Alice im Hungerland

#1
Alice im Hungerland. Leben mit Bulimie und Magersucht. (Broschiert)
von Marya Hornbacher

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Broschiert: 491 Seiten
Verlag: Ullstein Tb (Februar 2001)
Sprache: Deutsch
ISBN: 3548362486
Amazon.de – Alice im Hungerland
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Amazon.de (Produktbeschreibung) hat geschrieben:Kurzbeschreibung
Wer wirklich verstehen will, was hinter anorektischem und bulimischem Verhalten steckt, wer keine weinerliche Krankheitsgeschichte, aber auch kein Buch über eine glückliche Heilung lesen, sondern die realistische und eindringliche Sichtweise einer Betroffenen kennenlernen möchte, der wird von Marya Hornbachers Autobiographie begeistert sein. -- Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.


Im Krankenhaus verberge ich das Gesicht in den Händen, als eine schöne Frau in der Gruppe zu weinen beginnt, während sie damit herausplatzt, daß sie Angst vor ihrer eigenen Leidenschaft hat, vor ihrer körperlichen Leidenschaft, ihrem Verlagen nach einem Liebhaber. Der Rest der Gruppe sitzt betreten schweigend da, starrt zu Boden, jede einzelne Frau gibt vor, nicht zu wissen, um was es geht, jede versichert sich selbst, daß sie nicht versteht, was sie meint: So haben wir nie empfunden. Später treiben wir unseren Scherz mit diesem Thema: Sex ist doch nur gut zum Kalorienverbrennen, oder? Und wir lachen. Doch ich hatte verstanden, was die Frau meint. Mein Gesicht brannte, als ob mein Verständnis mich als eine derjenigen Frauen entlarvte, die sich gehen ließen, deren Gefühle ihrem Inneren entsprangen, deren Körper sich manchmal in wortloser Freude dem Partner entgegenbäumen. Ich wollte keine von diesen Frauen sein... In dem Jahr, das ich im Internat verbrachte, versuchte ich, genau diesen Teil meines Selbst wegzuhungern. Die Aufnahme von Nahrung, die Aufnahme eines Geliebten wird als Eingeständnis der Schwäche und der Bedürftigkeit betrachtet, als Eingeständnis des Wunsches nach körperlicher Befriedigung, als Zeichen, daß man sich der "niederen", der minderwertigeren Seite seines Selbst unterwirft. Eine lose Frau, das ist man, wenn die Leidenschaften außer Kontrolle geraten. Die Regeln unserer Kultur schreiben vor, daß eine gute Frau Sex und Nahrung mit einem Seufzer der Unterwerfung annimmt. Stumm soll sie zur Decke blicken und nur die Reste knabbern. Außerdem macht mich Sex immer hungrig. Ebenso wie Marihuana. Also mied ich beides. Nachts lagen Lora und ich nebeneinander in unseren Betten. Das Winterlicht war hell und blau und tauchte das Zimmer in unheimliche Schatten. Sie schlief fast noch schlechter als ich. Wir lagen da und redeten unaufhörlich, von Gedichten und Geschichten, von Schriftstellern und Sprache, heiße Schauer aus Worten. In den frühen Morgenstunden wurden unsere Stimmen leiser, bis sie schließlich ganz verstummten. Wir sprachen darüber, wohin wir gehen wollten. Was wir schreiben würden. Selten sprachen wir über das Leben, das wir hinter uns gelassen hatten. Wie die Uhr dem Morgengrauen entgegenkroch, redeten wir nur noch Unsinn. Sie nannte mich Max. Der Winter dauerte an, länger als lang, und wir standen kurz davor, den Verstand zu verlieren. Meine Manie steigerte sich in Wahnsinn. Nachts saß ich im Lesesaal, tippte wie wild auf der Schreibmaschine herum und verfaßte surrealistische Geschichten. Ich saß an meinem Schreibtisch in unserem Zimmer, trank Tee, flog mit Höchstgeschwindigkeit. Auf einer Woge des Zorns fegte sie ins Zimmer. Oder sie fegte hinein und lachte wie eine Irre. Oder sie fegte ins Zimmer und setzte sich unter den Schreibtisch, um dort ein Glas Erdnußbutter in sich hineinzustopfen. Sie war süchtig nach Zucker. Sie verschlang ihn päckchenweise, ebenso wie die langen, bunten Zuckerstangen. Sie war ständig in Bewegung. Zuerst fragte ich mich, ob auch sie ein Problem mit dem Essen hätte, da sie hauptsächlich von Zucker und Weißbrot mit Erdnußbutter oder Gelee lebte, aber meine Sorge war (wie sie mir darlegte) "reine Übertragung, ernsthaft, Max. Vielleicht hast du ja auch einfach nur Hunger." An manchen Samstagen fuhren wir zusammen in die Stadt, kauften tütenweise Bonbons, Bisquitröllchen mit Cremefüllung (wir bevorzugten beide Vanille; sie roch immer köstlich und benutzte reines Vanilleextrakt als Parfüm, was mich wiederum hungrig macht), Gummibärchen und saure Drops, bei deren Genuß man unwillkürlich das Gesicht verzog, sowie Karamellbonbons. Wir lagen rücklings auf den Betten, lauschten der Musik von The Who und Queen und bellten mit klebrig-vollem Mund: "I AM THE CHAMPION, YES I AM THE CHAMPION", oder wir hängten uns an die Rohre über dem Bett und fielen mit wildem Gekreische zu Boden. aus Kapitel 3: Die Rolle der Schauspielerin (Abschnitt: Michigan, 1989 bis 1990) -- Dieser Text bezieht sich auf eine vergriffene oder nicht verfügbare Ausgabe dieses Titels.
Zuletzt geändert von mac am Mo Aug 25, 2008 7:43, insgesamt 1-mal geändert.

