weiter in Richtung Gesundheit ohne "richtige" Therapie?

#1
Hallo Zusammen! Ich leide seit 6 Jahren an Bulimie und habe schon 4 ambulante Therapien, 2 stationäre und eine tagesklinische gemacht. In der Zeit hat sich innerlich viel getan, aber symptomatisch hat sich wenig gebessert. Jetzt bin ich gerade dabei meine letzte ambulante Therapie zu beenden, besuche eine Selbsthilfegruppe und habe viel Unterstützung von meinem Umfeld. Zum ersten Mal bewegt sich was und ich spüre, dass ich SELBST mir mehr Wert bin als zu kotzen und, dass ich all das nicht mehr möchte. Es hat auch häufiger geklappt nicht kotzen zu gehen. Jetzt bin ich total unsicher und frage mich ob man den Weg tatsächlich ohne professionelle Hilfe weitergehen kann? Für mich fühlen sich die Mitglieder der Selbsthilfegruppe viel professioneller an als jeder Therapeut und die Akzeptanz in meinem Umfeld ist sehr heilsam. Es fühlt sich auch gut an die ambulante Therapie jetzt zu beenden, weil ich mich nach jeder Stunde unter Druck gesetzt habe. So nach dem Motto: jetzt muss aber endlich mal was passieren nach der langen Zeit und bei der guten Therapeutin! Meine Frage an euch: kann es sein, dass es einfach richtig ist nach der langen Zeit alleine bzw. auf andere Weise in Richtung Gesundheit weiterzugehen? Es fühlt sich so gut an, aber ich habe ziemlich große Angst, dass es der falsche Weg sein könnte. Andererseits war ich schon länger nicht mehr bei meiner Therapeutin. Das hatten wir so vereinbart, damit ich in der Pause ausprobieren kann wie es ist und seither spüre ich mehr und mehr, dass in mir ein Wille gesund zu sein entsteht, der noch nie so stark war. Kennt jemand die Situation?

Re: weiter in Richtung Gesundheit ohne "richtige" Therapie?

#3
Ja ich kenne die Situation schon so ähnlich.

Ich war eine Zeit lang in ambulanter Therapie. Dann war ich ein Jahr ohne Symptome, keine Essanfälle, kein Erbrechen. Ich bin nicht mehr zur Therapeutin gegangen... tja, in meinem Fall war dies wohl eine Fehlentscheidung. Nach einem knappen Jahr kam die Bulimie in voller Stärke zurück.

Ich persönlich gehe jetzt noch 1x im Monat hin und das hilft mir, es reicht mir aber auch in dieser Form. Ich habe mir aber nie Druck gemacht wegen der Therapie...

Liebe Grüße,
Cooky
auf Urlaub

Re: weiter in Richtung Gesundheit ohne "richtige" Therapie?

#4
also ich glaube, es gibt sogar einige wenige, die es ganz ohne therapie schaffen aus der ES rauszukommen.
aber insgesamt ist es mit prof. hilfe natürlich leichter. kommt halt drauf an was für ein mensch du bist, wie sehr dus dann auch alleine schaffen kannst.
also was gut ist, ganz auf sich gestellt zu sein ist, dass man selbst sich selbst hilft, unabhängig von anderen und du selbst bist der, der die kraft hat. das ist schon gut, so eine eigene kraft, nur aus einem selbst heraus.
aber wenns schief läuft und dus alleine (erst recht am anfang jetzt) doch nicht hinkriegst ists blöd...

also irgendeinen puffer würd ich behalten, vlt 1x die woche therapie oder- gehst du weiter in die shg?

ganz ohne würd ich (persönlich) dir nicht empfehlen, weil nicht mal für den notfall noch was da ist. also irgendeine (eventuel langsam auslaufende) möglichkeit der therapie hin und wieder wär vielleicht nicht so schlecht

Alles liebe, hannah :wink:

Re: weiter in Richtung Gesundheit ohne "richtige" Therapie?

#5
Warum "am Anfang"? Ich mache seit 6 Jahren Therapie. Ja klar, ich gehe mind. 2 mal die Woche weiterhin in die Selbsthilfegruppe. Hab irgendwie das Gefühl, dass mir das viel mehr hilft als Gespräche mit Therapeuten. Ich will schon an dem Thema dran bleiben und auch immer wieder reflektieren wie es klappt und warum es wann nicht klappt, aber ich glaube einfach, dass Therapeuten mir jetzt nicht mehr weiterhelfen können. Die Leute aus der Gruppe sind irgendwie bessere Therapeuten...

Geht ihr dann lebenslang zum Therapeuten? Ich meine die Suchtstimme wird ja immer in einem bleiben. Irgendwann muss man doch lernen damit umzugehen und sozusagen sein eigener Therapeut werden.
Zuletzt geändert von Latika am Do Jan 10, 2013 9:18, insgesamt 1-mal geändert.

Re: weiter in Richtung Gesundheit ohne "richtige" Therapie?

#6
hey du :)

ne, mit am anfang habe ich gemeint den anfang von der zeit ohne therapie.

ich kenne dieses gefühl von, es hat sich austherapiert. irgendwann gibt es vlt echt den punkt, wo man nicht mehr viel weiter kriegt... also ich hab nach 4 jahren einzeltherapie jetzt auch aufgehört. mache jedoch jetzt eine gruppentherapie, etwas ganz anderes. die einzel war hauptsächlich gesprächstherapie, in der gruppe gehts ganz viel um atem/körper spüren/bei sich ankommen/bei sich bleiben/achtsamkeit/hier&jetzt und sowas.
hab gemerkt großes reden bringt nicht mehr viel, aber sowas, was ganz anderes gibt mir eine ganz neue und andere art von unterstützung.

aber du hast recht, lebenslang kann man nicht in therapie sein, sondern am ende muss man sich selbst helfen.
und vermutlich machts auch einen unterschied, ob man nach der therapie alles hängen lässt, oder trotzdem alleine weiterkämpft und das gelernte umsetzt.

finds super, dass du dich in der SHG so wohl fühlst! darf ich fragen aus welcher stadt du bist, bzw. wo die SHG?
ich bin in wien in der SHG für essstörungen :)

ich wünsch dir auf jeden fall alles gute!! du scheinst sehr stark zu sein in dir, das ist schön!
hannnah

Re: weiter in Richtung Gesundheit ohne "richtige" Therapie?

