Seite 1 von 1

"Nachwehen" der ES?

Verfasst: Mi Feb 18, 2009 16:04
von Sonrisa
Hallo :)

Ich wollte mich mal wieder melden - ich war vor ca. 2 Jahren mal etwas öfter hier, hab viel gelesen und mir tipps geholt. Ich weiss nicht, ob sich noch jemand an mich erinnert, aber ich musste in letzter Zeit ein paar mal an das Forum denken und hab mir gedacht, ich melde mich einfach nochmal. Vielleicht, um jemanden das zu geben, was mir damals gegeben wurde. Ich hab mich hier sehr verstanden und wohl gefühlt.
Jetzt, nach fast 2 Jahren kann ich sagen, dass ich (fast) wieder gesund bin. Ich war von 2006 bis 2007 als Aupair in den USA und im Nachhinein denk ich, dass die Entfernung der Auslöser für meine Bulimie war. Kaum war ich zu Hause, hat sichs wieder gebessert. Ich hatte meinen letzten FA in den Staaten, gekotzt hab ich nachher auch nochmal, aber das hat auch ziemlich schnell aufgehört.
Naja... ich esse wieder ziemlich normal, mache mir nicht über jeden Bissen Gedanken, ob ich "darf" oder nicht und die "Is-doch-sowieso-schon-egal-Haltung" hab ich auch fast ganz abgelegt.
Aber nun eine Frage an die, die alles überwunden haben... Ist es überhaupt möglich, ein komplett normales Essverhalten zu haben? Ohne schlechtes Gewissen? Mich überfallen diese Gedanken noch manchmal. Vor kurzem hab ich mir wieder dabei erwischt, als ich eine wieder in die "ich-bin-zu-dick - ich-ess-nicht-mehr-Phase" gerutscht bin, habs aber nach kurzem wieder gelassen. Mein Freund kennt meine Vorgeschichte und ich hab ihm auch gesagt, er soll mich "wachrütteln", wenn ich wieder in diese Hungerphase rutschen sollte.
Naja, ausserdem merke ich noch, dass ich viel schneller esse, als alle anderen in meinem Umfeld. Aber das, denk ich, ist für ne Ex-Essgestörte normal, oder? Ich versuche mich dann einfach, an die Geschwindigkeit der anderen zu halten bzw auch an die Menge.
Ich kann noch immer nicht richtig einschätzen, wie viel ich essen kann - wie viel ein "ganz normaler" Mensch isst. Ich kann das mit den Zwischenmahlzeiten noch nicht richtig einschätzen bzw wie viel ein "normaler" am Tag isst.
Ist das bei euch Ehemaligen alles überwunden??
Wow, jetzt wo ich das alles geschrieben habe, fällt mir auf, dass ich doch noch einige Probleme zu überwältigen habe. Bulimitechnisch hab ich alles überwunden. Weder Heisshunger, noch FAs... das is ja schon einmal ein Schritt :wink:
Ich werde weiter daran arbeiten und hoffe, irgendwann einmal ALLES überwinden zu können.

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Do Feb 19, 2009 7:56
von Sonrisa
Das hab ich auch schon oft versucht und hab daran gearbeitet, aber leider verwechsle ich manchmal Hunger mit Appetit. Wenn ich z.B. im Büro bin, dann nehm ich mir tagsüber einfach nur immer so viel mit, wie ich dann auch essen will/"darf". Ich esse meistens abends dann was warmes - und da kann ich dann auch sagen "Jetz is genug" - "Jetzt bin ich satt"... nur tagsüber fällt mir das irgendwie schwer meine Mahlzeiten richtig zu unterteilen.
Naja, aber wie du schon sagst - daran muss ich arbeiten und es wird hoffentlich auch irgendwann klappen :wink:

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Fr Feb 20, 2009 11:17
von Lorelai
wie wärs wenn du an deiner essensgeschwindigkeit ansetzt?
ich bin eine seeehr langsame esserin, fast ein wenig zu langsam finde ich manchmal. zumindest sind bei mir bruder und vater schon fertig, wenn ich gerade erst mal begonnen habe. :lol:
auch langsam essen kann man lernen, und du hast dabei mehr zeit auf deinen körper zu hören und merkst auch deutlicher wann du satt bist. würde dir ja vielleicht weiter helfen...

alles liebe, L.

