Hallo Pfingstrose,
ich finde es gut, dass Du Deine (Therapie-)situation hier beschreibst. Mir fällt auch einiges daran auf, bzw. dazu ein. Ob Du das hören willst, ist wieder eine andere Frage.
Ich finde es auch gut, dass Du ein Beispiel geschrieben hast, was Dich stört an der Therapie, bzw. was Du nicht hilfreich fandest.
pfingstrose hat geschrieben:Da ich dauernd darauf fokusiert bin abzunehmen weil ich mich so fühle wie ein Walross und das keiner einsieht.. kriegt die Therapeutin auch einiges davon mit, weil sie mich immer nach Zielen fragt und ich da immer antworten Dünn sein usw. außerdem weiß sie ja auch dass ich dauernd diät mache ..
Als Aussage kam dann, ich solle mir ein Abnehminstitut suchen, weil ich dann dort vielleicht besser aufgehoben bin..
Ich meine, allgemein hast Du ja über deine Therapeutin geschrieben, dass Du sie nett findest und ein gutes Gefühl bei ihr hast. Sogar von
sehr nett und
sympathisch ist die Rede. Ich gehe jetzt also mal davon aus, dass sie kein taktloses Trampel ist.
Also, wenn Du in eine Therapie für Essstörungen gehst, und nennst als Ziel (immer!) dünn sein. Was soll sie dazu bitte noch sagen? Das ist als sage ich, ich möchte einen roten Pullover stricken und nehme blaue Wolle dafür. Und anschließend wundere ich mich darüber, dass es irgendwie kein blauer Pullover wird.... (analog: dass die Therapie nicht voran kommt) Da fällt wahrscheinlich der geduldigsten Therapeutin irgendwann nichts mehr dazu ein. Gut, "dünn sein wollen" ist halt ein typisches Symptom von Essstörungen wie Magersucht und Bulimie. Und es ist ja auch nett, dass Du das offen zugibst, dass das Dein Ziel ist. Aber vielleicht könntest Du Dich im Sinne Deines Genesungsprozesses mal dazu zusammenreißen, Deine Ziele zu modifizieren? Wie wäre es zum Beispiel mit:
Ziel 1: Nicht mehr dünn sein wollen.
Okay, negative Formulierung, ist schlecht. Also sagen wir
Ziel 1: Neue Ziele finden.
Wie wäre es damit?
Oder wie hast Du Dir das praktisch vorgestellt, wenn Du vom Fleck kommst und Deine Esstörung besiegst? Oder war das nie ein Ziel? Wenn ja, stellt sich wirklich die Frage, wieso Du ausgerechnet bei "So what" gelandet bist.
So what hat aber allgemein einen guten Ruf, was ich hier im Forum geört habe, sind Plätze sehr begehrt und Leute finden es schlimm, wenn ihre Therapie dort ausläuft (nach einem Jahr, glaube ich). Also würde ich Dir raten, dort zu bleiben. Und endlich was draus zu machen.
Denn, seien wir mal ehrlich: Wie viele Kekse Du gegessen, nicht gegessen hast, meidest, wieder erbrichst, oder wie Dein essgestörtes Verhalten sonst konkret aussieht, ist eigentlich relativ wurscht. Gut, für Dich ist es natürlich nicht wurscht, weil Dein Leben aus nichts anderem besteht. Für eine Therapeutin ist es aber wurscht. Weil sie weiß, dass Du irgendeinen Konflikt in Deinem Leben auf das Essen verlagerst. Und sie findet es prinzipiell interssanter, herauszufinden, was das ist, und wie man das ändern kann.
Vielleicht solltest Du mal auf der Homepage nachschauen, welche Therapierichtung Du erwischt hast. Oder Du hast zu Beginn der Therapie vielleicht mal ein Infoblatt gekriegt, wo das drauf steht? Wenn Du z.B. eine analytische Therapie machst, oder eine tiefenpsychologisch fundierte Gesprächstherapie, ist es kein Wunder, dass Deine Therapeutin nichts sagt, und Dich nur anguckt. Dann lässt sie Dich nämlich frei assoziieren und übt sich in Zurückhaltung. Bei diesen Therapieformen wird mit dem Unbewussten gearbeitet. Ich glaube aber nicht, dass Du eine analytische Therapie machst. Die arbeitet normalerweise mit 2-3 Sitzungen pro Woche. Nicht mit einer.
