#24
von inner-child
Trigger
Hallo,
ich versuche gerade die treffenden Zeilen zu finden.
Ich merke, dass ich ohne Therapie in ein Loch gefallen bin, ich konnte weder meine Fähigkeiten nutzen, noch meine Unfähigkeiten. Seitdem sie nicht mehr lebt, lebe ich anders und zwar so, als wäre hinter mir ein schwarzes Loch, das immer da ist.
Gestern hatte ich einen Anfall und meine Mutter versuchte mich zu trösten. Die Thera, auch wenn ich es nicht immer wahrhaben wollte, war die einzige, die mir eine besondere Art von Trost geben konnte. Und gestern schwappte alles über und meine Mutter konnte mir diesen Trost nicht geben.
Ein paar Verwandten waren zu Besuch und ich schaffte es das erste Mal nicht stark zu sein. All die über 20 Jahren kam ich ihnen wie ein Stein vor, wie ein Mensch, der nur kühl rüberkommt und es schien, niemand könnte mich verletzen und ich würde niemals Schwäche zeigen.
Wir saßen in der Runde. Alle waren sie laut. Anstrengend und laut. Ich erkannte Freude in ihren Augen, ich erkannte das Fehlen ihrer Sorgen. Ich mache mir über so vieles Gedanken und über so vieles Sorgen, dass das absolut krass ist.
Sie lachten und hatten einander. Sie bildeten Parteien, ein Team und jeweils ein Paar und da fiel es mir auf: ich habe niemanden. ich bin allein.
Und es war ein schreckliches Gefühl, ein sehr schlimmes. Mir kam so vor, als würde mir alles genommen. Mitten in deren lauten Gelächter weinte ich los, und dann schrie ich.
Bemerkenswerter Weise ging ich in den Trubel unter und erst nach 10 Minuten, als es dann zu einem Anfall wurde, fiel ich auf. Es wurde leiser, die Augen größer und dann die Frage: "Was ist denn los?"
Und ich: "Mir kommt vor, als würde ich ertrinken. Ich gehe vor euren Augen unter und keiner kann mir helfen. Ich bin voller schlimmer Sorgen. Voller Schuldgefühle. Ich kämpfe und kämpfe und gehe vor euren Augen unter!"
Danach bekam ich viel Ärger von meinem Vater, sehr viel. Es gab viel Krach, es wurde viel geschrien. Die Gäste hörten mit, aber sie sagten nichts dazu.
Später sagte ich meiner Mutter, dass mir meine Therapeutin fehlt. Dass ich es schlimm finde, dass es anscheinend jeden so gut geht und mir absolut schrecklich. Dass ich jeden Tag weine und weine, während die anderen lachen, sie Freude, Fröhlichkeit empfinden und Glück erfahren.
Ich nahm mir vor, mich für nichts zu entschuldigen, für meine Gefühle wollte ich mich nicht entschuldigen. Aber ich musste mich viel rechtfertigen, verdammt viel. Gestern habe ich verdammt viel geweint, geschrien und gebrüllt.
Heute erfuhr ich eine neue Note. Eine 2. Jetzt erfuhr ich, dass mir meine Eltern bei der Jobsuche helfen. Gestern erfuhr ich per Mail von meinem Professor, dass ich zu seiner schweren Voraussetzungsprüfung für Ende Mai zugelassen wurde. Mir wird das alles zu viel. Obwohl ich voller Langeweile untergehe.
Jeden Tag muss ich gegenüber meinem Vater Demut, Dankbarkeit und Rechfertigungen entgegen bringen.
Sie greifen immer mehr in mein Leben ein. Sie bestimmen immer mehr. Und ich kann nichts dagegen tun.
Liebe Frau L., würden Sie noch leben, dann würde ich Ihnen davon berichten und Sie hätten mir Trost geben können, Sie hätten mich besänftigt, Sie hätten einiges verhindern können.
Aber hinter mir kst ein immer größer werdendes schwarzes Loch. Das Loch macht laute Sauggeräusche, es kreischt und ist wie ein Wirbelsturm.
Vielleicht habe ich Angst, mir wurde alles zu viel. Heute ist der Besuch wieder gegangen. Seitdem konnte ich mich wieder beruhigen.
Wenn da viele Leute hinter mir stehen, die vorgeben eine Familie zu sein, die aber mich hasst, dann macht mich das nervös, dann will ich sie alle nicht.
Wenn da niemand hinter mir steht, dann kann ich befreit mein Leben führen.
Unter den Menschen bin ich so verdammt einsam, das ist echt wahnsinnig schrecklich!
Wenn ich alleine bin, dann kann ich mich ordnen, dann fühle ich mich geheilt.
Vielleicht habe ich nicht genug geweint. Nicht genug gebrüllt. Ich habe mich gestern vor den Leuten selbst pausenlos geohrfeigt, ich war voller Weißglut, voller Hilflosigkeit - ich hasste all das und musste mich bestrafen, weil ich letztendlich mir für alles die Schuld gebe und mich hasse. Ich habe mich auch selber ins Gesicht geboxt, die Wut wurde grenzenlos größer und so habe ich noch mehr geboxt.
Aber jetzt kann ich sagen, dass ich meine eigene Herrin über mein Leben bin. Ich habe mich schikaniert. Mir war es aber wichtig, mich das erste Mal in meinem Leben nicht zu verstecken, sondern mich zu zeigen.
Seitdem habe ich nichts mehr von der Verwandtschaft gehört. Keine Sms. Keine Rückmeldungen.
Bin zur Mama gegangen und sie zeigte mir, dass es okay war. Und jetzt soll es weitergehen. Uni, Job, Prüfungen, Lernen, Geld.
Und stolz sagte Mama: "Wenn du in die Forschung gehst, dann kannst du dich dem voll und ganz widmen!" Und ich: "Dann werde ich darüber hinwegkommen, dass ich kein Privatleben habe. Dass ich kein eigenes Leben habe. Dann habe ich die Berechtigung dafür, denn ich gebe mich voll und ganz der Wissenschaft!"
Ob es um das Geld geht? Um Wissen?
Ich will umarmt werden. Und wehe, es hört auf. Ich würde all mein restliches Geld hergeben, nur um für immer umarmt zu werden.