der tag danach - und jetzt?

#1
hallo, ihr lieben.

jetzt hab ichs also hinter mir. gestern wurde sie beerdigt. und alle haben mir gesagt, ich habe auch selbst gedacht, dass es dann besser wird. aber das ist es nicht. vielleicht erwarte ich zuviel? irgendwie ist es seit gestern noch schlimmer. bin so unendlich traurig und wütend.
zu den bildern von ihr mischen sich nun die bilder der beerdigung. meine zitternde, schluchzende oma. die ganzen leute, die blicke. ich selbst, wie ich total von meinen gefühlen eingeholt werde.
es sind bilder die schmerzen. ich bekomme sie nicht mehr aus meinem kopf. fühle mich so einsam und unverstanden. so alleine gelassen mit meiner trauer. und doch sind meine freunde doch da. nur kann ich sie nicht durchlassen. durch diesen verdammten schutzwall, den ich wieder aufzubauen beginne.
fühle mich so kraftlos und leer. empfinde vieles als sinnlos, was mir vor kurzem noch sehr wichtig war. vieles als unbedeutend, was mich noch belastete.
ich bin so aus meinem gleichgewicht gerissen. weiss nicht mehr, wie es weitergehen soll. habe angst, mich nicht mehr darausziehen zu können.
wie soll ich denn mit der trauer umgehen? mit der wut? den schuldgefühlen? wie soll ich das nur tun? ich weiss es einfach nicht. weiss so langsam gar nichts mehr.

#2
Hallo Jen,

das tut mir alles sehr leid für dich. Fühl dich von mir gedrückt.

Darf ich fragen, wer gestorben ist? Mußt nicht antworten, wenn du nicht magst...

LG, Jody
Sage laut was du willst - wer schweigt kriegt die Reste!

#4
... und danke für das drücken. das ist zur zeit das einzige, was mir trost geben kann. einfach mal in den arm genommen und ganz lange festgehalten zu werden...
danke

#5
mensch jen,
verdammt blöd nur, dass eben soein forum vielleicht der richtige ort sein kann um sich mal auszuschütten, aber eben leider keine wirklich menschliche nähe möglich wird.
es tut mir so leid, - mag gar nicht im kopfe die vorstellung zulassen, dass du dich einsam fühlst mit deinem leiden.
"Gott ist tot." Nietzsche
Nietzsche ist tot. Gott.

#6
Hallo Jen,
und danke für das drücken

gerne! :wink: hast du denn im richtigen leben keinen der das mal machen könnte? ich weiß wie wichtig das ist, geht mir auch so. Aber leider ist auch keiner da... :(
. hab ja auch schon ewig viel hier im forum erzählt.
Sorry hab ich gar nicht gelesen. ich war lange nicht mehr hier.. :oops:

Oh man, das mit der Tante habe ich auch noch vor mir. Meine Tante ist gerade mal 44 und hat zwei Töchter. Sie hatte schon mit Anfang 30 Schilddrüsenkrebs und mehrer Arterienverkalkungen. Ein Arm mußte ihr fast amputiert werden. Jetzt hat sie schon wieder einen bösartigen Magenkrebs der schon gestreut hat. Sie kriegt Morphium und Cannabis als Heilmittel... :? Naja, das Problem ist: Sie raucht zuviel. Sie schafft es nicht aufzuhören obwohl die Ärzte sagen, dass sie dann eine größere Chance hätte. :( Die Arterienverkalkungen kommen daher. Sie hat immer blaue, kalte Hände und Füße. Auch im Sommer....

Naja, auf jedenfall hat sie auch nicht mehr lange, genaueres sagen die Ärzte noch nicht...

Tut mir leid, jetzt habe ich dich mit meiner Tante vollgelabert. kam nur grad so hoch... :(

Wie gehts dir heute?

LG,. Jody
Sage laut was du willst - wer schweigt kriegt die Reste!

#7
doch, ich habe eigentlich unheimlich liebe freunde, die mich jederzeit in den arm nehmen, die für mich da sind und mit mir auch schon einiges durchgestanden haben.
mein problem war in den letzten tagen nur, dass ich es nicht zulassen konnte. immer stark getan habe, aus angst, völlig zusammenzubrechen. und gerade das umarmen löst bei mir oft richtige heulkrämpfe aus, die mir letztendlich gut tun, aber im entscheidenden moment oft sehr unangenehm sind. solange ich es unterdrücke, kann ich "normal" weiterleben. lasse ich es raus, gerät alles durcheinander. eben, weil es mich so mitnimmt.
aber ich mache fortschritte. habe gestern noch eine freundin getroffen und bin auch jetzt gleich mit einer verabredet. das ist wohl eines der wenigen dinge, die mir jetzt helfen können. menschliche nähe und das gefühl, geliebt zu werden. das gibt schon halt.
ansonsten hat sich nicht viel geändert. das schlimme sind die nächte. schrecke alle paar minuten mit schreien auf, erschrecke wegen kleinigkeiten extrem, kann meine gedanken nicht anhalten, komme absolut nicht zur ruhe. es wär so schön, wenn ich jetzt in einer beziehung wäre und nachts jemanden an meiner seite haben könnte. fühl mich oft einsam und habe angst.