Verhaltenstherapie hat den Vorteil, dass der Therapeut Dir mehr sagt, was Du tun sollst. Verhaltenstherapeuten gehen davon aus, dass Bulimie ein erlerntes Verhalten ist, das Du wieder verlernen sollst. Bzw. etwas anderes stattdessen lernen. Sie suchen nach den Vorteilen (oder auch den positiven Verstärkern), die Du aus dem essgestörten Verhalten ziehst, (z.B. Aufmerksamkeit der Familie für das kranke Kind oder sowas). Und versuchen, dir was anderes beizubringen. Geht relativ schnell, deswegen ist eine Verhaltenstherapie auch kürzer als eine analytische oder eine tiefenpsychologisch fundierte Gesprächstherapie.
Allerdings merkt man als betroffener Patient oft, dass man Problem A (z.B. die Essstörung) dann tatsächlich erfolgreich abtrainiert hat. Aber Problem B (z.B. Panikattacken, SVV oder eine andere Sucht) auf einmal auftreten. Das ist dann der Punkt, wo man sich wünscht, man hätte eine tiefenpsychologische Therapie gemacht, und das Problem bei der Wurzel gepackt.... Dauert aber länger. Und, wie gesagt, wegen dem Zurückhaltungsgebot des Therapeuten hast Du weniger Orientierung. Das heißt aber nicht, Dein Therapeut interessiert sich nicht. (Oder wenigstens sollte es das nicht heißen. Kann natürlich passieren. Aber dann läuft was schief.)
Was mich wundert ist: Offensichtlich lässt Deine Therapeutin Di ja völlig frei, was Du sagst.
dazu kommt dass diese stunde dann dauernd/ hauptsächlich daraus besteht, dass ich etwas erzähle und sie mich erzählen lässt aber jetzt auch nicht fragen stellt oder wo nachfragt, das stört mich irgendwie und ich finds auch seltsam, ich könnt mich ja auch alleine hinsetzen und vor mich hinreden ...
meist erzähl ich dann was, und es folgt erstmal 2-3 Minuten nur Stille in der sie mich anschaut (keine ahnung was sie sich davon jetzt verspricht) - sie fragt nix nach und es kommt dann auch nix von ihr - und ich muss dann immer was anderes weitererzähln damits überhaupt zu irgendeinem gespräch kommt ...
und auch eventuell sachen aus der kindheit, sachen die mir passiert sind etc. sind noch nicht mal zur sprache gekommen
Tja, wenn sie Dich die ganze Zeit frei machen lässt (aus Deiner Sicht
zu frei.) Wie kommt es dann, dass Du nicht über das redest, worüber Du reden willst? Willst Du irgendwelche Erwartungen von ihr erfüllen? Tust Du sonst im Leben auch die Dinge, von denen Du willst, dass Deine Umwelt sie erwartet? Wie wäre es mal, Du nutzt Deine Therapie, um mit den Erwartungen zu brechen, und redest das, worüber Du reden willst? Eine Therapie ist schließlich die Möglichkeit, in einem geschützen Rahmen, neue Verhaltensweisen auszuprobieren.... Wie gesagt:
Nutze sie!!!
Du kannst sie natürlich auch abbrechen und in den Müll stecken. Aber ich glaube nicht, dass Dir damit geholfen ist. Und bei näherem Hinsehen wirst Du wohl feststellen, dass selbst Selbstgespräche nicht das gleiche sind.
Ansonsten gibt es im Internet (und in Büchern) natürlich umfangreich Informationen über verschiedene Therapierichtungen, wie sie funktionieren und wie sie ablaufen. Sollte man sich als mündiger Patient natürlich auch mal reinziehen. Und beim Lesen immer bedenken, wer es schreibt. Natürlich stellt jeder Therapeut seine Form als das Nonplusultra dar...
LG
Sophie