nur die Bulimie eben ;-(), das Thema fehlende soziale Kontakte bzw die Fähigkeite solche zu knüpfen beschäftigt mich auch jetzt noch sehr stark. Sobald ich alleine in der Wohnung bin, gibt es (fast) nur noch Essen, um die Einsamkeit zu ertragen. Bist Du nach der Therapie in Innsbruck gleich wieder in den gewohnten Job zurückgekehrt? Ich müsste meinen Job hier kündigen, wollte ich stationär gehen; das wäre an sich kein Problem, weil mir nicht viel an der Arbeit hier liegt, aber dann hätte ich nach der Rückkehr einfach sehr viel mehr Unsicherheit und einen total unstrukturierten Alltag bzw sind wir hier im Büro auch eine Art von "kleiner Familie".
Wünsche Dir noch einen schönen Tag, LG aus Wien

Re: Essenstruktur/-plan

#10
ich hab mich schon während der letzten beiden wochen des klinikaufenthaltes bei den verschiedensten firmen beworben. und kurz danach hatte ich auch schon wieder arbeit. die darauffolgenden jahre hatte ich den arbeitsplatz sogar ziemlich oft gewechselt...
Was waren die wichtigsten Dinge/Fähigkeiten, die Du dort gelernt hast, die es Dir ermöglicht haben, wieder unabhängig zu sein und die Bulimie nicht mehr zu brauchen?
hier geht es um prozesse die in gang gesetzt werden müssen. das geschieht am besten über eine längerfristige therapeutische beziehung. die inhalte sind von mensch zu mensch ganz unterschiedlich; deswegen kann ich dir auf deine frage keine konkrete antwort geben. im besitz deiner fähigkeiten bist du bereits. bei vielen denke ich gehts darum einen gesunden bezug zu ihren fähigkeit/eignungen ec. herzustellen um schließlich auch das für sich zu wählen was zu einem auch passt.
das Thema fehlende soziale Kontakte bzw die Fähigkeite solche zu knüpfen beschäftigt mich auch jetzt noch sehr stark.
was brauchst du um dich sozial eingegliedert zu fühlen? 300 freunde auf facebook? :lol: wohl eher nicht...kontakte knüpfen ist kein wettkampf!
du sagst du hast einen job wo ihr eine art familie seid; das klingt doch gut! das zeigt doch das du soziale kompetenzen hast; und darauf lässt sich aufbauen!

hedi hat es ohne umschweife gesagt:
ich würde dir auch zu einer proffessionellem Hilfe raten.
liebe grüße aus OÖ
Zuletzt geändert von cherry am Do Okt 14, 2010 17:35, insgesamt 1-mal geändert.
http://www.youtube.com/watch?v=SzTLKAu0p8A

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cherry

Re: Essenstruktur/-plan

#11
Hallo Cherry,

danke für Deine Antwort, bin gar nicht auf Facebook registriert ;-); so etwas gibt es auch noch....ggg
war heute seit 2 Wochen wieder bei meiner Therapeutin, fühle mich jetzt wesentlich besser und bin bereit, den Widrigkeiten des Lebens halbswegs in´s Auge zu sehen, wenngleich das auch noch lange dauern wird. Möchte Dir für Deine Unterstützung während dieser Wochen danken und gleichzeitig auch ein schönes Wochenende wünschen.
LG aus Wien

Re: Essenstruktur/-plan

#13
Lieber Cherry,

Jetzt hätte ich noch eine Frage und hoffe, Dich nicht damit zu nerven; nachdem ich am Wochenende wieder in mein gewohntes Muster verfallen bin (hunger, fressen etc), da es einige sehr belastende Situationen gab, hat mir meine Therapeuten dazu geraten, im Moment nichts zu ändern, sondern einfach nur zu beobachten und wahrzunehmen. Kamen solche Ratschläge auch von Deinen Therapeuten? Nichts zu ändern, einfach zuzulassen und beobachten? Bin recht verunsichert, hatte mir von ihr eher eine strengere Aussage erwartet so nach dem Motto „jetzt reißen Sie sich zusammen“….
Danke!

Re: Essenstruktur/-plan

#14
hallo wasserfee,

:shock: das hab ich leider erst jetzt gemerkt, dass du in diesem fred nochmal geschrieben hast... :shock: ich bitte dich, mich beim nächsten mal zusätzlich per boardmail zu informieren..
ja, diese therapeutische intervention ist durchwegs üblich und zeigt nur, dass sie es gemach mit dir angeht :)
ich kenn es von mir, eine suchterkrankung geht immer mit einer gewissen warnehmungstörung einher und deine therapeutin will dir helfen etwas ruhe in deine unruhe zu bringen - nichts weiter!
ich mach zum beispiel atemmedidation was mir speziell abends dazu verhilft mich etwas zur raison zu bringen :D
dies wird häufig von körpertherapeuten empfohlen...

lg, martin
http://www.youtube.com/watch?v=SzTLKAu0p8A

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cherry

Re: Essenstruktur/-plan

#15
Hallo Cherry,

danke für Deine Antwort ;-); ich würde Dich noch gerne fragen, welche Art der Abendentspannung Du durchführst und ob Du sie Dir selbst beigebracht hast bzw einen Kurs besucht hast? Mir geht es zur Zeit nicht so gut, bin sehr ärgerlich auf mich und wütend, weil ich es einfach nicht schaffe, auf die Ärgernisse, Streitigkeiten, persönliche schlechte Stimmungen etc anders zu reagieren als mit einem FA am Abend. Wie soll man es bloß schaffen, diesen Kreislauf zu durchbrechen??? Habe keine Vorstellung, wie ich die schlechten Gefühle aushalten soll bzw mich anstatt auf einen FA abends auf ein heißes Bad freuen kann. Darf ich fragen, wie diese "Umstellung" bei Dir ging? danke & einen schönen Abend noch