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Habe schon gestern gesehen, dass es ein Treffen für essgestörte, junge Frauen gibt. Das war in dem Gebäude, wo ich vor 5 Jahren Psychotherapie gemacht habe und dort finden sich immer montags abend Treffen für Alkoholiker und heute war das für ES.
Habe ich mir gestern gedacht, ich sollte mal da vorbeischauen. Habe mir ein Herz gefasst, ich war heute sowieso am Vormittag in der Stadt und dann hab´ich mir gedacht, ich geh´da jetzt hin. Zittrige Knie, mulmiges Gefühl im Bauch, so als stünde ich vor einer Klausur

aber nix da, ich bin dann rein!!
Und dann kam ich mir irgendwie klein vor, oder unpassend, oder fehl am Platz?
Wir waren 7 Frauen, davon waren 4 ca. 40 Jahre alt, 2 waren 27 bzw. 29 und ich eben mit 24. Ich fand es schon besser, weil mich evt. gleichaltrige mich mehr triggern würden (vor denen habe ich mehr Angst) und bei den Älteren kann ich lockerer gegenübertreten udn da kann ich auch sehen, dass ich es so weit nicht kommen lassen darf, also ich nicht noch mit 40 leiden möchte. Waren cool drauf. Das klingt jetzt komisch, aber ich konnte es an ihren Gesichtern erkennen, dass sie eine ES haben

gut, würde ich so irgendwo woanders antreffen, dann könnte ich es nicht definieren, aber in dem Raum ging das schon. In manchen Gesichtern waren es traurige Augen, erschöpfte Augen und eine aber war ganz schön fit. Die meisten waren Bulimikerinnen, nur eine hatte Magersucht, da konnte ich es schon an ihren Ärmchen sehen. Bei einigen Bulimikerinnen war es so, dass sie in früheren Jahren Magersucht hatten, jetzt zugenommen haben und eben mit ihrem Gewicht und den Essen kämpfen. Ich konnte ihnen trotzdem ansehen, dass sie magere Zeiten hatten. Das klingt doof, wenn ich das so sage, ich kann nur sagen, dass ich das an den Frauen erkennen konnte.
Wir haben uns alle kurz vorgestellt, waren alle sehr freundlich (eigentlich fürchterlich freundlich, also ich glaube das nennt man ZUVORKOMMEND)
manche Gesichter sahen irgendwie geläutert aus. Sorry, ich kanns anders nicht erklären!
Was ich sagen will, in ihren Gesichtern konnte ich erkennen, dass sie viel zu kämpfen haben, sich selbst so schwer tun.
Sie leisten auch viel; aber die meisten davon scheinen schon eine Altersgelassenheit zu haben. Können schon bisschen "munterer" (so hat es die eine Frau bezeichnet

) mit ihrem Essproblem umgehen. Es ginge nicht ums Gewicht, es ging hauptsächlich darum, das Leben zu leben. Dass man es lebt, dass man sich Gutes tut, dass man Dinge macht, die einem guttun, dass man seine Träume verwirklicht (also nicht darauf erpricht Superleistung zu geben - nein, sich zu trauen, das zu machen, was man selber gerne möchte) und die Älteren haben erzählt, dass es im zunehmenden Alter anders ist, also dass sie viel stärker sind, sich nicht mehr so überfordert fühlen als mit 24. Haben zu mir gesagt, dass es verständlich ist, dass man als junge frau mit 24 sich so fühlen kann, dass es so scheint, als hätte man ALLES zu schaffen, als würde JEDER alles von einem abverlangen usw.
Ihre Lebenserfahrung hat mir sehr gut getan.
Ich habe sehr gerne zugehört.
Aber als ich dann was erzählen durfte, kam ich mir bei jedem Satz wie ein Depp vor. Ich habe Dinge geschwafelt wie: "EIGENTLICH bin ich gar nicht essgestört (so als hätte ich nicht jeden Tag damit zu kämpfen

) das ist gar nicht so schlimm (aha, inkl. schweren Depressionen, aber das ist mir in dem Moment nicht als wichtig erschienen) ich kann damit jederzeit aufhören, ich muss mich nur zusammenreissen!"
Und dann, ich wollte das nicht sagen

habe ich gesagt, dass ich da eigentlich nicht dazu gehöre in diese Gruppe. Dass ich das mit mir selber ausmache, dass ich auf meine Art esse, dass ich das schon mache...also ich habe dreimal oder fünfmal wiederholt, dass ich das schon mit mir selber regle und keinen anderen dazu brauche.
Dann kamen halt Gegenfragen wie zb, warum ich es dann nicht einfach lassen kann.
Warum ich mich dann dennoch so quälen muss.
Warum ich nicht einfach vor den anderen essen kann.
Warum ich nicht einfach normal essen kann.
Das waren genau diese Gegenfragen.
Einerseits war es eine sehr gute Erfahrung, andererseits hatte ich ein scheiss unangenehmes Gefühl

so......als würde ich in einer Prüfungsstunde sitzen.
Diese Selbsthilfegruppen finden ab sofort einmal im Monat statt - samstags, die Zeiten variieren, aber keine großen Abweichungen.
Die erste "Kennenlernstunde" dauerte 2 Stunden fürs erste, wo ich aber in der Pause "abgehauen" bin.
Man kann schon gehen, wenn man zb. noch etwas anderers vorhat und so.
Aber ich hab die Tasche gepackt und mich bei dem Kursleiter verabschiedet, ihm gesagt, dass ich jetzt immer kommen werde.
Ich wollte den anderen auch sagen, dass ich gehe, aber ich konnte einfach nicht. Ich wollte einfach nur noch weg XD
Einerseits kam ich mir fehl am Platz vor (da habe ich mir was vorgemacht

natürlich gehöre ich dorthin) und andererseits war ich genau richtig.
Dann meine Tasche genommen, ruhig rausgegangen (innerlich natürlich Panik) aber als ich dann draußen war, nur noch schnell schnell weg. Mir war auch bisschen schwindelig im Kopf, alles so wirr.
Ich werde ab sofort einmal im Monat dorthin gehen
Ich bin stolz auf mich, dass ich doch gegangen bin.
Ich bin traurig, dass ich gestört bin.
Ich bin verletzt, dass ich nicht so stark sein kann, es nicht besser macen kann; obwohl ich soviele Träume und Ziele habe und ich mich wegen Essen blöd anstelle.
Ich schäme mich, weil ich nicht essen kann wie ein Normalo, weil es eigentlich nicht schwer ist.
Heute hatte ich gleich 3 FAs

aber ich habe es gebraucht. Während des großen Fressens kam dieser Gedanke: "Schau, du bist krank!"