10.06.2008.
18:10 Uhr.
Sena wollte mit mir reden, aber ich fühlte mich nicht gut. Sie hat dann gemeckert, weil ich dann zu Bluto rüber bin, aber der tat mir gut. Ich hasse es, wenn Jemand zu mir her kommt und sagt, dass er mit mir reden will. Ich habe erbrochen. Ich habe Toni Schokolade aufs Bett gelegt. Bin mit der Gesichtsmaske auf dem Gang umeinander gelaufen und die Haarkur hatte ich auch droben. Aber ich bin hier in einem Krankenhaus und nicht in einer Schönheitsfarm.
#422
10.06.2008.
23 Uhr.
So bin jetzt in meinem Zimmer. Habe den Neuen Tom rumgeführt. Bin Sena auf dem Weg gegangen. Wenn es wichtig ist, dann schreibt Sie mir einen Brief!
23 Uhr.
So bin jetzt in meinem Zimmer. Habe den Neuen Tom rumgeführt. Bin Sena auf dem Weg gegangen. Wenn es wichtig ist, dann schreibt Sie mir einen Brief!
#423
Der Asra
Täglich ging die wunderschöne
Sultanstochter auf und nieder
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weissen Wasser plätschern.
Täglich stand der junge Sklave
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weissen Wasser plätschern;
Täglich ward er bleich und bleicher.
Eines Abends trat die Fürstin
Auf ihn zu mit raschen Worten:
Deinen Namen will ich wissen,
Deine Heimat, deine Sippschaft!
Und der Sklave sprach: Ich heisse
Mohamet, ich bin aus Yemmen,
Und mein Stamm sind jene Asra,
Welche sterben, wenn sie lieben.
Heinrich Heine
Täglich ging die wunderschöne
Sultanstochter auf und nieder
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weissen Wasser plätschern.
Täglich stand der junge Sklave
Um die Abendzeit am Springbrunn,
Wo die weissen Wasser plätschern;
Täglich ward er bleich und bleicher.
Eines Abends trat die Fürstin
Auf ihn zu mit raschen Worten:
Deinen Namen will ich wissen,
Deine Heimat, deine Sippschaft!
Und der Sklave sprach: Ich heisse
Mohamet, ich bin aus Yemmen,
Und mein Stamm sind jene Asra,
Welche sterben, wenn sie lieben.
Heinrich Heine
#424
Der Panther
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein grosser Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Rainer Maria Rilke, September 1903
Im Jardin des Plantes, Paris
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein grosser Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
und hört im Herzen auf zu sein.
Rainer Maria Rilke, September 1903
#425
Die gestundete Zeit
Es kommen härtere Tage.
Die auf Widerruf gestundete Zeit
wird sichtbar am Horizont.
Bald musst du den Schuh schnüren
und die Hunde zurückjagen in die Marschhöfe.
Denn die Eingeweide der Fische
sind kalt geworden im Wind.
Ärmlich brennt das Licht der Lupinen.
Dein Blick spurt im Nebel:
die auf Widerruf gestundete Zeit
wird sichtbar am Horizont.
Drüben versinkt dir die Geliebte im Sand,
er steigt um ihr wehendes Haar,
er fällt ihr ins Wort,
er befiehlt ihr zu schweigen,
er findet sie sterblich
und willig dem Abschied
nach jeder Umarmung.
Sieh dich nicht um.
Schnür deinen Schuh.
Jag die Hunde zurück.
Wirf die Fische ins Meer.
Lösch die Lupinen!
Es kommen härtere Tage.
Ingeborg Bachmann
Es kommen härtere Tage.
Die auf Widerruf gestundete Zeit
wird sichtbar am Horizont.
Bald musst du den Schuh schnüren
und die Hunde zurückjagen in die Marschhöfe.
Denn die Eingeweide der Fische
sind kalt geworden im Wind.
Ärmlich brennt das Licht der Lupinen.
Dein Blick spurt im Nebel:
die auf Widerruf gestundete Zeit
wird sichtbar am Horizont.
Drüben versinkt dir die Geliebte im Sand,
er steigt um ihr wehendes Haar,
er fällt ihr ins Wort,
er befiehlt ihr zu schweigen,
er findet sie sterblich
und willig dem Abschied
nach jeder Umarmung.
Sieh dich nicht um.
Schnür deinen Schuh.
Jag die Hunde zurück.
Wirf die Fische ins Meer.
Lösch die Lupinen!
Es kommen härtere Tage.
Ingeborg Bachmann
#431
11.06.2008.
8:30 Uhr.
Ich bekomme jetzt CO2 Bäder. Meine Tabletten will er noch nicht senken, ist Ihm noch zu riskant. Ich habe Ihm heute mal drauf angesprochen, weil fragen kann ich ja. Das Bad mit dem Finger soll ich weiter machen. Bei den Massagen sind es angeblich zu lange Wartezeiten (Werde aber dann später erfahren, dass es gar nicht stimmt! Frechheit!). Ich gehe jetzt doch ins Laufen für Anfänger. Bin ja mal gespannt, wie es mir da gehen wird. Der Herr Doktor Becker findet, dass ich wahnsinnige Vortschritte mache! Cool!
8:30 Uhr.
