Ich halte diese Schuldgefühle nicht aus!

#1
Hallo ihr Lieben,

es tut mir so leid, so unendlich leid dass ich schon wieder schreibe. Mein letztes Thema ist noch nicht lange her befürchte ich, da hatte ich gefragt ob jemand von euch in der Nähe von mir wohnt weil ich so verzweifelt war / bin.

Meine Geschichte ganz kurz ausgedrückt:
Zuhause wurde ich geschlagen und m*ssb**ch*, habe die ES entwickelt, war dann endlich in einer Klinik und bin jetzt seit drei Monaten von Zuhause ausgezogen und wohne hier in einer WG. Ich mache eine Therapie, eigentlich Traumatherapie aber mit der eigentlichen Traumatherapie konnten wir noch nicht anfangen da ich einfach zu instabil bin, mich nicht sicher fühle usw. Die ES ist wieder sehr schlimm geworden und raubt mir auch viel Kraft. Aber klar, ich weiß warum ich sie habe: Ich unterdrücke somit meine Gefühle. Oft weiß ich gar nicht WAS ich fühle, nur ständig diese Panik. Panik weil ich das Gefühl habe ich darf gar nicht auf der Welt sein geschweigedenn mich in Sicherheit wissen und mich gut um mich kümmern oder bei anderen Menschen sein. Ich hasse mich so sehr, finde mich so falsch und schlimm, schäme mich und fühle mich einfach nur schuldig. Und Angst hab ich vor den anderen Menschen auch. Mein Hauptproblem ist, dass ich denke ich habe nirgens einen Platz, darf nirgens sein, darf nicht existieren, nicht da sein.

Und dann laufe ich den ganzen Tag in der Stadt (oder außerhalb wo wenig Menschen sind) herum und bin natürlich total panisch, das ist wirklich kaum auszuhalten. Einmal die Woche hab ich eben Therapie. Und diese 50 Minuten pro Woche sind die einzigen Minuten in denen ich mich fühle, dass es in Orndung ist dass ich "da bin". Kaum gehe ich da raus, geht die Panik wieder los: ich darf nicht existieren, wo ist nur ein Platz für mich? Wo kann ich denn jetzt hin?
und dann laufe ich wieder davon....

Und ständig fahre ich in meine Heimat zurück, obwohl es mir da ja so schlecht geht, es ist die Hölle. Und jedesmal wenn ich dort bin zweifle ich an meiner Wahrnehmung und denke mir wieder: ICH bin schlimm! Mir ist nichts schlimmes passiert, ich hatte es nicht anders verdient.
Warum fahr ich ständig heim? Weil ich mich so hasse, mich so falsch und schrecklich fühle und denke ich hab es verdient dass es mir schlecht geht.


Weshalb ich euch eigentlich schreibe:
Heute in der Therapie wurde mein Therapeut lauter, fast schon wütend dachte ich, dass ich endlich damit aufhören muss mich so fertig zu machen. Ich soll endlich Mitgefühl mit mir empfinden denn wenn ich mich ständig fertig mache und mir nicht erlaube zu leben, kommen wir in der Therapie nicht weiter. Es sei MEINE Entscheidung ob ich es mir erlauben kann gut zu mir zu sein, zu existieren, mir zu glauben und mich um mich selbst gut zu kümmern und auch NICHT mehr in meine Heimat zu fahren (schließlich ist da ja das Trauma passiert das ich eigentlich behandeln lassen möchte).

Was er sagte: dass es meine Entscheidung ist! usw...
Ich hatte solche Schuldgefühle gegenüber ihm und hab ihm das auch gesagt, dass ich jetzt glaube alles falsch zu machen, sogar in der Therapie! Und dass ich doch gut sein will und nicht schwach und dass ich die Therapie gut machen will und dass es mir so leid tut, dass er sich ja so viel Mühe gibt und ich so eine dumme patientin bin.
Er sagte (natürlich) dass ich keine Schuldgefühle haben brauche.

Er sagte aber auch noch, wenn ich weiterhin mir nicht erlauben darf zu leben und mir ja selbst immer wieder einrede, dass ich nur diese eine Stunde bei ihm existieren darf, dann ist das auch so. Ich schaffe mir meine eigene Realität sagte er... und das macht mich auch abhängig von der Therapie. Mein Leben ist abhängig von dieser einen Stunde.... und das sei nicht gut.

Er meinte das nicht böse, aber ich habe solche Schuldgefühle und kann sie einfach nicht abstellen!
Es sind GANZ GENAU solche Gefühle die ich Zhzhause immer hatte: oh gott ich bin so schlimm! ich muss mich umbringen ich halte das nicht aus so schuldig und schlecht und schlimm zu sein!