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Fr Feb 20, 2009 12:29
von Sonrisa
Ja, das wär ne Möglichkeit... denn oft schling ich das alles so in mich rein, dass ich das "ich-bin-satt-Gefühl" überhöre und bin danach total voll. Gut, ich geh nicht mehr kotzen, aber würd dann immer am liebsten, wenn ich merk, dass ich zu viel gegessen hab. Hatte auch immer wieder in paar Rückfälle, aber die haben mich nicht weiter aus der Bahn geworfen - zum Glück!

An die Ehemaligen: Kennt ihr das nicht? Hat das bei euch auch noch lange gedauert, bis alles wieder normal wurde? Könnt ihr normal essen ohne schlechtes Gewissen?

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 13:19
von Lebensseiltänzer
hm, also ich hatte eigentlich shcon immer Problemen mi dem Essen, bin aber seit guten 4 Jahren rückfallos und inzwischen kann ich dazu sagen, dass ich eigentlich ganz von dem meisten weg bin

ich bin aber auch eine recht langsame Esserin
ich esse auch nie wirklich viel, nur wenn ich richtig hunger hab, mal etwas schneller, aber ohen Hintergedanken

und es wäre sicherlich falsch, wenn ich sagen würde, mein Körper wäre perfekt
ich weiß, wo meine Problemzonen liegen und da werden sie auch immer liegen
nur es ist so, dass ich dann doch meinen Körper angenommen habe und mag (und auch nen praller Hintern und dickere Oberschenkel können nett wirken, man muss sich nur passend anziehen ;) )

ich esse auch ohne schlechtes Gewissen, mache mir da recht wenig Gedanken drum
ebenso wie ich auf die Waage gehe, aber eigentlich mehr aus Gewohnheit, als um die Zahl zu wissen
solange meine Klamoten passen und ich mich wohl fühle, ist das alles ok

es ist aber alles ein langer Weg
erst habe ich gelernt, das Völlegefühl aushalten zu müssen, was aber lange gedauert hat und manchmal so hart war, dass ich weinend im Bett in den Armen meines Freundes lag und gleichzeitig hab ich in der Klinik aber auch gelernt, was richtige Mengen sind, bzw. hab nen Zettel an die Hand bekommen (ok, meistens esse ich weniger, aber stört ja niemanden)

und dann hab ich nach und nach gelernt, meinen Körper anzunehmen und mir etwas süßes zu erlauben
langer Prozess und kostet einiges an Zeit und Überwindung
aber er ist es wert

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Di Mär 03, 2009 13:13
von aymone
Hallo!

Ich denke, man kann in diesem Sinn nicht "gesund" werden. Wenn gesund das Ideal ist, nur nach Hunger und Sättigung zu essen.

Andere haben Bauchschmerzen, Kopfschmerzen, Schwindel, müssen Weinen, wenn es ihnen schlecht geht. Daran merken sie, dass etwas schief läuft und sie etwas ändern müssen.
Wir haben unsere Gefühle vor der Krankheit nicht kennengelernt und dann die Krankheit entwickelt, um mit ihnen umzugehen. Unser "Warnsignal" ist immer erst noch lange das sich wieder essgestörter fühlen. Insofern machst Du das mit Deinem Freund als äußerer Kontrolle schon ganz pragmatisch. Der nächste Schritt wäre meines Erachtens, Dir Deine "Warnsignal"-Gedanken rauszusuchen und zu reagieren, Dich um Dich zu kümmern, wenn sie auftreten.

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Di Mär 03, 2009 13:42
von Lorelai
filialunae-reloaded hat geschrieben:Wir haben unsere Gefühle vor der Krankheit nicht kennengelernt und dann die Krankheit entwickelt, um mit ihnen umzugehen.


