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Gesunde Bulimie?
Verfasst: Sa Jul 16, 2005 12:50
von aymone
Ja, genau, amerikanische Studien haben gezeigt, Bulimie macht gesund...
nein, Quatsch mit Sauce...
Im Ernst jetzt. Ich hatte zwei Rückfälle. Innerhalb von nur drei Tagen...
Und irgendwie glaube ich fast, ich bin trotz Wohlfühlens, Essverhalten im Griff haben, und all dem, der Bulimie nie richtig entkommen. Vielleicht, weil ich so sehr versucht habe, sie zu besiegen?
Aber wie traurig, wenn selbst das Gesund werden für mich wieder nur etwas ist, dass ich richtig und perfekt machen muss. Und kein Wunder, dass es mich wieder einholt.
Verfasst: Sa Jul 16, 2005 13:48
von Speranza
Liebe Filia,
vielleicht klingt das für Dich jetzt nicht gerade konstruktiv aber meiner Meinung nach, gibt es keine absolute Heilung von der Bulimie, denn wie Du selbst bemerkt hast, gibt es immer wieder Situationen, die einem neu sind und unser eigenes Denken behindert uns dann, einen, vielleicht ganz einfachen, Lösungsansatz zu finden.
In irgendeinem Beitrag habe ich die Bulimie einmal mit dem Herpes-Virus verglichen. MAN TRÄGT IHN IN SICH aber ER MUSS NICHT AUSBRECHEN.
Versuche Dich mit dem Gedanken anzufreunden, nicht alles aus Zwang heraus zu machen, aus Ängsten heraus - lass es einfach auf Dich zukommen und lerne daraus, zieh' Deine eigenen Erkenntnisse. Es funktioniert von ganz alleine

Zerpflücke nicht immer alles was Du tust und wie Du es tust in eine Milliarde Microbestandteile, dadurch ändert sich nichts, Du findest nur immer wieder Dinge, die DICH an Dir selbst stören.
Naja, du hattest zwei Rückfälle ...... N A U N D!?!?!?!!? - Was ist so schlimm daran? - Im Endeffekt wars doch auch gut, weil Du endlich gegneist hast, dass sich an Deinem bisherigen Gedankenschema eigentlich rein gar nichts geändert hat. Versuche es mal aus der Perspektive zu betrachten und nicht aus der, dass Du wieder mal die Kontrolle verloren hast.
HDL, Deine spera
Verfasst: Sa Jul 16, 2005 14:20
von jill
übrigens filia:
ich bewundere dich, wie weit du es bereits gebracht hast. trotz der rückfälle hast du es zumindest geschafft, deinem körper wieder das zu geben was er braucht.
wahrscheinlich ist der ansatz, erst einmal das essverhalten wieder halbwegs unter kontrolle zu bringen, doch nicht der schlechteste - zumal dieser doch ständig propagiert wird.
dass du im moment anstehst, weißt du ja schon länger und nicht erst seit den zwei rückfällen, oder?
ich kann mir nicht vorstellen, dass es auf die dauer mit extremer kontrolle funktionieren wird. vielleicht ist die kontrolle die erste stufe und jetzt stehst du vor der zweiten, die 'gehhilfe kontrolle' abzugeben.
eine gehhilfe oder stütze ist sicher eine gute möglichkeit weiterzukommen, aber letztendlich wird sie dich behindern, wirklich so zu gehen, wie du möchtest. dir wird nichts anderes übrigbleiben, dich mit der kontrolle (deiner stütze) zu befassen.
schließlich ist gehen ohne eine stütze perfekter als mit...
lg

Verfasst: Sa Jul 16, 2005 19:05
von aymone
Danke für eure Antworten.
@Jill
Damit habe ich mich heute befasst und es hat sogar irgendwie Ergebnisse gezeitigt...
Verfasst: Sa Jul 16, 2005 20:53
von Djinn
ich gratuliere dir von ganzem herzen zu dieser Erkenntnis - ehrlich, ich freue mich für dich, dass du erkannt, dass man die Bulimie NICHT mit dem Hirn, mit Perfektionismus, mit Kontrolle, Disziplin loswerden kann. Denn das sind ja genau die kleinen "kraftwerke", die die Bulimie nähren und gedeihen lassen.
Eigentlich ist es ganz schön beachtlich, dass du so eine starke Diszplin und so einen Perfektionswillen an den Tag legen konntest, die sogar die Bulimie (gleichsam ja das Produkt dieser deiner Eigenschaften) klein halten konnten....gleichzeitig ganz schön hart und brutal zu dir selbst.
aber versuche nicht jetzt nicht mit Perfektionismus und Strenge locker zu werden, ich glaube, dass würde auch nicht echt und erfolgreich sein.
Trotzdem: finde deine Erkenntnis echt toll - wieder ein Schritt weiter und zwar in Richtung "echter" Genesung.
Verfasst: So Jul 17, 2005 10:39
von aymone
@Djinn
Genau den Fehler habe ich auch jetzt erkannt - dass ich eben auch nicht wieder mit Perfektionismus unperfektionistisch werden kann.
Ich versuche einfach, mich an meinem Bauchgefühl zu orientieren, einfach etwas mehr im jetzt zu leben, weniger Wenns und abers zu wälzen, die mich dann in enges Verhalten drängen...
Aber auch das kann man wieder perfekt machen, also wie ich schon sagte, vielleicht mach ich auch einfach gar nichts und gucke, was kommt...
Verfasst: So Jul 17, 2005 13:26
von kendra_pad
Ob es eine absolute Heilung von der Bulimie gibt, ist bei mir eher zweitrangig. Es ist aber auf jeden Fall möglich, wieder gut und mit Freude leben zu können.
Dass wir sobald "eigentlich ganz normale" Schwierigkeiten in unserem Leben auftreten, wir wieder auf unsere "wohlerprobten" Lösungsstrategien zurückgreifen, zumindest im ersten Moment, ist eine menschliche Eigenschaft.
Dass je mehr wir von der Bulimie loskommen, wir Probleme entdecken, die wir bisdahin mit der Bulimie einfach zugedeckt haben, habe ich selber erfahren und tue es auch heute noch. Und je weiter wir von der Bulimie weggekommen sind, desto krasser können diese Probleme sein. Allerdings kann ich sie jetzt endlich angehen, anstatt sie nur zu verstecken.
Dass man mit der Zeit immer besser gerüstet ist auch ohne Bulimie, entspricht dem menschlichen Lernvermögen

Meine schwierigsten Probleme sind die, die ich nicht lösen kann, sondern sie akzeptieren muss, weil die Gegebenheiten nicht immer veränderbar sind. Dabei handelt es sich auch manchmal einfach um meine eigene Persönlichkeit, an die ich immer so hohe Ansprüche hatte. Selbsterkenntnis ist nicht immer einfach, aber hilft mir oft einen entscheidenen Schritt voran.
Gegen sich selbst verständnisvoll zu sein, sich selbst anzunehmen und so auch mit den Mitmenschen umzugehen, ist ein gutes Gefühl!
Viele liebe Grüße Kendra
Verfasst: Mo Jul 18, 2005 1:07
von Monica Lewinskij
nur ein kurze Zwischenmeldung...
ich bin ja auch so eine verdammte Perfektionistin, und ich verstehe völlig, woran Du leidest.
Aber, vielleicht ist das halt einfach UNSER Weg. Wir machen eben unsere Sachen genau, super-genau, und perfekt. Und wir sind selten bis nie zufrieden mit uns.
Dieser Satz hat mir irgendwie gut gefallen:
Genau den Fehler habe ich auch jetzt erkannt - dass ich eben auch nicht wieder mit Perfektionismus unperfektionistisch werden kann.
Ist es nicht vielmher einfach UNSERE Art, ALLE Dinge anzugehen, und kommen wir dem überhaupt aus, odr SOLLEN wir dem überhaupt auskommen?
