Hallo ihr lieben, danke für eure Antworten.
Ich bin nun schon fast 3 Wochen hier und habe mich inzwischen schon ganz gut eingelebt. Obwohl ich gestehen muss, dass ich in der ersten Woche fast am verzweifeln war. Ich hätte mir nicht gedacht, dass ich mich so schnell an den Klinikalltag gewöhnen könnte, vor allem weil hier auch wirklich strenge Regeln herrschen.
Mit dem Essen läuft es inzwischen auch ganz gut und am Anfang dachte ich echt, ich spinne was ich da alles essen musste. Hab schon am ersten Tag nach dem Mittagessen geheult, weil ich ein ziemliches Vollegefühl hatte und ich mir ernsthaft dachte, dass dies keine normalen Portionen wären. Ich dachte ehrlich, dass das doch kein Mensch essen kann was die einem Vorgesetz hatten. Doch in der Zwischenzeit geht es ganz gut und ich habe mich auch schon an diese Mengen gewöhnt. Ich muss auch ganz ehrlich sagen, dass ich total überrascht bin, was man alles essen kann ohne zuzunehmen. Ich wusste ja gar nicht mehr wieviel der Körper tatsächlich braucht.
Wie schon erwähnt, gibt es hier strenge Regeln, doch die entstanden nicht ohne Grund. Am anfang dachte ich mir ehrlich, dass es schlimmer wäre als in einem Gefängnis. Ich durfte die erste Woche keinen Ausgang haben und auch keine Bewegung machen. Und das ist dort Standart. Ich habe in der ersten Woche darüber mit einer Mitpatientin gesprochen und hab ihr gesagt, dass ich das schon arg finden würde, doch sie meinte, dass sie bevor sie nach Eggenburg gekommen ist, ziemlich viel Abführmittel genommen hätte und dass sie sich sicher eines besorgt hätte, wenn sie in der ersten Woche schon Ausgang gehabt hätte. Also habe ich es aus dieser Perspektive aus verstanden.
Den Ausgang kann man sich verdienen und wird jede Woche mehr. Die erste Woche gibt es keinen Ausgang, ab der zweiten Woche bekommt man dann 3 Stunden für das einhalten der Mahlzeiten und nochmal 3 Stunden für das erreichen des Gewichtsziel. Dadurch dass ich normales Gewicht habe und wegen Bulimie und Polidoxikomonie oder wie auch immer das heissen mag dort bin, muss ich mein Gewicht halten. Und die Ausgangsstunden steigern sich dann jede woche und 3 oder 6 Stunden. Je nach dem ob man diese vorgegebenen Ziel bzw. die Regeln eingehalten hat. So hatte ich lezte Woche 7 Std. Ausgang und diese Woche 13 Std. Aber um ehrllich zu sein, Eggenburg ist so ein kleines Kaff, dass man nicht wirklich weiss, was man mit so viel ausgang machen soll. Was mach ich bloss wenn ich dann 30 std Ausgang habe?? Keine Ahnung. Wir haben heute Freitag und ich war seit Dienstag bisher nur eine Stunde draussen und das auch nur weil ich ein paar Dinge gebraucht habe.
Zweimal die Woche ist wiegen angesagt. Dienstag und Freitag, doch der Dienstag ist der Stichtag. Der Tag der Zählt für das erreichen des Gewichtziels. Und der Ausgang oder das time out wird immer von Dienstag bis Dienstag gerechnet. Ich glaube der Freitag dient dafür, dass man mal selber ne kleine Zwischenbilanz hat. Doch diese Tage sind dann immer besonders schlimm auf der Station, weil dann immer die Panik ausbricht ob man sein Ziel nun erreicht hat oder nicht, weil eben sehr viel davon abhängt.
Letzte Woche gab es auf Grund der Sonderregel wegen Pfingsten die Möglichkeit zwei Nächte nach Hause zu fahren. Diese Sonderregelung gibt es 3 mal im Jahr. Das ist zu Pfingsten, zu Ostern und zu Weihnachten. Und das sind Tage, die man nach Hause fahren darf - sofern man das Gewichtsziel erreicht hat - egal in welcher Phase man ist.
Dadurch, dass ich meine Ziele erreicht hatte und auch nach den Regeln gespielt habe, hätte ich nach Hause fahren dürfen, doch ich wollte lieber bleiben, weil ich doch erst seit zwei Wochen da war und mir das alles zu früh gewesen wäre. Ich dachte, mir würde zu Hause in meiner Wohnung die Decke auf den Kopf fallen und hätte auch nicht gewusst was ich tun sollte. Meine Zimmerkollegin ist auch da geblieben obwohl sie hätte nach Hause fahren können. Zwei Mitpatientinnen mussten hier bleiben, weil das Gewicht nicht gepasst hat.