Bitte helft mir, was kann ich nur tun? Es geht einfach nicht weg dieses Gefühl. Ich trau mich gar nicht mehr in die Therapie zu gehen ich hab meinem Therapeut auch geschrieben dass ich die Therapie abbrechen möchte. Er meinte daraufhin, wir klären das nächste Woche in der Stunde.

ich halte das aber so lange nicht mehr aus. Irgendwie brauch ich die Gewissheit von ihm, dass alles in Orndung ist und ich nicht schuldig bin. Ich weiß auch dass ich ihn anrufen darf wenn es gar nicht mehr geht und ich hätte es fast gemacht weil ich für einen kurzen Moment so verzweifelt war und mir dachte: ich muss sterben! ich muss mich umbringen weil ich so schlecht bin!

bitte versteht das nicht falsch, ich würde mir nichts antun, das soll wirklich keine Selbstmorddrohung sein. Es waren halt nur GEdanken von mir und ich will ja Hilfe von euch und bin deswegen ganz ehrlich (ich versuche es).

Ich bin total verzweifelt im Moment, tut mir leid.
im Leben gibts Höhen und Tiefen.
Wie du dein Leben letzten Endes meisterst, ist allein Deine Wahl!

Re: Ich halte diese Schuldgefühle nicht aus!

#2
Hey :)
Ich kann das alles ganz gut nachvollziehen.
Oft habe ich auch das Gefühl, dass es richtig ist, dass es mir schlecht geht. Dieses Gefühl, es einfach verdient zu haben. Schuldgefühle, wo man eig garnicht so genau weiß warum. Ich fühle mich auch sehr oft schuldig, wenn ich im Mittelpunkt stehe. Meiner Meinung nach gibt es tausende andere Sachen, die viel wichtiger sind als ich.

Leider stehe ich selber noch sehr am Anfang und kann damit auch nicht umgehen.
Vilt hilft es dir ja schon ein wenig, wenn du nicht allein bist.

Aber den Termin bei deinen Therapeuten solltest du unbedingt wahr nehmen.
Alle Enttäuschungen sind gering im Vergleich zu denen, die wir an uns selbst erleben.

Re: Ich halte diese Schuldgefühle nicht aus!

#3
Hallo be-happy-Mona,

Du erinnerst mich daran, wie mein Leben vor rund 10 Jahren aussah. Insofern vielleicht eine gute Nachricht: es muss nicht so bleiben.

Mir scheint, dass dein Therapeut Dich wachrütteln wollte, aber keinesfalls ist er Dir böse oder irgend etwas dergleichen. Ich hatte auch mal eine Therapeutin, die solch schlechte Gefühle in mir ausgelößt hatte, und ich habe diese dann verlassen. Und zwar weil ich mich nicht auch noch in der Therapie schlecht fühlen wollte. Ich wollte mir nicht auch noch von der Therapeutin anhören, was ich nicht alles falsch mache, sondern ich wollte, dass diese einzig und alleine dafür da ist, mir zu helfen. Mir persönlich hat diese Emanzipation gut getan. Was aber nicht heißen muss, dass das auch das richtige für Dich ist.

Vermutlich ist Dein Empfinden auch einem Prozess von sogenannter Übertragung geschuldet. Das würde meinen, dass Du schon bekannte, einst erlebt und empfunde und vielleicht auch immer wieder erlebte und empfundene Gefühle auf Deinen Therapeuten überträgst. Das ist auch eine Frage der Gewohnheit: Bestimmte Arten zu sprechen, eine Art, wie jemand mit Dir spricht, löst in Dir Erinnerngen aus, und Du fühlst Dich dann so, wie Du Dich typischerweise dann fühlst, obwohl der Rahmen usw. ein ganz anderer ist.
Dann könntest Du die Therapie und den Therapeuten dazu nutzen, nun herauszufinden, woher dieses Gefühl kommt, also welche ursprünglichen Situationen dazu gehören, und kannst dann die entsprechenden Gefühle besprechen und sie bestenfalls klären. Genau das habe ich übrigens auch getan, ehe ich mich von der damaligen Therapeutin losgesagt habe.

Die starke Bindung, die Du zu Deinem Therapeuten hast, ist verständlich. Er bietet Dir einen geschützen Ort, an dem du, wie Du sagst, leben kannst. Gerade das kenne ich sehr, sehr gut, weshalb mich Dein Bericht auch so sehr an mich erinnert hat. Ich weiß nicht, ob Dir das hilft, aber mir hatte das damals geholfen: All diese Gefühle finden letztlich nur in Deinem Kopf statt. Niemand erwartet sie von Dir, und niemand kann sie einfordern. Wie und was Du wann fühlst, ist alleine Deine Entscheidung. Und das meine ich nun nicht mit einem erhobenen Zeigefinger - auch Dein Therapeut meinte es ganz sicher nicht so - sondern das meine ich mit Zuversicht: Du musst diese Gefühle nicht haben. Oder anders gesprochen: Du bist nicht diese Gefühle. Strenggenommen gehören sie noch nicht einmal zu Dir, sondern sie gehören zu den Leuten, die sie in Dir auslösen, und die damit ihre eigenen Probleme "verarbeiten", genauer gesagt Dich dafür ausnutzen. Aber das ist deren Problem, nicht Deines. (Und damit ist nun nicht Dein Therapeut gemeint, der, wie gesagt, erinnert Dich nur daran. Sein Ziel ist es, Dir zu helfen. Weshalb Du diese Chance m. E. auch nutzen kannst, indem Du ihm eben berichtest, wie es Dir mit diesen Gefühlen nun ging, und dann könnt Ihr das gemeinsam bearbeiten.)