#2
liebe mari,

ich habe dieses buch auch schon gelesen.du hast recht,es zeigt dein weg einer magersüchtigen,sie beschreibt vielelciht genau wie es ihr ging.
mir gefiel das buch dennoch überhauptnicht.es zog sich in die länge und korrigiere mich wenn ich falsch liege:ganz am anfang hat sie gesagt das sie mit vier opder saechs schon so züge annahme.das kann ich mir nicht vorstellen.nicht eine vierjährige und nicht so wie sie es beschrieben hat. :shock:

das ist meine meinung zum buch.sie klingt darin total verrückt.....

aber macht euch alle besser selbst ein bild davon aber ich finde es gibt bessere.

lg kim
GIB JEDEM TAG DIE CHANCE DER SCHÖNSTE DEINES LEBENS ZU WERDEN

#3
Ich kenne das Buch nicht aber denkt ihr es ist ein Buch für einen Angehörigen damit er versteht was es bedeutet eine ES zu haben?

#4
Ich habe das Buch auch gelesen..mehrmals..und lese es eigentlich immer wieder zwischendurch,weil es vor allem auch sehr viele Gefühle und Gedanken von mir wiederspiegelt..
sehr berührend..
mich würde interessieren, ob ihr noch Bücher in dem Stil von Marya Hornbacher kennt..denn die meisten Bücher zu dem Thema sind mir zu oberflächlich und knapp..
Wäre nett, danke ;)

#5
also ich bin gerade am anfang und habe das kapitel von ihrer kindheit durch.ich muss schon sagen solche bücher,insbesondere nicht erfundene sondern wahre geschichten beeindrucken mich total! man fühlt sich auf einmal nicht mehr so allein.das ist quasi wie hier im forum,da merkt man ja auch dass man nicht die einzige auf der welt ist die so leidet und eben solche gestörte handlungen und eine gestörte verhaltensweise hat...es erschreckt mich aber auch,ich merke anhand dieses buches (sowie auch im forum hier) das ich tatsächlich unter einer essstörung leide.vorallem dieses gleiche muster das häufig (fast immer) bei uns vorkommt.als beispiel die typische familie mit dem dominanten vater oder die mutter die ihre gefühle nicht zeigt,sowie kleine angsstörungen (sprich panische angst nicht akzeptiert zu werden,sich einsam fühlen,etc.)die sich unbemerkt schon im laufe der kindheit gebildet haben ,und die sich später als ergebnis in form einer esstörung entwickelt hat.... bis jetzt,ist alles identisch was diese autorin geschrieben hat.ich merke dass komische handlungen und reaktionen auch ich damals hatte.es macht angst denn ich sehe praktisch wie in zeitlupe in einer vision meine ganze kindheit aufeinmal und sehe dass man schon früher hätte merken können dass ich später in eine esstörung rutschen würde...genauso ein stechender schmerz,denn ich komme mir wie machtlos vor,wie ich diese vergangenheit wie als ein "replay" betrachte ,wie ich zusehe das mein leben von tag zu tag immer gefährlicher wurde,was für fehler begangen wurden,stets meine fehler sowie fehler meiner eltern,wie die erziehung falsch war,wie ich unbewusst oder ungewollt in diese rolle geschlüpft bin,wie ich ein doppelleben mit neuen masken und dicken fassaden wie ein kostüm bereits im kindesalter erfunden und begonnen habe....etc.
also ich hatte schon ein anderes buch gelesen über eine magersüchtige frau,der war auc gut.als würde man gerade die eingene biographie lesen....