Diese Aussage finde ich etwas hart. Geradeso als wären essgestörte gefühlstote Menschen.
Ich kannte meine Gefühle, sei es nun Liebe, Trauer, Wut, Glück etc. eigentlich immer sehr gut.
Allerdings stimm ich dir zu, dass es wahrscheinlich für manche schwierig ist, gewisse Gefühle zum Ausdruck zu bringen. Bei mir war das Wut.
Diese Gefühle werden dann über das Essen kanalisiert.

@sonrisa: Versuch dich auf jeden Fall bewusst zum Essen zu setzen, die Ésssituation irgendwie zu gestalten - Tisch nett decken, Kerze anzünden oder Getränk dazu aus dem Glas und nicht aus der Flasche usw. und auf keinen Fall vorm Fernseher oder Internet oder ähnliches.
Meist reduziert Lenken des Bewusstseins auf das Essen die Geschwindigkeit schon von selbst ein wenig.

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Di Mär 03, 2009 14:36
von aymone
@Lorelai: Im Grund meinte ich es gar nicht so anders als Du. Aber für mich ist bei der Essstörung der Aspekt der Persönlichkeitsentwicklung in Kindheit und Jugend sehr wichtig. Die Betonung in meinem Beitrag lag auf "nicht kennengelernt". Das sollte nicht heißen, dass Gefühle nicht existieren oder nicht gespürt werden. Aber dass sie oft unterdrückt werden oder aber ungefiltert auf die Betroffene einprasseln. Mit den bekannten selbstschädigenden Versuchen, mit sich selbst klarzukommen.

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Mi Mär 04, 2009 15:06
von Sonrisa
vielen Dank für eure Antworten!
Sorry, konnte jetzt länger nicht schreiben, da ich umgezogen bin und mein Internet noch nicht funktioniert hat.
Ich hab mich auch erst vor kurzem mit einer unterhalten, die essgestört war und sie meinte auch, sie hätte noch immer diese gedanken "wie viel darf ich essen?" "schlechtes gewissen" danach etc. naja, ich hab mich jetzt ne weile damit abgefunden, dass ich diese gedanken wahrscheinlich nicht (so schnell) loswerde und teilweise macht es mir auch nichts aus, da ich mich dann bewusster und gesünder ernähre, aber dann kommen wieder zeiten, da nervts mich einfach... vielleicht sind die phasen ja schonmal ein weg raus!? zumindest denk ich nicht immer daran...
naja, ich werde es weiterhin versuchen und kämpfen... irgendwann muss das doch aufhören!

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Sa Mär 14, 2009 21:28
von Jaca
Hey,

Dass, was du da schreibst kommt mir sehr bekannt vor.. Das erstmal vorweg. (;
Ich bin jetzt auch seit über einem Jahr Rückfallfrei und habe seitdem auch keine richtigen FAs mehr gehabt.

Aber die Phasen, die du da beschreibst kenn ich und ich denke mal, das gehört einfach zum Heilungsprozess irgendwo dazu. Es kann ja nicht dauernd gut gehen, dass es bei dem Weg aus der Bulimie auch mal ein Auf und Ab gibt ist nicht so unnormal, denke ich. Wichtig ist nur, dass man nie völlig in diese Phasen rutscht und anfängt wieder zu hungern oder gar zu erbrechen.
Ich bin auch der Meinung, dass man gar nicht erwarten kann, dass die Einstellung zum Essen wieder so wird, wie sie vor der ES war. Man hat einfach (teilweise) viele Jahre eine andere Haltung gegenüber dem Essen gehabt und die kann man sicher nicht komplett vergessen.. Dass man sich nach der ES bewusster ernährt als davor halte ich also für gar nicht so unlogisch.

Selten, aber manchmal ist es bei mir auch so, dass ich nicht mehr weiß, wieviel denn nun wirklich normal ist. Ob ich nicht doch zu viel gegessen habe, ob ich nicht vll. doch ein wenig dünner sein könnte usw usf. Aber man muss dann halt versuchen, sich klar zu machen, dass es Schwachsinn ist. Dass nur die Überreste der ES dir das einreden und dass das eigentlich gar nicht du bist.
Nur leider ist das oft leichter gesagt als getan.

