Fühle mich durch Therapie getriggert

#1
Hallo,

ich mache seit einigen Wochen eine ambulante Therapie. Die Therapie steht noch am Anfang und ich verstehe, dass die Therapeutin sich erstmal ein Bild von mir und meiner Lebenssituation machen muss. Was mich allerdings wundert, ist, dass die Therapeutin bis jetzt noch nicht gefragt hat, wie meine ES sich genau äußert. Ist das normal!? (Ich erfülle weder die diagnostischen Kriterien für Bulimie noch für Anorexie. Am ehesten dürfte EDNOS passen - AFM, Chew & Spit, Wiegezwang, etc.)

Ich habe derzeit NG und denke ständig, dass meine ES deshalb nicht ernstgenommen wird. Dass die ES bisher aus der Therapie ausgeklammert wurde, stachelt mich an, radikaler als je zuvor abzunehmen. Ich fühle mich schrecklich getrieben, reduziere, reduziere, reduziere - und das nur, um mir selbst zu beweisen, dass ich wirklich eine ES habe und dass ich diese Therapie tatsächlich brauche. Ich fühle mich im Moment wie "ein Fake", der nach Aufmerksamkeit giert und die Zeit anderer Leute verschwendet. Oder als wäre mein Problem gar kein echtes Problem, sondern nur eine dumme Angewohnheit, die ich locker ablegen könnte - wenn ich denn nur wollte.

Ich weiß, dass ich dazu neige, meine ES zu bagatellisieren, indem ich mir einrede, dass "das alles ja gar nicht so schlimm ist". Ich weiß aber auch, dass es in Wirklichkeit doch schlimm ist. Das merke ich spätestens dann, wenn ich meine Rituale mal nicht wie gewohnt durchführen kann.

Hat jemand ähnliche Erfahrungen gemacht? Lässt dieses "Fake"-Gefühl irgendwann nach?
Zuletzt geändert von Camouflage am Do Nov 12, 2015 22:32, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Fühle mich durch Therapie getriggert

#3
Hey!

Ich kann das sehr gut nachvollziehen. Ich habe eeewig gebraucht, bis ich mich zu HIlfe entschlossen habe. Und dann noch mal ewig, um in ein Institut zu wechseln, die sich auf ES spezialisiert haben eben weil ich nicht mega dürr bin, nicht k*** - und ich kann nur sagen, es war die beste Entscheidung die ich getroffen habe. Denn die Leute nehmen dich ernst. Die WISSEN, dass man mit einer ES nicht als Skelett rumlaufen muss, um Leidensdruck zu haben. Und eben wie du sagst - wenn du deine Rituale nicht durchführen kannst, wird's eng und genau das sollte eben geändert werden.
ICh habe das damals gleich beim 1. Mal gesagt, wie sie meinte, wieso ich da bin. Und ich hab dann eben angesprochen, dass ich halt Probleme mit dem Essen hab, dass ich aber immer wieder dnek, es ist ja nicht so schlimm, vielleicht übertreib ich, usw. Und das Drüber reden hat mir ganz ganz viel Angst genommen.
In der Therapie geht's jetzt auch nicht immer nur ums Essen. Auch das ist normal, wenn du nicht grad ums Überleben kämpfst. Denn zum körüerlichen sollten ja Ärzte da sein, die dir helfen. Die Therapie soll ja umfassend sein, denn wenn andre Lebensbereiche besser passen, reguliert sich auch das mitm Essen.
Ich zweiflfe selbst ganz ganz oft, weil cih immer wieder Rückfälle hab, usw aber halt durch und gib dir die Chance!

Und vielleicht hilft es dir ja auch, dass du es ansprichst.
Ich habe noch immer das Gefühl ab und zu, dass ich jetzt erst recht abnehmen will, damit ich weiterhin die Berechtigung hab, HIlfe zu bekommen. Aber das ist MEIN Thema, das kommt nicht uvom Umfeld!!! Und dann denk ich - wenn ich abnehm, mich freu, und dann eh wieder zunehmen sollte / werde weil ich normaler esse - frusitriert es dann nicht noch mehr?