Ich bin zur Zeit in der ersten Phase und wenn die eine Patientin nicht ins time out gerutscht wäre, dann wäre ich auch die einzige gewesen die sich in Phase eins befindet. Da hätte ich dann Montag und Freitag immer alleine zu Mittag essen müssen (abgesehen von der Essbegleitung) weil dann die Anderen die schon in Phase 2 oder 3 sind um 10 Uhr kochen haben und dann auch gleich da essen. Obwohl ich auf der einen Seite froh bin, dass ich nicht alleine in Phase 1 bin, ärgert es mich ein wenig, dass ich ausgerechnet mit jener Patientin in dieser Phase bin, denn irgendwie habe ich nicht mehr das Gefühl, als hätte sie noch die Motivation weiter zu kämpfen seit dem sie ins time out gerutscht ist. Sie redet nichts mehr und sieht auch immer nur starr auf ihren Teller. Diese eine Patientin schafft es immer irgendwie, dass wenn es ihr nicht gut geht, dass sie immer alle anderen auch mit runter zieht - ob jetzt gewollt oder ungewollt. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie nicht mehr lange da bleiben wird, weil sie ihre Zwischenmahlzeiten die wir uns aufs Zimmer mitnehmen dürfen nicht isst wie ich erfahren habe. Aber gut, das soll ihr eigenes Problem sein und nicht meines. Es sind alle alt genug und müssen wissen was sie tun. Ich lass mich auf jeden Fall nicht mehr mit runter ziehen und habe letzte Woche auch gelrent mich diesbezüglich abzugrenzen.
Mit den Therapien komme ich auch ganz gut klar. Die einzigen wo ich so mein Problem habe, ist die tanztherapie weil wir da alles machen nur nicht tanzen und die Kunsttherapie. Die ist ja die schlimmste für mich. Wir haben eine Therapeutin, die mir nicht wirklich sonderlich liegt. In meinen Augen hat die einfach einen Knall. Am Mittwoch hatte ich Kunsttherapie und hab ein Bild gemacht und wollte das Wörtchen "Vertrauen" drauf schreiben und hab unabsichtlich das "R" vergessen, so dass ich "Vertauen" geschrieben habe. Ich hab mich natürlich über diesen Fehler geärgert und hab noch mal von neuem begonnen. Die Therapeutin hat das gleich zerlegt und siziert und anlaysiert. Sie meinte das wäre interessant, dass ich diesen Buchstaben vergessen hätte und dass dann "vertauen" raus gekommen ist und das wäre doch irgendwie interessant wegen meiner Krankheit und dass das so passend wäre. Ich hab ihr dann gesagt, dass das überhaupt nichts mit dem zu tun gehabt hätte und ich einfach nur eine dämlichen buchstaben vergessen habe. Und sie meinte, ja aber vielleicht vom Unterbewusstsein her und ich hab ihr dann noch mal gesagt, dass das rein garnichts zu bedeuten hätte, und abgesehen davon, schreibt man verdauen mit "d" und nicht mit "t". Ich habe sie dann in ihrem Glauben gelassen und hab mich einfach nur geärgert für so einen blödsinn.
Die Kunsttherapie dauert immer éineinhalb stunden und eine Stunde wird gezeichnet und eine halbe stunde wird dann über die Bilder gequatscht. In der ersten Kunstthera die ich hatte, hat eine Patientin einen Gibsmaskenabdruck von ihrem Gesicht gemacht. Sie war nicht mal irgendwie bemalt, es war einfach nur diese Maske und dennoch haben wir es doch tatsächlich geschafft satte 25 Minuten über eine ganz ordinäre, dämliche Maske zu sprechen. Aber was solls? Ich werde auch diese Therapie hinter mich bringen, nur anfreunden kann ich mich nicht wirklich damit.
So, jetzt habe ich eh schon fast einen ganzen Roman geschrieben. Ich werde nun versuchen, wieder etwas regelmässiger ins Forum zu kommen, denn obwohl viele Therapien anstehen und ich gestern auch noch die Abstinenzgruppe zugeordnet bekommen habe, habe ich trotzdem sehr viel Zeit. Vor allem an den Wochenenden (wo ich eh fast keinen Besuch bekomme) und am Abend.
Re: Eggenburg - es ist so weit
#17Schöööööööööööön von dir zu lesen.
Tut mir echt leid, dass ich mich in letzter Zeit so rar gemacht hab.
Um so mehr freut es mich, dass du deinen Therapieweg so super meisterst.