Liebe Grüße,
Jaca

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Di Mär 17, 2009 8:23
von Sonrisa
Jaca hat geschrieben: Aber die Phasen, die du da beschreibst kenn ich und ich denke mal, das gehört einfach zum Heilungsprozess irgendwo dazu. Es kann ja nicht dauernd gut gehen, dass es bei dem Weg aus der Bulimie auch mal ein Auf und Ab gibt ist nicht so unnormal, denke ich. Wichtig ist nur, dass man nie völlig in diese Phasen rutscht und anfängt wieder zu hungern oder gar zu erbrechen.
Damit hast du vollkommen recht, aber manchmal fall ich dann doch wieder zurück. Ich hatte zwar seitdem keinen einzigen FA mehr, aber oft, wenn ich voll bin, würd ich am liebsten zur toilette gehen und erbrechen. Meistens bleibe ich aber dann doch hart und "bestrafe" mich eben mit dem Völlegefühl... "selbst Schuld, hättest ja nur ned so viel essen brauchen". Ich weiss nicht, ob das der richtige Weg ist, aber seitdem versuche ich einfach auf meinen Körper zu hören... Aufhören zu essen, wenn mir mein Körper sagt, dass es reicht...
Jaca hat geschrieben:Ich bin auch der Meinung, dass man gar nicht erwarten kann, dass die Einstellung zum Essen wieder so wird, wie sie vor der ES war.
Und genau davor hab ich irgendwie Angst - dass es nicht mehr normal wird. Dass man nicht einfach sagen kann "Ich hab Lust auf Schokolade" ohne die Gedanken, dass man vielleicht zunehmen könnte :roll:
Ich bin sowieso ein Süßigkeitenfan und gerade, wenn ich mir dann mal was erlaube, kann ich nicht mehr aufhören damit - und danach dann wieder der Ekel... so leicht könnte man wieder abrutschen.
Jaca hat geschrieben:Dass nur die Überreste der ES dir das einreden und dass das eigentlich gar nicht du bist.
Ja, da magst du recht haben... Ich hoffe es, dass es die Überreste der ES sind und ich das nicht bin.

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Mo Mär 30, 2009 21:47
von Jaca
Also zu dem ersten Teil kann ich dir schon mal sagen, dass es meiner Meinung nach der richtige Weg ist, den du da gehst. Klar - Du sollst dich nicht dafür bestrafen, wenn du mal zu viel gegessen hast, auch nicht mit Gedanken. Aber es ist gut, wenn du vorhast auf deinen Körper zu hören. Denn das ist das eigentlich Wichtige bei der ganzen Sache. Dass man dem Körper das Essen wieder überlässt und nicht dem Denken. (;
Aber du bist ja auf einem guten Weg.

Und zu dem anderen: Ich kann dir versichern, dass man wieder Schokolade essen kann, ohne darüber nachzudenken, wieviel Kalorien man da zu sich nimmt, ohne, dass man es bereut. Ich seh an mir, dass es Zeiten gibt und gab, wo es mir egal war, ob ich nun mal ein bisschen zu viel von der Tafel Schokolade gegessen habe oder nicht.
Auch die ganzen Kalorienangaben vergisst man irgendwann wieder. Zumindest habe ich die Erfahrung gemacht und ich wünsche dir, dass es bei dir genauso werden wird. (:

Nur nicht aufgeben!

Liebe Grüße,
Jaca

Re: "Nachwehen" der ES?

Verfasst: Di Mär 31, 2009 7:21
von Sonrisa
vielen dank liebe jaca :)
ich hab ja noch hoffnung, dass es besser wird. es gibt gute tage, an denen mich das alles gar nicht stört (kalorienangaben etc.) und dann kommen wieder die tage, an denen ich mich dran aufhänge.
aber ich kämpfe dafür, dass ich auch irgendwann eine richtige ehemalige bin :wink: