Meine Schwester, ihre Diät und der Druck

#1
Ok, ich bin zu Hause, es ist immer dasselbe Thema, aber trotzdem:

Meine Schwester macht mit Weight Watchers Diät. Auch bisher sehr erfolgreich, sie braucht noch *kg zu ihrem "Erhaltungsgewicht". Danach will sie auch aufhören.

Deprimierenderweise haben wir dieselbe Größe - d.h. ich sehe jetzt jedesmal, wie schlank ich mit - ich schätze mal - *kg weniger wäre. Zwar haben wir sehr unterschiedlich proportionierte Figuren - wir können trotzdem Oberteile austauschen, bei mir sitzt eigentlich alles an Po ( in schöner Form) und Beinen ( die haben gar keine Form) - aber es deprimiert mich.

Ich sehe zwar, wie sie sich quält und auf was sie alles verzichten muss, wie viel sie auf dem Stepper steht etc. - nur das macht auf mich den Druck noch schlimmer.

Ich meine, einerseits hab ich inzwischen ein Selbstbewusstsein und fühle mich menschlich nicht mehr wegen meines Gewichtes schlecht. Ich mach mein Studium schnell und erfolgreich, bin beliebt und sehe gut aus ( mach ich einfach mal an meinen Verehrern fest :mrgreen: ). Ich glaube auch nicht mehr, dass ich einen schlechten Charakter habe und habe irgendwann entschieden, dass ich all das durch Diät verlieren würde, weil Diät bedeutet, dass ich unkonzentriert bin, mich schlecht fühle und nicht mehr ungezwungen mit anderen feiern/essen etc. kann. Eine Diät durchzuhalten setzt immer Unzufriedenheit mit sich voraus. Das muss nicht gleich Selbsthass sein, aber doch immer das tiefe Gefühl, dass irgendwas mit einem nicht in Ordnung ist. Für Menschen, die zu Autoagression neigen - wie ich - kann das dann auch zur Obsession werden, aber das brauch ich euch nicht sagen, das kennt ihr alle.

Und obwohl ich so zu mir selbst und Diäten stehe, habe ich das Gefühl, gegenüber meiner Schwester zu versagen. Dass es eigentlich falsch ist, sich aus dem Diätkarussel frei zu machen. Gesellschaftlicher Druck eben.
Ich war gestern mit meinen Eltern Hosen/Rock kaufen und litt wieder mal unter meiner Figur - bis zu zwei Größen Unterschied zwischen Taille und Po/Hüften. Deshalb sind Hosen und Röcke bei mir meist im Bund zu weit oder an den Beinen zu eng. Also dauert es, ich bräuchte eigentlich Zwischengrößen, meistens - ich hab drei verschiedene Größen anprobiert - waren die Größen, die meiner Figur am nähesten kamen, dann bei dem betreffenden Kleidungsstück vergriffen.
Das hat mich geärgert. Mein Vater hat das als deprimiert verstanden und meinte, ihn würde es weder stören, wenn ich so bleibe wie ich bin, noch wenn ich abnehme, ich soll nur nicht jammern und nix tun. (ich hab aber gar nicht gejammert, hat er auch eingesehen) Und obwohl er so zu mir steht und meint, dass ihn das ja nicht stört, stichelt er dann und fragt dann so aus Spaß :"Doch points?" (Meine Schwester macht Weight Watchers).
Ich hab ihm schon so oft gesagt, dass ich das nicht witzig finde und er mich mit den scheiß Diäten in Ruhe lassen soll. Bei uns sind alle etwas pummelig und eigentlich machen alle dauernd irgendwie Diät. Es ist normal, Diät zu machen.

Und das zusammen mit den Erfolgen meiner Schwester löst bei mir Druck aus, es auch tun zu müssen.
Man ist nicht negativ anders als andere, man nimmt sich nur so wahr, weil es einem eingeredet wurde. Daher verhält man sich anders und erfährt dafür Ablehnung, nicht für die eigene Person.

#2
Hallo filialunae!

Bei mir ist es so, dass ich immer vorsichtig sein muss, wenn ich mich mit anderen vergleiche, denn ich neige dazu, dadurch mit mir selbst unzufrieden zu werden. Und dies betrifft nicht nur die Figur, sondern auch alle anderen Lebensbereiche. Mir ist es auch schon so gegangen, dass ich, nachdem ich einen Punkt verbessern konnte im Vergleich, ich mir nur den nächsten Punkt geschnappt habe, wo ich mir wieder minderwertig vorkam.
Objektive Gründe, warum Deine Figur völlig o.k. ist, kennst Du sicher selber genug. Gerade Vergleiche unter Geschwistern sind von Natur aus sehr von Eifersucht und Neid geprägt und führen oft dazu, dass Geschwister später untereinander zerstritten sind.
Die einzige Methode, mit der ich erfolgreich bin, ist, diesen Vergleichen einfach aus dem Wege zu gehen, mich wieder auf mich selbst zu konzentrieren und mein Selbstwertgefühl aus mir selbst heraus zu gewinnen und nicht von außen.

Viele liebe Grüße Kendra
Carpe Diem

#3
bezüglich familie und diäten stehe ich auch ständig unter druck.

mein bruder ist sehr groß und sehr schlank - und für ihn und auch seine freundin spielt essen keine besonders große rolle. neben ihm war ich immer das pummelchen und das habe ich auch oft genug zu hören bekommen.

mein vater hat vor einigen jahren auch ziemlich viel abgenommen. sein toller tipp damals war: 'du, seit ich kein bier mehr trinke, habe ich **kg verloren' - ich trinke nur ganz selten alkohol (und er weiß das), seinen ratschlag habe ich damals fast als beleidigung empfunden.

wenn ich mit meiner familie esse, fühle ich mich ab und zu richtig proviziert. ständig wird erzählt, wie 'leicht' das essen, das meine mutter kocht, ist, überall und bei jeder gelegenheit wird statt zucker süßstoff geordert, sogar vom apfelstrudel wird der zucker geschabt.
ich weiß, es geht dabei nicht um mich. sie wollen mich nicht provozieren, sie wollen mir vielleicht zeigen, wie man richtig isst, aber auch da bin ich mir nicht sicher.

aber ich könnte bei solchen aktionen ausrasten und richtig zu schreien beginnen.

#4
Weiß deine Familie von deinen Problemen? Ansonsten wäre es vielleicht mal taktisch klug ein paar Berichte über Bulimie liegen zu lassen und irgendwann mal mit der Wahrheit rauszurücken und Rücksicht zu fordern.

Auch wenn das nicht immer fruchtet, ich merk das ja bei mir. Ich kann es wörtlich sagen, irgendwann werden doch wieder die Witze gemacht.

Gegen sowas kann man sich schwer wehren, weil in unserer Gesellschaft der Recht hat, der es Besser macht. Wenn einer es schafft ist es möglich und das Mögliche hat man zu erreichen.

Das mit dem Süßstoff finde ich übrigens sehr bedenklich. Gerade der löst Heißhunger aus und gerade die betont leichte Küche reicht oft nicht. Oder sie reicht deinem Metabolismus nicht, denn der tickt offensichtlich anders als der deiner Familie.

Ich komme besser aus, wenn ich dreimal am Tag ordentlich esse - richtig esse! - viel Rad fahre und ansonsten versuche, nicht so viel zu naschen. Dann läuft es gut. Fettarme Produkte, Light Produkte führen bei mir nur zum Fressen.
Man ist nicht negativ anders als andere, man nimmt sich nur so wahr, weil es einem eingeredet wurde. Daher verhält man sich anders und erfährt dafür Ablehnung, nicht für die eigene Person.

#5
Hi Filialunae

Das mit dem Druck kenn ich - ich vergleiche mich ständig mit anderen Leuten. V.a. wenn sie inetwa gleich gross sind wie ich und dann noch gleich schwer oder ein *kg leichter und totaaaaaaal super aussehen. Dann mach ich mir Gedanken, Sorgen, u.ä. Einfach schlimm..
Aber damit sollten wir uns ja eigentlich nicht auseinander setzten.. Eben.. eigentlich..

Ich bewundere meinen Bruder auch. ABER er isst einfach wenn er Lust hat und so viel Pizza, Lasagne, Ton-Tomaten-Nudeln, etc.. Einfach krass, er hat einen Bauch aber er ist HAPPY.. Wisst ihr.. er hat viele Verehrerinnen, eine super nette Freundin, etc. Da denke ich: Wieso kann ich nicht so denken wie er?? WIESO??
Schlussendlich denke ich dann einfach immer an den Spruch den er einmal gesagt hatte, als ich noch klein, ca. 8 Jahre war. Wir sassen im Auto und ich schnallte mich soeben an, als er sagte: mach dich nicht so breit!!! Kein wunder, dass dich alle so fett nennen in der Schule - bis dahin hab ich mir NIEMALS gedanken darüber gemacht, dass mich jemand FETT nannte in der Schule. Doch jedes Schuljahr kam ja auch die Kontrolle: Die ganze Klasse musste auf die Waage stehen und ja.. Ich fand jemanden richtig hässlich.. Nicht weil sie dicklich war, einfach wie sie sich gab und wie sie aussah und was geschah?? ich war ein wenig schwerer wie sie. wieviel darf ich ja glaub ich nicht schreiben?! auch wenn es ja total nix mit der Sache zu tun hat. Aufjedenfall war ich seit dort immer Betrübt. Eigentlich zog ich mich immer mehr zurück und war das liebe, gut erzogene Mamamädel.
Und ja.. Was so passierte in den letzten Jahre geschah sicher nicht ohne Grund, aber ich sehe einfach viele Leute, die mich hänselten und jetzt selber dick sind, oder sonst was mit ihnen ist. Egal was.
Dann denke ich irgendwie, auch wenn es fies tönt, selbst schuld!!! Geschieht euch recht!!
Sörry.. bin jetzt total vom Thema abgewichen..

Trotzdem, küsschen

#6
filialunae hat geschrieben:Weiß deine Familie von deinen Problemen?
ja, meine familie weiß von meinen problemen - und das von anfang an. sei halten meine essstörung allerdings für eine frage der disziplin (die ich offensichtlich nicht habe) und der tatsache, dass bei ihnen der kühlschrank immer so voll war :wink: .

es ist schwer, sie davon zu überzeugen, dass das eigentlich nicht gerade DIE gründe sind...
das mit den berichten ist aber trotzdem eine gute idee. vielleicht kann ich sie so überzeugen, sich - obwohl es MEIN problem ist - sich mit der bulimie auseinander zu setzen. ich wünsche mir seit langem einfach nur ein wenig verständnis - oder zumindest den versuch mich zu verstehen.
filialunae hat geschrieben:... Gegen sowas kann man sich schwer wehren, weil in unserer Gesellschaft der Recht hat, der es Besser macht. Wenn einer es schafft ist es möglich und das Mögliche hat man zu erreichen...
das klingt für mich furchtbar nach stress.

das mit dem süßstoff habe ich auch schon oft versucht, meinen eltern zu erklären, auch das mit den ganze light produkten und fettfreien lebensmitteln, die in ihrem kühlschrank stehen. aber sie sind schwer von einer meinung abzubringen, die sie für richtig halten.
und da ich in ihren augen immer noch ein teenager sein muss und keine erwachsene frau von 28 jahren, habe ich da sehr schlechte karten...

#7
Wohnst du mit 28 noch zu Hause? Denn was kümmert es dich sonst, wie sie essen? Du kannst deinen Kühlschrank doch selbst gestalten und es ist eigentlich nicht schwer, auf Süßstoff zu verzichten, weil die richtigen Produkte eh leckerer sind.

Und auch wenn das Glas richtige Cola erst mal mehr Kalorien hat - durch den ausbleibenden Fresseinfall sparst du ein und musst nicht kotzen.

Ich denke, so wie du schreibst, musst du dich noch sehr viel weiter von zu Hause abnabeln. Du scheinst noch immer einen Machtkampf mit deinen Eltern auszutragen - du hast dein Leben und kannst es selbst gestalten. Das musst du einfach tun, nicht fragen, nicht diskutieren, einfach tun. Mit der Zeit wirst du deinen Weg finden und auch Respekt erlangen.
Man ist nicht negativ anders als andere, man nimmt sich nur so wahr, weil es einem eingeredet wurde. Daher verhält man sich anders und erfährt dafür Ablehnung, nicht für die eigene Person.

#8
Hi du

Also das kenn ich.. ich bin zwar noch nicht "so alt" aber hm.... ich wollte auch ausziehen, denn hier zuhause hat meine mutter zu grosse macht über mich.. also so würde ich das nennen. einfach schlimm.
aber da ich im august 06 eine weiter ausbildung anfangen möchte, kann ich es mir nicht leisten auszuziehen...

grüsse

#9
filialunae hat geschrieben:Wohnst du mit 28 noch zu Hause?
nein, ich bin schon mit 19 von daheim ausgezogen. während des studiums habe ich in einer anderen stadt gewohnt. seit einem guten jahr bin ich berufsbedingt wieder 'nach hause' gekommen. ich habe eine eigene wohnung.
filialunae hat geschrieben:Ich denke, so wie du schreibst, musst du dich noch sehr viel weiter von zu Hause abnabeln.
damit hast du ziemlich ins schwarze getroffen.
ich habe jahrelang meine eltern nur selten gesehen. und auch telefonisch gab es nur wenig kontakt. wie ich dann wieder zurückgekommen bin, war ich irgendwie froh, sie in meiner nähe zu haben, besonders meinen vater. und es war auch eine zeitlang halbwegs in ordnung. aber ich merke schon seit einigen monaten, dass es überhaupt nicht mehr in ordnung ist. es ist zuviel nähe, zuviel kontakt da.

ich muss da für mich noch einen geeigneten mittelweg finden....

mein bruder hat den kontakt nach hause fast vollständig abgebrochen. das möchte ich aber doch irgendwie vermeiden.

außerdem merke ich gerade, dass ich immer noch ganz stark in extremen denke (ganz oder gar nicht). ich war der meinung, dieses denken inzwischen mehr in den griff bekommen zu haben...
filialunae hat geschrieben: Du scheinst noch immer einen Machtkampf mit deinen Eltern auszutragen...
stimmt auch wieder. den machtkampf trage ich mit meiner mutter aus. so wie ich es noch nicht wirklich geschafft habe, von daheim loszukommen, hat sie es auch nicht geschafft, mich loszulassen.

danke auf jeden fall für die direkten worte. vielleicht komme ich so einen schritt weiter.

lg, jill

#10
@jill

Wenn dein Bruder sich so sehr zurückzieht - dann liegt in eurer Familie vielleicht ein viel größeres Problem? Auch wenn von außen betrachtet erst mal alles in Ordnung ist? Deine Mutter scheint sehr schwierig und dominant zu sein?
Man ist nicht negativ anders als andere, man nimmt sich nur so wahr, weil es einem eingeredet wurde. Daher verhält man sich anders und erfährt dafür Ablehnung, nicht für die eigene Person.
cron