Allerallerliebste Grüße
und Kuuuuuuuuuuuuuuss
Hedi
ps: und vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht
Tut mir echt leid, dass ich mich in letzter Zeit so rar gemacht hab.
Um so mehr freut es mich, dass du deinen Therapieweg so super meisterst.
Allerallerliebste Grüße
und Kuuuuuuuuuuuuuuss
Hedi
ps: und vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht

Re: Eggenburg - es ist so weit
#18das ist gut!!Ich lass mich auf jeden Fall nicht mehr mit runter ziehen und habe letzte Woche auch gelrent mich diesbezüglich abzugrenzen.
sollte ich jetzt das "gelrent" interpretieren- schmunzel...
das hat doch gaaaaanz sicher ne tiefere bedeutung
nee-im ernst
das liest sich alles sehr gut
halt uns auf dem laufenden-ok?!
lieben gruß
"Sie hatte kein eigenes Leben. Sie existierte bloß. Sie hatte keine Hoffnung, keinen "Antrieb", keine Bedeutung für sich selbst. Sie fühlte, wie sie sagte, daß "sie" unlängst "geradewegs untergegangen" war...
Re: Eggenburg - es ist so weit
#19Danke für eure Antworten.
@Hedi
Du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen deswegen, ich weiss ja, dass du oft viel um die Ohren hast. Und danke für die GC
@Zornröschen
Bitte, bitte nicht analysieren. Ich kanns ja am Mittwoch meiner Kunsttherapeutin vorlegen, der würde dazu sicher was einfallen.
Eigentlich könnte ich noch ne Menge schreiben, aber ich werde sicher im Laufe der nächsten Tage noch so einiges zum erzählen haben.
Auf jeden Fall bin ich auf mich selber stolz, dass ich mich dafür ertschieden habe, und ich es auch durchziehe - obwohl es oft hart ist. Das wäre doch glatt für mich selber eine Green Card wert. Aber ich soll laut Bezugspflege ohnehin jeden Tag etwas für mich finden, was ich positiv bewerten kann. Am Anfang war das garnicht so leicht und oft sind es nur kleinigkeiten und darum sieht man sie auch nicht, oder nimmt sie nicht so wahr weil man darüber micht nachdenkt.
Liebe Grüsse
@Hedi
Du brauchst dich doch nicht zu entschuldigen deswegen, ich weiss ja, dass du oft viel um die Ohren hast. Und danke für die GC
@Zornröschen
Bitte, bitte nicht analysieren. Ich kanns ja am Mittwoch meiner Kunsttherapeutin vorlegen, der würde dazu sicher was einfallen.
Eigentlich könnte ich noch ne Menge schreiben, aber ich werde sicher im Laufe der nächsten Tage noch so einiges zum erzählen haben.
Auf jeden Fall bin ich auf mich selber stolz, dass ich mich dafür ertschieden habe, und ich es auch durchziehe - obwohl es oft hart ist. Das wäre doch glatt für mich selber eine Green Card wert. Aber ich soll laut Bezugspflege ohnehin jeden Tag etwas für mich finden, was ich positiv bewerten kann. Am Anfang war das garnicht so leicht und oft sind es nur kleinigkeiten und darum sieht man sie auch nicht, oder nimmt sie nicht so wahr weil man darüber micht nachdenkt.
Liebe Grüsse
Re: Eggenburg - es ist so weit
#20Meine liebe JaneDoe,
danke für diesen Bericht. Therapie ist nun mal kein Zuckerschlecken. Aber das wissen du und ich ja nun beide.
Ich finde das mit der Kunsttherapie schade, das dir das nicht so behagt allerdings finde ich das vergesene R auch sehr interessant (allerdings hatte ich das nicht auf Verdauen gesetzt sondern auf deine Ursprüngliche schreibweise, vertauen st ein ausdruck um ein Schiff fest zu machen im Hafen und könnte ja auch für Bindung stehen. Aber das nur mal am Rande.
Fand ich ganz nett, denn Bindung ist ja auch ein Problem.
Also ich glaube ganz fest an dich und drück dich.
danke für diesen Bericht. Therapie ist nun mal kein Zuckerschlecken. Aber das wissen du und ich ja nun beide.
Ich finde das mit der Kunsttherapie schade, das dir das nicht so behagt allerdings finde ich das vergesene R auch sehr interessant (allerdings hatte ich das nicht auf Verdauen gesetzt sondern auf deine Ursprüngliche schreibweise, vertauen st ein ausdruck um ein Schiff fest zu machen im Hafen und könnte ja auch für Bindung stehen. Aber das nur mal am Rande.
Fand ich ganz nett, denn Bindung ist ja auch ein Problem.
Also ich glaube ganz fest an dich und drück dich.