Ich kann dir nur sagen - das Gefühl bleibt vielleicht noch länger da, aber es wird besser und es zu thematisieren ist gut!!! Grad bei uns ES-lern ist das was, das eigentlich bei fast jedem vorkommt....

Alles Gute!!!
Weltenbummlerin auf der Suche nach dem ICH

Re: Fühle mich durch Therapie getriggert

#4
Hallo Camouflage,
bei mir ging es in der gesamten Therapie auch weniger um die ES an sich. Oft steckt sehr viel mehr dahinter und es ist wichtig das was dahinter steckt rauszubekommen und das dann zu bearbeiten. Aber wichtig ist trotzdem, wenn du fragen hast oder irritiert bist, dass du es deiner Thera sagst und ihr miteinander redet. Wenn reden nicht geht, dann schreibe einen Brief.
Das eine ES erst mal schlimmer werden kann durch eine Therapie ist auch normal, weil es auf einmal ganz andere Belastungen sind, mit denen man klarkommen muss.
Ich hatte auch immer eher eine atypische Bulimie, weil ich zu wenig gebrochen habe, aber deshalb ist es nicht weniger wichtig.
Es ist denke auch wichtig das du die ES für dich als wichtig betrachtest und es als richtige Erkrankung anerkennst. Nur weil man NG hat, läuft trotzdem viel schief und man fühlt sich nicht gut.
In meiner ersten Therapie habe ich auch mehr gebrochen um mehr Aufmerksamkeit zu bekommen, um vll auch zu zeigen mir geht es nicht gut. Es war aber wichtig das dann auch mit meiner Thera zu besprechen und es so aufzuarbeiten.

Ich wünsche dir viel Erfolg bei der Therapie!
Liebe Grüße
Drachenbaby

Re: Fühle mich durch Therapie getriggert

#5
Vielen lieben Dank für eure ermutigenden Beiträge. :)

Kurz vorab: Ich mag meine Therapeutin. Die letzten Sitzungen (in denen es nicht um die ES ging) waren sehr ergiebig, daher glaube ich, dass sie mir bei meinen "alltäglichen" Problemen gut helfen kann. Was mir zu denken gibt, ist eher, dass sie noch mitten in der Ausbildung steckt und nicht auf ES spezialisiert ist.

Ich habe heute noch einmal mit ihr gesprochen. Da wurde leider erschreckend deutlich, dass sie mit dem Spektrum der Essstörungen nicht vertraut ist. Bulimie und Anorexie, klar, das kennt man; dass es da noch mehr gibt, wusste sie aber nicht. Sie hat mir sehr viele Fragen gestellt, die mMn zum Basiswissen gehören, wenn man einen essgestörten Patienten behandeln möchte (Was heißt EDNOS, noch nie gehört. Ach, Sie erbrechen nicht, was machen Sie denn dann? Wie, Sie kauen und spucken es dann aus? Auf den Boden, oder wie?) – und das ist halt schon etwas, das mich verunsichert. Kann mir ein Therapeut, dem die mannigfachen Ausprägungen einer ES vollkommen fremd sind, wirklich helfen, meine Rituale abzulegen?

Mir ist bewusst, dass eine Therapie nur dann Früchte tragen kann, wenn der Patient Eigeninitiative zeigt. Und ich weiß auch, dass meine ES nur das Symptom ist und dass es wichtig ist, der Ursache auf den Grund zu gehen. Ich denke aber auch, dass ich langfristig einen Ansprechpartner brauchen werde, der über das nötige Know-how verfügt; der die Fallen dieser Störung kennt und nicht der irrigen Annahme aufsitzt, dass es mir besser geht, wenn ich schleichend mehr und mehr esse. (Ich bin schon einmal von einem Extrem ins andere gekippt, von Anorexie zu Binge Eating, ohne es zu merken.)
Weltenbummlerin hat geschrieben: ICh habe das damals gleich beim 1. Mal gesagt, wie sie meinte, wieso ich da bin. Und ich hab dann eben angesprochen, dass ich halt Probleme mit dem Essen hab, dass ich aber immer wieder dnek, es ist ja nicht so schlimm, vielleicht übertreib ich, usw. Und das Drüber reden hat mir ganz ganz viel Angst genommen.
Ich habe meine Probleme beim Erstgespräch auch detailliert geschildert. Ich habe da allerdings nicht mit meiner aktuellen Therapeutin gesprochen, sondern mit einer Mitarbeiterin des Instituts, die dafür zuständig ist, den Therapiebedarf zu ermitteln. Danach wurde ich auf eine Warteliste gesetzt. Die Therapie wird von der Krankenkasse übernommen. Dadurch bin ich bzgl. Therapeutenwahl etwas eingeschränkt.