Ich meine, jemand, der die Dinge immer nur halb anpackt, oder nie zu Ende bringt, oder sonstwas,... Wieso glauben wir immer, all diese "mittelmässigen" Leujtln da draussen sind komplett zufrieden mit Ihrem Mittelmass, und checken gar nicht, dass es besser auch gegangen wäre?
Ich denke, bzw. vermute, dass diese "nicht-perfektionistischen" Anderen genauso unzufrieden sind mit sich selbt wie wir.
Nur jene haben eben seltener bis nie die Chance WIRKLICH an die Höhen heranzukommen, wie wir es tun.
Und unsere - eben durch unseren Perfektionismus - schon auch veredelten und verbesserten Lebensumstände sind ja trotz all dem "Unglück" das wir über unserem zwanghaften Verhalten verspüren, ein schöner Patzen Glück auch.
Seien wir doch alle mal "perfektionistisch unperfekt"!
Monica Lewinskij
Verfasst: Mo Jul 18, 2005 9:17
von jill
ich glaube nicht, dass ich schaffen werde, einmal eine arbeit oder ein hobby mit weniger als 100% anzugehen.
und ich finde das eigentlich auch nicht so schlimm ....
... sofern es mir gelingt, von vornherein abstriche zu machen (sprich nicht alles haben zu wollen), mit den fehlern, die ich mache, entsprechend umzugehen und mir nicht ständig über kleinigkeiten sorgen zu machen oder ein schlechtes gewissen zu haben, wenn ich einmal eine wohlverdiente pause mache...
eigentlich ganz einfach, oder?
Verfasst: Mo Jul 18, 2005 9:20
von jill
wir könnten uns auch alle zusammen tun und ein buch schreiben:
'anleitung zum unperfekten perfektionismus'
das wird sicher ein gleicher bestseller wie der vom vielzitierten watzlawick
(und wir könnten viel geld verdienen...)
Verfasst: Mo Jul 18, 2005 12:29
von aymone
Hm...ich will meinen Perfektionismus einfach nur auf einem Level haben, wo er mir weiterhilft und mir nicht die Luft zum atmen abschnürt...
Verfasst: Mo Jul 18, 2005 12:37
von jill
und wo ist dieses level?
Verfasst: Mo Jul 18, 2005 13:10
von aymone
Wenn ich das wüsste, wäre ich dann krank?
Nein, ich kann leider bisher nur sagen, was ich nicht mehr will.
Ich will nicht, dass ich wegen dem Lernen meinen Freund wochenlang kaum sehe.
Ich will nicht, dass das, was ich liebe, nur noch Zwang ist.
Ich will nicht, dass ich vor jedem Schritt einen Schlachtplan mache.
Verfasst: Di Jul 19, 2005 3:03
von Monica Lewinskij
hey Jill, das mit dem Buch is eine super Idee. Ich denke schon seit längerem drüber nach, gemeinsam ein Bulimie-SSV-Borderline-MS-ES-Irrsinns-Werk zu schaffen.
Aber nicht so auf die Art "Selbstheilung aus der Bulimie" sondern die Randbereiche, die das ganze Thema sonst noch so streifen,
die abstrusen, grotesken und teilweise witzigen Geschichten von uns allen in eine hübsche Erzählung zu packen.
Mit einem (oder mehreren) Psyeudonym/en als "Autorin", in Wirklichkeit kommt das ganze von uns (also denen, die mitmachen).
Was haltet Ihr davon?
Verfasst: Mi Jul 20, 2005 17:54
von kendra_pad
jill hat geschrieben:und wo ist dieses level?
Dieser Level ist wohl sehr individuell und hängt von der Leistungsfähigkeit des einzelnen ab.
Eigentlich weiss ich immer recht genau, wann ich diesen Level überschritten habe, also muss er irgendwo darunterliegen. Der schwerste Schritt ist wirklich die Aufgabe des Perfektionismus, der einen krank macht. Dieser erste Schritt muss leider perfekt gegangen werden, ab dann geht's einfacher
Viele liebe Grüße Kendra