Ich arbeite noch heute daran, mir Gefühle, die ich irgendwann irgendwo empfinde, nicht zu sehr zu Herzen gehen zu lassen, mich nicht daran festzuhalten, sondern sie in einem bestimmten Moment zu haben, dann aber auch gleich wieder loszulassen. Damit geht es mir entschieden besser und es hat mir den Umgang mit anderen entschieden erleichtert. Man/ich muss nicht immer emotional sein, und man kann sich - also auch Du :-) - über seine Gefühle stellen, und sie damit auch "kontrollieren". Kontrollieren in dem Sinne, dass sie nicht den ganzen Tag, alles, was man ist und tut bestimmen. Wenn man das tut merkt man auch, dass andere Menschen daran gar keinen Anstoß nehmen.

Aber ich weiß auch, wie schwierig dieser Prozess ist. Denn der Ort von dem dieses Problem mit den Gefühlen herrührt ist nicht irgendeiner, sondern ist die engste Familie. Und da möchte man natürlicherweise fühlen. Man möchte geliebt werden und lieben. Das ist absolut verständlich, absolut gesund. - Ich bin auch sehr oft nach Hause gefahren. Ich weiß nicht, ob das gut oder schlecht war, aber es war zumindest das, was ich so gebraucht habe, es hatte eben mir entsprochen. Es war - so würde ich es heute sagen - ein Übergangsprozess. Und in diesem Sinne hat es auch geholfen. Von heute auf morgen ein anderer Mensch werden, das halte ich für sehr unmöglich. Mag aber sein, dass manche das können.

Thema Schuld: Das ist die typisch kindliche Reaktion. Damit ist nicht gemeint, dass Du kindlich bist, im Sinne von: werd doch mal erwachsen. Aber im Sinne von Verarbeitung. Schuld ist das Gefühl eines Kindes, das Verantwortung auf sich nimmt. Und was Du nun zu erkennen lernen kannst ist, dass du diesen Prozess gar nicht zu leisten hast. Die Verantwortung liegt bei anderen, also bei Dir, so wie ich das gelesen und verstanden habe, aus Deinen Zeilen, bei Deinen Eltern. Schuld wäre für sie das adäquate Gefühl, nicht für Dich. Das adäquate Gefühl für Dich wäre, wenn Du das geistig-emotional erst einmal erkannt hast, zum einen Wut, zum anderen Gelassenheit. Wut, weil es von Deinen Eltern absolut falsch war, Dich so zu behandeln, Gelassenheit, weil das deren und nicht Dein Problem ist. Es ist deren Problem damit klar zu kommen, und zwar mit der Schuld :-) Da gehört sie hin, die Schuld, nicht zu Dir.

Und nun weiß ich nicht, ob das bei Dir auch so sein wird, aber ich kann Dir von meiner Seite aus sagen, dass Eltern sogar in der Lage sind, das eines Tages sozusagen zuzugestehen, einzusehen. Aber bis es (vielleicht) so weit ist, ist es (leider, denn anders wäre vielleicht manches leichter) sozusagen Deine Aufgabe das zu tun.

Viele Grüße
Laona

Re: Ich halte diese Schuldgefühle nicht aus!

#4
Danke für eure lieben Antworten,

an diesem Abend rief mich mein Therapeut dann noch an und wir haben alles geklärt.
Die Schuldgefühle sind mein ständiger Begleiter, genauso wie die Scham und dieses Ekelgefühl, dieses Gefühl nicht auf der Welt sein zu dürfen und einfach nur schlecht zu sein. Immer alleine sein zu müssen weil ich nicht bei anderen sein darf, und ja auch so Angst hab vor den anderen.

Das A und O ist "einfach" dass ich Mitgefühl mit mir selbst haben muss, sagt mein Therapeut. Ich muss endlich sehen, dass ich liebenswert und vor allem LEBENSwert bin und mich nicht so quälen muss.

Kenn ihr denn das Gefühl? Macht ihr euch auch selbst so fertig? Ich weiß nicht wie ich das wegkriege, warum fühl ich mich so schrecklich? so lebensunwürdig und zu schlecht für diese Welt? Und wie kriege ich das weg?
im Leben gibts Höhen und Tiefen.
Wie du dein Leben letzten Endes meisterst, ist allein Deine Wahl!