#659
von Keiko
Tausend Warums in meinem Kopf ...
Warum kann ich nicht einfach mal was gut machen? Warum lebe ich nur in seltenen Momenten der Spiegelung und Interaktion auf? Warum bilde ich mir manchmal ein, ich hätte Potenzial und in mir würde etwas Wichtiges stecken, doch wenn ich in mich hineinblicke, sehe ich nur ein zusammengekauertes Nichts? Warum kann ich so gut schauspielern, wenn die ganze Scheiße mich doch nur noch weiter vom Kurs abbringt? Warum kann ich so gut reden, wenn ich doch keinen inhaltlichen Nährwert in mir habe, um die leeren Worthülsen zu füllen? Warum kann ich grundlegende Dinge eben nicht - so wie leben, essen, unbeschwert und ausgeglichen sein? Warum schwebt da immer so ein Schatten über mir? Warum kann ich mich nicht akzeptieren? Warum bringe ich mich immer wieder in Situationen, die mir nur beweisen, dass ich eine Versagerin bin und immer wieder scheitern werde? Warum habe ich einen Körper, wenn ich ihn bloß prügele und missachte? Warum habe ich ein Gehirn, wenn es sich immer wieder selbst ein Bein stellt? Warum habe ich eine Seele, die aus sich nichts schöpfen kann und niemals zufrieden ist? Warum habe ich eine Familie, wenn ich mich fühle, als käme ich gar nicht von diesem Planeten? Warum habe ich einen Freund, wenn ich mit seiner Liebe nicht umgehen kann? Warum werde ich überhaupt geliebt? Warum verkennen sie mich so? Warum drehe ich mich Tag für Tag im Kreis und springe immer wieder auf dieselbe Stelle zurück, wie eine Schallplatte, die einen Riss hat? Warum bin ich gleichzeitig so egozentrisch und voller Verachtung für mich selbst? Warum fällt es mir so schwer, eine Balance zu finden? Warum fällt mir überhaupt alles so unendlich schwer? Warum genüge ich den Anforderungen des Lebens nicht? Warum bilde ich mir ein, andere merkwürdige Anforderungen zusätzlich auf mich projizieren zu müssen? Warum nehme ich jeden Scheiß persönlich? Warum schiebe ich so vieles vor mir her, obwohl ich mich besser fühlen würde, wenn es erledigt wäre?
Ich dreh durch, ernsthaft. Vielleicht war ich einfach schon immer durchgedreht.
"Denn wenn es eine Sünde gegen das Leben gibt,
so besteht sie vielleicht nicht so sehr darin, an ihm zu verzweifeln,
als darin, auf ein anderes Leben zu hoffen
und sich der unerbittlichen Größe dieses Lebens zu entziehen."
Albert Camus