@Weltenbummlerin:
Darf ich fragen, warum und wie du zu einem anderen, spezialisierten Institut gewechselt hast? (Edit: Oh, ich habe gerade gesehen, dass du in anderen Threads schon darüber geschrieben hast. *nachlesen geh* ^^)
Vielleicht sollte ich das auch in Erwägung ziehen. Obwohl ich es nicht gern mache. =/
Zuletzt geändert von Camouflage am So Nov 15, 2015 10:20, insgesamt 6-mal geändert.

Re: Fühle mich durch Therapie getriggert

#6
Hi!

Hmm... also wegen der Spezialisierung - ich kann dir nur sagen, dass es zwar immer heißt und es auch sicher so ist - wenn es mit der Terpautin passt, dann klappts auch wenn die nicht auf ES spezialisiert ist. ABER ich finde es dennoch wahnsinnig wahnsinnig wichtig, dass man jemanden gegenüber sitzt, der weiß, was in einem vorgeht. Mein Arzt zb versteht mich,w eil er selbst betroffen war. Das ist so ein Unterschied, als wenn man nur mit wem redet und der sich denkt "ja dann iss halt, zwing dich zum Essen, blabla". Das ganze Rundherum. Ebenso mit der Therapeutin. LKar kann man nicht erwarten, dass die einen 1000% verstehen, weil das ginge ja nur, wenn man selbst in der Situation war. Aber ich finde es extrem wichtig, dass derjenige weiß, wie man denkt, was ine einem vorgeht, dass man eben nicth einfach sagen kann "ja passt, dann ess ist halt. Oder lass das Essen drinnen. Nehm keione Afm ich wird es schon ausshalten".

Ich war bei einem Therapeuten vorher, der war auch Arzt und hat als Spezialgebiet Psychosomatik gehabt, und auch mit einem ES INstitut gearbeitet. Aber der hat mich getriggert. Weil die ES völlig ausgeklammert worden ist, er meinte, ja wenn ich bis zum Zusammenbruch AFM nehme, dann ist es eben noch so, aber geholfen hat mir das nix. Oder zu hören - ja gehens laufen, wenns den Stress abbaut und ich denk "Hey, cool, Freifahrtschein zum Sportwahn".

Jetzt bin ich zu Sowhat gewechselt, weiß nicht ob dir das was sagt. Ich bin aus Ö, und das ist ein Institut für ES. Ich habe mich lange dazu überwinden müssen aber bin echt froh, dort zu sein. Denn wenn du dort mit der Ärztin redest, dann WEISS die, dass es schwer ist, auch mal nur 100 kal mehr zu essen. Also, als Bsp jetzt. Die Therapeuten sind auch drauf spezialisiert. Nicht, dass ich alles dort super toll finde, aber es ist auf jeden Fall ein besseres Arbeiten.

Ich hab dort eine Therapeutin bekommen, mit der es passt, wie das wird, wenn ich eine neue bekomme ( meine geht weg) hab ich ehrlich gesagt keine Ahnung. Wieder alles von vorn erzählen, woa nders ansetzen, neu beginnen, ich merk jetzt schon den Widerstand.

Du darfst dich ernst nehmen, auch wenn du nicht ständig erbrichst, wenn du nicht dürr bist, whatever. Denn sonst würden wir nicht drunter leiden, wenns "eh normal" wäre!!!
Was ich auch sehr wichtig finde ist, dass man v.a. anfangs oft genug hingeht. WIe ist das denn bei dir?
Weltenbummlerin auf der Suche nach dem ICH