Hallo ihr Lieben,
viele von euch werden mich wahrscheinlich gar nicht kennen, da ich bereits in meiner letzten schweren bulimischen Phase meist nur mehr still mitgelesen habe. Trotzdem ist es mir ein Bedürfnis, euch zu erzählen wie es mir in meinem "neuen" Leben so ergeht. Wie sehr ich mich verändert habe und wie glücklich ich bin.
Zuerst danke an dieses Forum, an alle fleißigen Schreiber, ihr habt mir oft geholfen einen Tag zu überstehen oder mich aus besonders tiefen dunklen Löchern herausgeholt. Danke das ich mir in meinem Blog vieles von der Seele schreiben durfte. Es gab Tage da war es der einzige Lichtblick, nur so wurde ich meinen Seelenmüll los.
Nach 9 Jahren Bulimie, hat wohl keiner mehr recht an mein Gesundwerden geglaubt, ich selbst am allerwenigsten.Therapien hatte ich durch, niemand der mir im RL nahestand wusste von meiner Krankheit. Ich arbeitete wie eine Bessesene und in meiner Freizeit aß und erbrach ich mich. Das war mein Leben und mit einer Portion Sarkasmus war es erträglich. Ich hatte bereits 2 lebensbedrohliche Elektrolytentgleisungen und dachte trotzdem noch, ich hätte alles im Griff. Mein Arzt verschrieb mir Schlaftabletten, weil ich keine Nacht mehr durchschlafen konnte, nicht mehr zur Ruhe kam.
Nach 2 Jahren Kinderwunsch glaubte ich nicht mehr an eine Schwangerschaft. Es war wahrscheinlich auch besser so, habe ich mir oft gedacht. Was wäre ich schon für eine Mutter? Kein Kind hätte das verdient. Nach einer erfolglosen Hormonbehandlung die schlimme Depressionen auslöste, gab ich auf.
Ja und dann wurde ich schwanger. Ich war mir sicher, dass der häufige nächtliche Toilettengang ein Harnwegsinfekt ist und meine größer werdende Brust das Zeichen meiner Fressgier. Mein LG brachte mir einen Test und ich schnaunzte ihn an, er soll sich keine Hoffnung machen, wo keine Platz hat. Immerhin habe ich mein möglichstes getan. Wenn er aber unbedingt den zigsten negativen Test in der Hand halten wollte bitte, das konnte er haben. NAch diesem und 4 weiteren konnte ich es immer noch nicht glauben. Erst als ich tags darauf gemeinsam mit meinem Schatz das Herz unseres Engels schlagen habe sehen, liefen mir die Tränen über das Gesicht.
Ja und dann hörte ich auf. Von einem Tag auf den anderen mit allem! Keine Zigaretten, keine 16 Stunden Dienste, keine Energydrinks, keine Schlaftabletten und vor allem keine Bulimie. 2 Wochen habe ich fast durchgehend geweint und meine Emotionen neu entdeckt. Dann ging es bergauf und mit jedem Tag besser. Ich durchlebte eine wundervolle Schwangerschaft und nach 19 Stunden Wehen brachte ich Ende Mai meine kleine Maus zur Welt. Seither bin ich noch glücklicher als ich es mir je erträumt habe. Immer wenn ich in das kleine Gesichtchen blicke und ihr Lächeln sehe, weiß ich wie sehr es sich gelohnt hat. Ich werde meinem Kind eine gesunde Mutter sein. Ich werde sie gefestigt in ihrem ganzen Leben begleiten. Sie ist in eine liebende Familie hineingeboren worden. Sie hat einen großartigen Vater. Den liebsten Partner den man sich vorstellen kann.
Ich habe genug Energie um mit ihr stundenlang zu spielen, sie in den Schlaf zu wiegen. Ich kann sie ganz alleine nur mit Muttermilch ernähren. Ich bin stark genug um wochenlang mit sehr wenig Schlaf auszukommen. Jetzt liebe und lebe ich endlich wieder.
Ich weiß sehr wohl, wie ungewöhnlich sie klingt und das ein Kind keineswegs als Weg aus der Bulimie zu sehen ist. Ich weiß, dass ich früher über diese Worte nur sarkastisch den Mund verzogen hätte. Das ist nur meine ganz eigene persönliche Geschichte.
Danke fürs Lesen und liebste Grüße
Die Woelfin
Das hätte ich mir nie gedacht
#1Der Mensch hat dreierlei Wege klug zu handeln: Erstens durch Nachdenken, das ist der edelste. Zweitens durch Nachahmung, das ist der leichteste. Drittens durch Erfahrung, das ist der bitterste.
Schweigen ist ein Argument, das kaum zu widerlegen ist.
Schweigen ist ein Argument, das kaum zu widerlegen ist.