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von mart1
Hi!
Wie schafft ihr das, eure Alltagsprobleme „auf gesunde Weise“ zu bewältigen
1.Früher dachte ich, dass meine Probleme die schlimmsten auf der Welt sind und dass es Menschen gibt, die keine Probleme haben und ich auch keine haben will. Heute denke ich, dass das Leben ein Auf und Ab ist mit Tiefs und Hochs und das jeder Mensch hin und wieder Probleme hat, es also kein sorgenloses Leben gibt
2.Früher erkannte ich nicht rechtzeitig genug, wenn meine Stimmung eine Talfahrt nach unten macht und erst wenn ich ganz unten war merkte ich meine negative Stimmung. Heute erkenne ich rechtzeitig dass meine Stimmung abfällt und zuerst stoppe ich mein weiteres Herunterdrehen und dann tue ich mir gutes um auch stabil zu bleiben
3.danach kann ich mir sinnvolle Lösungen suchen (zB durch Pro-Contra-Listen oder ähnlichem) und danach stehe ich fix hinter meiner Entscheidung die ich für die Lösung durchführte
4.Mir ist auch klar geworden, dass meine Probleme sich nicht alleine verringern oder verschwinden, wenn ich auf eine Sucht wie etwa meiner ES ausweiche, höchtens bekomme ich noch welche dazu (zB als ich Mangel hatte fühlte ich mich noch schlechter)
Oder schafft ihr es überhaupt?
Kommt darauf an, welche Probleme du meinst:
Früher fühlte ich mich auch bei Problemen, die ich nicht ändern kann schlecht. Darunter fallen persönliche Dinge wie etwa meine schlechte Kindheit aber auch Probleme der Welt (zB Kriege) hinein. Heute weiß ich, dass ich solche Dinge nicht ändern kann und belasse sie so wie sie sind. Dafür konzentriere ich mich auf die Probleme die ich ändern kann, wie etwa, vor längerer Zeit meine ES in den Griff zu bekommen.
Schafft man es jemals raus?
Ja und Nein. Wieso ein Jein ist leicht erklärt:
Ja: Ich weiß durch mich, dass es möglich ist wieder eine „normale, gesunde“ Essgewohnheit und Essverhalten zu haben und es sogar wieder Freude macht zu Essen ohne Schuldgefühlen, sondern ein reines, pures Geniessen ohne dabei zu übertreiben
Nein: Das Verhalten einer ES kann nicht weg-therapiert werden. Was gemacht wird, ist das „falsch erworbene“ Verhalten und die „falsch erworbenen“ Gefühle gegenüber Essen zu „verbiegen“. Das bedeutet, dass ich heute Essen geniesse ohne Kalorienzählen oder sonst was, aber in mancher Form merke ich auch heute noch mein seltsames Verhalten gegenüber Essen/Diät (zB wenn ich Models sehe, dann sind sie alle für mich Magersüchtig und da kann ich dann sehr stur darauf beharren, auch wenn es vielleicht dann doch nicht so ist).
Ich zweifle momentan grad wieder so stark daran..es muss nur ein bisschen Stress aufkommen und ich verfalle wieder in alte Muster..mir wird regelrecht schlecht und es schnürt mir den Magen zu? Warum?
Die Warum-Frage habe ich auch ständig gestellt, doch merkte ich, dass ich mich dadurch nur schlecht fühlte. Weil meine Gedanken sich dann wieder nur um dieses eine Problem drehten ohne eine Lösung zu suchen. Heute frage ich nicht mehr Warum sondern „Wie kann ich etwas ändern, was tut mir gut, was lenkt mich ab – wobei fühle ich mich wohl und glücklich, was ist mir wichtig“.
Nun, manchesmal, wenn ein Problem unbewältigbar scheint fällt es uns Menschen leider immer wieder „leichter“ alte, bekannte Verhaltensmuster zu verwenden, unabhängig, wie schädlich diese sind, als neue Wege zu gehen, die vielleicht ja gerade erst erlernt wurden und kaum in Stress- oder Problemsituationen verwendet wurden.
Daher ist für ehemalig Suchtbetroffene (und eine ES ist nun mal eine Sucht) auch wichtig sich bei einem neu anstehenden Problem bewusst zu sein, mal süchtig gewesen zu sein und wie wenig hilfreich dies war, wie schädlich es ist usw. Also die alten negativen Verhaltensmuster immer in einer Bewusstheit in Erinnerung zu behalten, bei der man sich immer bewusst bleibt, dass eine ES nicht hilft sondern nur zerstört und dass man neue positive Methoden/Techniken und Verhaltensmuster nun besitzt, mit denen sich Probleme bzw. Stress vieeell besser und leichter bewältigbar sind. Auch wenn manchesmal die GEdanken aufkommen (ist bei mir erst gestern gewesen) so entscheide ich mich für positive Verhaltensmuster und hinterfrage was war der Auslöser, dass ich wieder alte ES-Verhaltensmuster wünsche. Betrachte dann dieses Problem und suche dafür eine sinnvolle Lösung.
Für mich war es vor allem am Beginn meines Clean-Seins wichtig zu wissen, dass es auch manchesmal nur mit dem Ventil „ES“ möglich war innere Stabilität zu halten und ich ja beim nächsten Mal anders positiv handeln kann, mich also nicht deswegen schuldig fühlte noch mich zu schämen brauchte, sondern ich einfach positiv nach Vorwärts-Blicken kann, weil ich überhaupt schon mal die Entscheidung traf endlich aus der ES raus zu kommen und dagegen zu kämpfen.
Und so handhabe ich es auch. Genau genommen bin ich nun mehr als ein Jahr clean, aber wenn ich es noch genauer nehme, dann hatte ich eine Woche vor Weihnachten 06 einen Rückfall – na und – war eben ein Rückfall gehört dazu. Aber ich zähle nach einem Rückfall nicht wieder mit Tag 0 sondern zähle trotzdem ab dem Zeitpunkt, ab dem ich begann clean zu werden und das war vor einem Jahr.
Ich hoffe, es war was für dich dabei.
Lg
Mart1