Ich bekomme jetzt CO2 Bäder. Meine Tabletten will er noch nicht senken, ist Ihm noch zu riskant. Ich habe Ihm heute mal drauf angesprochen, weil fragen kann ich ja. Das Bad mit dem Finger soll ich weiter machen. Bei den Massagen sind es angeblich zu lange Wartezeiten (Werde aber dann später erfahren, dass es gar nicht stimmt! Frechheit!). Ich gehe jetzt doch ins Laufen für Anfänger. Bin ja mal gespannt, wie es mir da gehen wird. Der Herr Doktor Becker findet, dass ich wahnsinnige Vortschritte mache! Cool!
#432
11.06.2008.
8:40 Uhr.
Es regnet. Helga war gerade da und hat gesagt, dass ich das mit dem rot werden und das mit dem jubeln nicht mehr bei Ihr sagen soll. Ich habe Sie dann gedrückt, weil Sie angst hatte, aber ich bin froh, dass ich es direkt von Ihr erfahren habe! Ich muss ja lernen, mit Kritik um zu gehen.
8:40 Uhr.
Es regnet. Helga war gerade da und hat gesagt, dass ich das mit dem rot werden und das mit dem jubeln nicht mehr bei Ihr sagen soll. Ich habe Sie dann gedrückt, weil Sie angst hatte, aber ich bin froh, dass ich es direkt von Ihr erfahren habe! Ich muss ja lernen, mit Kritik um zu gehen.
#433
11.06.2008.
8:45 Uhr.
Habe jetzt Essgestörtengruppe. Ede hat das Cap auf, dass er von mir bekomme hat.
8:45 Uhr.
Habe jetzt Essgestörtengruppe. Ede hat das Cap auf, dass er von mir bekomme hat.
#434
11.06.2008.
8:50 Uhr.
So jetzt jetzt im Raum, wo wir gleich die Essgestörtengruppe habe. Heute kommen ja angeblich 3 Magersüchtige dazu!
8:50 Uhr.
So jetzt jetzt im Raum, wo wir gleich die Essgestörtengruppe habe. Heute kommen ja angeblich 3 Magersüchtige dazu!
#435
Besinnung
Göttlich ist und ewig der Geist.
Ihm entgegen, dessen wir Bild und Werkzeug sind,
Führt unser Weg; unsre innerste Sehnsucht ist:
Werden wie er, leuchten in seinem Licht!
Aber irden und sterblich sind wir geschaffen,
Träge lastet auf uns Kreaturen die Schwere.
Hold zwar und mütterlich warm umhegt uns Natur,
Säugt uns Erde, bettet uns Wiege und Grab;
Doch befriedet Natur uns nicht,
Ihren Mutterzauber durchstösst
Des unsterblichen Geistes Funke
Väterlich, macht zum Manne das Kind.
Löscht die Unschuld und wendet uns zu Kampf und Gewissen.
So zwischen Mutter und Vater,
So zwischen Leib und Geist
Zögert der Schöpfung gebrechlichstes Kind.
Zitternde Seele Mensch, des Leidens fähig
Wie kein anderes Wesen, und fähig des Höchsten:
Gläubiger, hoffender Liebe.
Schwer ist sein Weg, Sünde und Tod seine Speise,
Oft verirrt er ins Finstre, oft wär ihm
Besser, niemals erschaffen zu sein.
Ewig aber strahlt über ihm seine Sehnsucht,
Seine Bestimmung: das Licht, der Geist.
Und wir fühlen: ihn, den Gefährdeten,
Liebt der Ewige mit besonderer Liebe.
Darum ist uns irrenden Brüdern
Liebe möglich noch in der Entzweiung,
Und nicht Richten und Hass,
Sondern geduldige Liebe,
Liebendes Dulden führt
Uns dem heiligen Ziele näher.
Hermann Hesse
Göttlich ist und ewig der Geist.
Ihm entgegen, dessen wir Bild und Werkzeug sind,
Führt unser Weg; unsre innerste Sehnsucht ist:
Werden wie er, leuchten in seinem Licht!
Aber irden und sterblich sind wir geschaffen,
Träge lastet auf uns Kreaturen die Schwere.
Hold zwar und mütterlich warm umhegt uns Natur,
Säugt uns Erde, bettet uns Wiege und Grab;
Doch befriedet Natur uns nicht,
Ihren Mutterzauber durchstösst
Des unsterblichen Geistes Funke
Väterlich, macht zum Manne das Kind.
Löscht die Unschuld und wendet uns zu Kampf und Gewissen.
So zwischen Mutter und Vater,
So zwischen Leib und Geist
Zögert der Schöpfung gebrechlichstes Kind.
Zitternde Seele Mensch, des Leidens fähig
Wie kein anderes Wesen, und fähig des Höchsten:
Gläubiger, hoffender Liebe.
Schwer ist sein Weg, Sünde und Tod seine Speise,
Oft verirrt er ins Finstre, oft wär ihm
Besser, niemals erschaffen zu sein.
Ewig aber strahlt über ihm seine Sehnsucht,
Seine Bestimmung: das Licht, der Geist.
Und wir fühlen: ihn, den Gefährdeten,
Liebt der Ewige mit besonderer Liebe.
Darum ist uns irrenden Brüdern
Liebe möglich noch in der Entzweiung,
Und nicht Richten und Hass,
Sondern geduldige Liebe,
Liebendes Dulden führt
Uns dem heiligen Ziele näher.
Hermann Hesse