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Therapeutin - Abstinenzgebot?

Verfasst: Mi Jun 27, 2012 10:44
von wiesenblume
Es gibt da ein Thema, über das ich schon ganz lange nachgrübele, für das ich aber für mich noch keine wirkliche Antwort gefunden habe, und hoffe dass Ihr mir da vielleicht weiterhelfe könnt....also:

Vor ca 3 Jahren gings mir richtig miserabel, ne fette (naja...mittelgradige :roll: ) (von der ES unabhängige...hatte mehr mit Leistung / Beruf / Partnerschaft zu tun...von der ES hab ich gar nix gesagt, weil die niederschwellig stabil war...und schambesetzt :oops: ) Depression, weshalb ich dann zu ner Psychtherapeutin (VT, Empfehlung von meiner Hausärztin) bin.

Das hat mir dann auch tatsächlich ganz gut geholfen, sie hat sehr viel mit meinen Ressourcen gearbeitet, und ich war tatsächlich recht flott wieder auf den Beinen, so dass ich nicht mal alle 25 Kurzzeittherapie-Stunden ausschöpfen musste.
Zum Abschluss meine sie noch, "Frau Wiesenblume, wenns schwierig wird, melden Sie sich gerne wieder, ich würde mich aber auch sehr freuen, einfach mal von Ihnen zu hören, wie es so weiter gelaufen ist."

So.
Vor ca. einem Jahr hatte ich dann das gefühl, für mich in meinem Leben einen neuen "festen Standpunkt" zu haben, und habe mir gedacht, "schreibst Du ihr das mal, is ja auch vielleicht schön, zu lesen dass es Patienten längerfristig gut geht".
Dann kam prompt ne Antwort "Ach wie schön, das grenzt ja an Thelepathie, ich hab neulich erst an Sie gedacht! Wollen wir uns mal treffen?"

Jaaaaaa....das fand ich schon bissl komisch (wg. Abstinenzgebot und so...andererseits gilt das ja glaubich nur für 2 Jahre nach der Therapie, aber trotzdem...) aber andererseits war ich auch geschmeichelt, dass sie sich so für mich interessiert :oops: und dann haben wir uns getroffen, sie hat relativ viel von ihrer (schwierigen) Ehe erzählt...zum Abschied das "Du" angeboten und umarmt...das war komisch, aber ich dachte "Naja sie als Profi wird schon wissen was richtig ist"...

Dann hatte ich länger keinen Kontakt, habe so 3 Monate später mal ne kurze mail geschickt (hatte mich komisch verpflichtet gefühlt, nach diesem "Vertrauensbeweis" in Kontakt zu bleiben...) und dann kam ne mail, ob wir uns mal wieder treffen wollen, und ob ich Lust hätte, ihr beim Möbel zusammenbauen zu helfen....fand ich komisch, bin aber hin, und dann war sie frisch von ihrem Mann getrennt, in neuer Wohnung, und wir haben Möbel zusammen gebaut :|
Und während dessen hat sie mir total vel krasses Zeug (über ihre Praxiskollegin, ihre eltern, ihren Ex, ihre Affäre...) erzählt, und ich hab total entspannt und kompetent getan und mich sau unwohl gefühlt! Weil das alles echt intimes Zeug war und sie doch "meine Therapeutin"! Das war irgendwie so, als ob einem Eltern was über ihre S**ualpraktiken erzählen würden...oder?

Paar tage später hab ich ihr dann geschrieben, dass das für mich nicht funktioniert und einfach zu asymmetrisch ist, weil eine Freundschaft mit jemandem, der von vorn herein mein "tiefsten Abgründe" kennt, einfach nicht funzt für mich. Sie hat dann geschrieben, dass sie das schade findet, aber akzeptiert, sie sich aber freuen würde wenn ich mich wirde melde...


Seit dem is nix mehr gewesen, aber ich rätsel die ganze Zeit - hab ich da überreagiert, oder hat sie Mist gebaut, oder beides...? War ich da zu naiv? Oder hab ich zu heftig reagiert...?

...über Ideen, Anmerkungen...würde ich mich sehr freuen!

LG,

wiesenblume

Re: Therapeutin - Abstinenzgebot?

Verfasst: Mi Jun 27, 2012 11:14
von Juliana
Hi Wiesenblume,

ich hab große Augen gemacht, als ich das gelesen habe. Ich finde es auch von deiner Therapeutin komisch, dass sie so die Rollen tauschen kann. Meiner Meinung nach unprofessionell. Gut ist, dass du eine Grenze gezogen hast. Es war für dich einfach verwirrend und nicht tragbar, was ich echt gut verstehen kann. Ich hoffe, sie hält sich daran, den Kontakt nicht weiterzuführen ;-) Echt eigenartig, dass sie da so schnell und ja vor allem auch nach so langer Kontaktpause gleich so auf dich eingestürmt ist. Wirklich komisch... Da wäre ich auch vorsichtig. Hast du denn vor dich zu melden oder ist das Pflichtgefühl jetzt nicht mehr?

Liebe Grüße
Juliana

Re: Therapeutin - Abstinenzgebot?

Verfasst: Mi Jun 27, 2012 11:38
von wiesenblume
Hi Juliana,

Danke für deine Antwort!

Nee das Pflichtgefühl is weg...melden werd ich mich bestimmt nich mehr... Da ist jetzt eher so eine Art Schuldgefühl, als hätte ich was falsch gemacht, als ich auf die Kontaktangebote eingegangen bin...dabei sagt mir mein Verstand eben, dass ursprünglich nicht ich den Fehler gemacht habe, und es halt gut war, das jetzt so zu beenden... aber das Gefühl sagt halt was anderes :?


Liebe Grüße,

Wiesenblume

Re: Therapeutin - Abstinenzgebot?

Verfasst: Fr Jun 29, 2012 7:12
von Juliana
Hi Wiesenblume,

Gefühle können ganz schön störend sein, das erleb ich auch jeden Tag wieder. Gerade, wenn man weiß, dass sie unbegründet sind. Du hast nichts falsch gemacht. Es war einfach ein Angebot von jemandem, dem du vertraut hast. Da erwartet man nichts Schlechtes. Dass sie das alles gleich so verdreht, das konntest du ja nicht wissen. Ich kann mir vorstellen, dass du bestimmt nicht die einzige warst, die sie eingeladen hat. Es klang zumindest so, als wäre sie sich ihrer Rolle sehr sicher. Was mir in solchen Situationen hilft ist, dass ich quasi gegen meine Gefühle mit meinem Verstand gegenan argumentiere. Ich suche mir also positive Sätze, die das Gefühl vermindern. Ich hab zum Beispiel sehr viel Angst, obwohl ich sie nicht haben müsste. Also frag ich mich, was soll denn schon passieren??? Und stelle mir die Situation realistisch vor, schiebe die Horrorvisionen zur Seite. Das löscht das Gefühl nicht völlig aus, aber macht es erträglicher. Vielleicht hilft dir sowas? Solange bis die Situation verjährt ist.