#6
ich hab das buch auch schon gelesen und wollte es fast sofort danach wieder von vorne anfangen.
irgendwie hat es mich aber auch ziemlich schockiert, da ich viele verhaltensweisen mit marya gemeinsam habe (z.b. eine banane in ganz viele kleine stücke schneiden, oder wo sie sich mit jdm darüber gestritten hat, ob eine freu 2000kcal am tag bräuchte oder nicht -->darüber hab ich mich kurz bevor ich das buch gelesen hab erst mit meinem vater gestritten, da er auch der meinung war, dass ich 2000 kcal zu mir nehmen müsse und ich ihn für "verrückt" erklärt hab :oops: )

#7
Ich habe das Buch in zwei Tagen ausgelesen, und fand es sehr gut.
Marya Hornbacher ist eine sehr gute Schrifstellerin (sie hat auch andere Buecher und Gedichte geschrieben)
Sie analysiert die Gefuehle die man hat, wenn man hungert, kotzt.. usw sehr genau.

Ich finde es auch gut, dass sie zwar anderen Leuten (Eltern) Mitverantwortund fuer ihre Es gibt, aber sagt, dass der Hang zur Selbstzerstoerung in der eigenen Persoenlichkeit liegt.
Es ist naemlich gefaehrlich sich der Vorstellung hinzugeneb, dass man eh nichts aendern kann, weil ja andere Leute Schuld haben, dass man sich das antut...

Das Buch ist extrem ehrlich und teilweise konfrontiert es einen schmerzhaft mit Verhaltensweisen, die man selber an den Tag legt.

Ich kann es aber nicht Angehoerigen empfehlen, denn hier geht es um einen sehr speziellen, extremen Fall einer Es, und es kann zu falschen Annahmen fuehren.

#8
Ach ja, den Tital finde ich nicht so toll.

Der Originaltital passt besser; "Wasted".
Es geht ja auch darum, wie die Autorin ihre Jugend verschwendet hat.

#11
Ich glaube, ich kann mich Petra da nur anschließen
petra1984 hat geschrieben: Ich kann es aber nicht Angehoerigen empfehlen, denn hier geht es um einen sehr speziellen, extremen Fall einer Es, und es kann zu falschen Annahmen fuehren.
Ich habe es als Angehöriger gelesen, fand es gut und vorallem auch ehrlich geschrieben aber ich glaube nicht, das dieser spezielle Fall viel zum "Verstehen" der Bulimie bzw. Magersucht beitragen kann.

Nur meine Meinung, andere mögen es anders sehen.
Wenn das Leben Dir nur Zitronen gibt, mach Limonade daraus.

http://www.youtube.com/watch?v=ES8AEK3YiGI

#12
ich habe das buch auch gelesen und es erinnert mich ebenfalls sehr an mich. ich find´s etwas beängstigend sowas feststellen zu müssen. hab jetzt irgendwie noch mehr angst davor, was mit mir noch so passiert.....naja....also in der hinsicht hat es sich postiv auf mich ausgewirkt. daher find ich dieses buch schon empfehlenswert.

#13
Auch ich finde das Buch sehr beeindruckend. Und sehr ehrlich! Vor allem weil es keine Wunderheilung durch eine neue Liebe oder sowas vorgaukelt wie es viele andere Bücher zu dem Thema tun.
Es hat mich persönlich allerdings auch sehr getriggert. Ich hab während des Lesens das Buch häufiger mal beiseite legen müssen, und oft geschluckt.
Aber alles in allem ein sehr tolles Buch!

#14
Ich finde das buch etwas "gefährlich"
Sowohl für Angehörige als auch für Betroffene

Zum Thema Betroffene gibt es zwei Seiten. Zum einen finde ich es wahnsinnig beeindruckend, wie offen sie geschrieben hat, wie schonungslos unbarmherzig sie mit sich selbst ins Gericht gegangen ist.
Aber dann ist da auch die Seite, die enorm triggert. Das ist irgendwie unschön

Für angehörige - ob es zum Verständnis hilft, kann ich nicht beurteilen. Aber - ich denke, teilweise kann es auch dazu verleiten, eine Essstörung bei angehörigen zu verharmlosen. Marya war in ihren Ansichten und dem Verhalten schon sehr extrem. Viele Essgestörte sind weniger extrem, dennoch ist ihr Verhalten nicht weniger schädlich

#15
mir hat es sehr gut gefallen--> empfehlenswert!
ich fand es gut, dass sich ein großer teil des buches auch mit ihrer frühem kindheit auseinandersetzt, denn so lässt sich diese junge frau und ihr lebenslauf besser nachvollziehen und verstehen.
es war aber auch sehr triggernd und man sollte während des lesens auf sich aufpassen....

LG, Lilia