#7
Hi hannnah!

Genau das ist es. Mit Gesprächstherapie komme ich jetzt nicht mehr weiter. NAch den vielen Jahren scheint irgendwie alles tausend mal erzählt und durchgekaut zu sein. Ich kann mit riesigem emotionalen Abstand fast alles aus meinem Leben erzählen.

Bewegung, malen oder schreiben finde ich auch sehr heilsam. Man merkt irgendwie nicht, dass diese Dinge therapeutischen Effekt haben, weil es einfach so von Innen heraus kommt. Jedenfalls geht es mir so. Das mache ich ohne viel nachzudenken.

Ist es nicht so, dass man sich im Endeffekt sowieso immer selbst hilft? Andere (Therapeuten, Mitpatienten etc.) leisten doch nur Hilfe zur Selbsthilfe. Wenn man nach der Therapie nichts von sich aus macht, landet man wieder genau dort wo man zuvor war.

Wegen der Stadt schreibe ich dir ne PM :-).

Re: weiter in Richtung Gesundheit ohne "richtige" Therapie?

#8
Latika hat geschrieben: Ist es nicht so, dass man sich im Endeffekt sowieso immer selbst hilft? Andere (Therapeuten, Mitpatienten etc.) leisten doch nur Hilfe zur Selbsthilfe. Wenn man nach der Therapie nichts von sich aus macht, landet man wieder genau dort wo man zuvor war.
natuerlich, genau das ist ja therapie :wink: psychotherapie ist immer hilfe zur selbsthilfe, ist eine unterstuetzung.
Geht ihr dann lebenslang zum Therapeuten? Ich meine die Suchtstimme wird ja immer in einem bleiben. Irgendwann muss man doch lernen damit umzugehen und sozusagen sein eigener Therapeut werden.
dass jemand lebenslang in psychotherapie geht ist sehr sehr selten. aber 6 jahre ist ja auch nicht "lebenslang" :wink: es waere schoen und gesund wenn man irgendwann gelernt hat sein eigener therapeut zu werden.

Jetzt bin ich gerade dabei meine letzte ambulante Therapie zu beenden, besuche eine Selbsthilfegruppe und habe viel Unterstützung von meinem Umfeld. Zum ersten Mal bewegt sich was und ich spüre, dass ich SELBST mir mehr Wert bin als zu kotzen und, dass ich all das nicht mehr möchte. Es hat auch häufiger geklappt nicht kotzen zu gehen. Jetzt bin ich total unsicher und frage mich ob man den Weg tatsächlich ohne professionelle Hilfe weitergehen kann? Für mich fühlen sich die Mitglieder der Selbsthilfegruppe viel professioneller an als jeder Therapeut und die Akzeptanz in meinem Umfeld ist sehr heilsam.
Es fühlt sich auch gut an die ambulante Therapie jetzt zu beenden, weil ich mich nach jeder Stunde unter Druck gesetzt habe. So nach dem Motto: jetzt muss aber endlich mal was passieren nach der langen Zeit und bei der guten Therapeutin! Meine Frage an euch: kann es sein, dass es einfach richtig ist nach der langen Zeit alleine bzw. auf andere Weise in Richtung Gesundheit weiterzugehen? Es fühlt sich so gut an, aber ich habe ziemlich große Angst, dass es der falsche Weg sein könnte. Andererseits war ich schon länger nicht mehr bei meiner Therapeutin. Das hatten wir so vereinbart, damit ich in der Pause ausprobieren kann wie es ist und seither spüre ich mehr und mehr, dass in mir ein Wille gesund zu sein entsteht, der noch nie so stark war.

ich finde, wenn du beim schritt deine ambulante therapie zu beenden und stattdessen nur zur gruppentherapie zu gehen mehr spuerst gesund werden zu wollen ist das doch eine gute sache und ausprobierenswert :) du koenntes mit deiner therapeutin auch noch groeßere sitzungsabstaende ausmachen, so alle paar monate zum beispiel. und schaun wies dir damit geht.


liebe grueße !
sun will set

Re: weiter in Richtung Gesundheit ohne "richtige" Therapie?

#9
Latika hat geschrieben:Bewegung, malen oder schreiben finde ich auch sehr heilsam. Man merkt irgendwie nicht, dass diese Dinge therapeutischen Effekt haben, weil es einfach so von Innen heraus kommt. Jedenfalls geht es mir so. Das mache ich ohne viel nachzudenken.

Ist es nicht so, dass man sich im Endeffekt sowieso immer selbst hilft? Andere (Therapeuten, Mitpatienten etc.) leisten doch nur Hilfe zur Selbsthilfe. Wenn man nach der Therapie nichts von sich aus macht, landet man wieder genau dort wo man zuvor war.
dem kann ich beidem nur zustimmen :D
Bei mir hat sichs einfach auch ausgeredet, weshalb ich etwas tun (spüren, malen, körper, etc.) gerade hilfreicher als reden finde. da tut man selbst was und es tut sich was! ich bin auch jedes mal wieder baff, wie einfache atem- oder körperübungen so viel in einem auslösen können.

liebe grüße! hannnah