Therapie oder nicht?

#1
Ich spiele im Moment wieder mit dem Gedanken, es doch noch mal mit ner Therapie zu probieren. Bin 22 und habe seit 9 Jahren Essprobleme, wobei ich zwischendurch immer wieder Phasen von mehreren Monaten hatte, in denen ich symptomfrei war.
Ich bin in dieser Zeit wohl bei drei oder vier verschiedenen Therapeuten aufgeschlagen, habe es aber nie sehr lange ausgehalten (Rekord 7 Sitzungen), weil mir die Therapeuten auf die Nerven gingen und ich mir immer sehr schnell deplatziert vorkam. Seltsamerweise habe ich das mit dem Kotzen nämlich immer pünktlich mit dem Start der Therapie sehr schnell ganz gelassen und hatte dann nichts mehr, was ich den Typen erzählen konnte.

Die Bulimie ist erst seit 9 Monaten wieder voll da, davor hat meine Konvertierung zum Veganersein vor 2 Jahren sie in Schach gehalten (bilde ich mir zumindest ein). Allerdings weiß ich nicht, wie schlimm es im Moment eigentlich ist, ich habe nämlich, so bescheuert es klingt, nur bruchstückhafte Erinnerung an kürzlich vergangenes und tendiere dazu, insbesondere die Kotzanfälle aus meinem Gedächtnis zu streichen.. wahrscheinlich liegts daran, dass ich sehr selten richtig große Fressanfälle habe sondern das Kotzen eher routinemäßig-beiläufig nach dem Essen erledige. Kennt hier zufällig noch irgendwer diese spezielle Art von Bulimie-Alzheimer? ^^

Naja, was mir zu schaffen macht, ist, dass ich das mit dem 'normal essen' überhaupt nicht mehr drauf habe. Entweder esse ich total kontrolliert, oder ich schlage über die Stränge und kotze. Blöde Zahnprobleme und Reflux hab ich auch. Dafür kein Sozialleben. Außerdem schaue ich täglich zu, wie gutes veganes Bioessen in meiner Toilette verschwindet, was nicht nur traurig ist, sondern auch ins Geld geht.
Was wirklich schlimm ist, ist aber, dass mein Studium den Bach runter geht. Bin mir nicht ganz sicher, ob's an meiner Faulheit oder an der Bulimie liegt. Wahrscheinlich ne Kombination von beidem.

Es gibt hier in der Nähe eine Essstörungs-Beratungsstelle und ich hatte mir überlegt, mal hinzugehen. Allerdings weiß ich nicht, ob das überhaupt sinnvoll ist. Ich habe nach wie vor große Vorbehalte gegen das Konzept Therapie (denkt da eigentlich noch wer an emotionale Prostitution?) und gegen Therapeuten mit ihrem Anspruch universelle Heilsbringer zu sein. Eine Therapeutin hat mir auf die Frage, für wen sich das denn lohne, mal erklährt, dass alle Menschen ganz furchtbar ungemein von einer Therapie (bei ihr?) profitieren würden.. Dafür kenne ich allerdings ziemlich viele Menschen, die jahrelang in Therapie sind, ohne dass sich äußerlich merkliche Besserung eingestellt hat. Außerdem geht mir als Naturwissenschaftler der Hang zur Esoterik und zum Irrationalen, der in der Psychoszene verbreitet zu sein scheint, schwer auf den Sack.. (Die eben erwähnte Therapeutin war begeistere Anhängerin von Bert Hellingers Familienaufstellung) Soviel zu meinen Vorbehalten.
Oh, und wenn's trotzt 1000 Therapiestunden nicht klappt mit der Heilung, war man wohl selber schuld, weil man nicht die richtige Eistellung hatte. Kein Allgemeinmediziner käme damit durch.

Was dafür spricht, es trotzdem nochmal zu versuchen, ist, dass ich keine Lust mehr habe, auf eine bessere Zukunft zu warten (mache ich schon seit 10 Jahren) und befürchte, dass ich es alleine nicht schaffen werde.