@ jody: hey, entschuldige dich doch nicht. gerade mir kannst du sowas doch jetzt erzählen. muss wohl sehr schwer für euch sein. meine tante war auch 44. nur das problem ist, es kam total plötzlich und wir wissen nich mal die ursache.
versuche, die zeit zu nutzen und ihr das zu sagen, was dir wichtig ist.

ich hoffe, ich finde bald ein bisschen ruhe. bin schon allein körperlich völlig am ende. bin den ganzen tag über ganz zittrig und schwach, habe kopfschmerzen und kann nicht aufhören, über all das nachzudenken.
und das schlimmste sind die leute. diese wut
hätte nie gedacht, dass mich menschen nochmal so enttäuschen könnten.

lg, eure jen

#8
hallo, meine lieben.

heute gehts mir schon etwas besser. es tat so gut, gestern meine freundin zu treffen. es ist schön zu wissen, dass da jemand da ist. dass ich nicht alleine damit fertig werden MUSS. sie hat mir sogar angeboten, dass sie eine weile bei mir schläft oder ich bei ihr, damit ich etwas mehr ruhe finde. das ist soooo lieb.
fühl mich irgendwie schon nich mehr einsam und auch etwas beruhigter...

ganz liebe grüße,

eure jen

#9
Liebe jen

(Zu) lange haben wir nichts mehr gehört voneinander. Und nun wieder aus so einem traurigen Anlass.

Ich entbiete dir mein herzliches Beileid zum Tod deiner Tante. Ich kenne die Verhältnisse in deiner Verwandtschaft natürlich nicht, doch die Tatsache, dass dich ihr früher und unerwarteter Tod derart aus der Bahn wirft, sagt mir, dass ihr euch sehr nahe gestanden sein müsst.

Ihr Tod hat nun eine Lücke gerissen. Du hast keine Ahnung zur Zeit, ob und wie diese geschlossen werden könnte. Und immer in einem solchen Fall taucht dieselbe Frage auf: Warum? Warum gerade sie? Warum so jung? Und wie immer gibt es keine Antwort.
Folgender Satz mag dir vielleicht ein bisschen Trost sein:
Trauere nicht der Zeit nach, die du nun nicht mehr mit der Tante verbringen kannst, sondern sei froh und dankbar, dass du viele schöne Stunden mit ihr zusammen hast verleben dürfen und ein wichtiger Mensch in ihrem Leben gewesen bist, der sie auf ihrem Lebensweg begleiten durfte.

Liebe jen, es ist richtig, dass du trauerst. Lass deinen Gefühlen ruhig freien Lauf. Die Leute, die wissen, was geschehen ist, werden das auch verstehen.

Lass dich drücken. Ich wünsche dir viel Kraft in diesen schweren Stunden.

lg
Peter
Auch mit in den Weg gelegten Steinen kann man ein gutes Bauwerk errichten

#10
lieber peter,

vielen dank für deine worte. stimmt, leider haben wir lange zeit nichts mehr voneinander gehört.
ich versuche es wirklich so zu sehen. dankbar für die stunden zu sein anstatt traurig darüber, dass es nicht mehr waren. das gibt halt und trost. nur leider nicht immer. manchmal kann ich es einfach nicht so sehen. mache mir vorwürfe, dass ich nicht mehr mit ihr unternommen habe, nicht mehr mit ihr geredet habe, sie nicht einfach mal umarmt habe. ich habe es immer aufgeschoben. mir gesagt, dass ich es eines tages tun werde. dieses schema, dass in unserer familie keine gefühle gezeigt werden, durchbrechen kann. doch bei ihr habe ich das nicht geschafft. ich hatte sie gern. und ich habe ihr das nie gesagt. vielleicht hat sie gemerkt, dass ich versucht habe, es ihr zu zeigen. das über jahre hinweg verzweifelt versucht habe. ich hoffe so, dass sie es gemerkt hat. und ich hoffe so, dass ihr tod nicht so grausam war, wie ich ihn mir vorstelle. dadurch, dass wir die ursache nicht wissen, male ich mir in meinen gedanken die schlimmsten dinge aus. ich habe angst, dass sie leiden musste. dass sie sich alleine gefühlt hat. ich will mir das gar nicht vorstellen...
trauer zulassen ist wichtig. aber hört das auch irgendwann wieder auf? ich fühle mich so haltlos im moment. ganz untypisch für mich. stehe doch immer voll im leben und habe so viele schöne ziele. wurde von mitpatienten damals sogar oft "der sonnenschein der station" genannt. hab immer so viel gestrahlt, einen blick für das positive gehabt. habe mein ding trotz hindernissen immer durchgezogen. bin meinen weg gegangen. und jetzt? jetzt stehe ich und kann mich nicht vom fleck rühren. sehe die schönen dinge, an denen ich mich damals immer so gefreut habe, nicht mehr. kommt das bald wieder? werde ich bald weitergehen können? ich erkenne mich so gar nicht...
danke für deine lieben worte und die kraft.
lg, jen

#11
Das mag alles stimmen, wie du dich beschreibst. Doch dann kommt ein unerwarteter Todesfall eines lieben Menschen, und man wird völlig aus der Bahn geworfen. Ich denke, das ist eine natürliche Reaktion des Körpers. Denn der Tod hat etwas endgültiges. Sie ist nicht einfach in Urlaub gefahren oder für ein Auslandjahr in einen andern Kontinent. Sie wird NIE mehr kommen. Das ist, was dich aus der Bahn wirft. Und natürlich auch, dass du nicht weisst, warum.

Die Trauer wird kleiner werden mit der Zeit. Du wirst mehr und mehr auch wieder die schönen Sachen auf dieser Welt erkennen können. Ob das jedoch BALD sein wird, weiss niemand.

lg
Peter
Auch mit in den Weg gelegten Steinen kann man ein gutes Bauwerk errichten
cron