Re: Hartz 4

#16
@Nads
ich denke mal,das Du allein durch Deinen Beruf,da viel mehr Einblick in die wahre Realität hast,wie ich.
Hab selbst ja nicht viel Erfahrung mit Menschen diesbezüglich aber spür einfach,das da was ganz schrecklich falsch läuft.

@All
Ich werd jetzt auch nicht viel Faktenwissen beitragen können zu diesem tread,ich kann nur von meinen Gefühlen sprechen.

Janigrüße
ich bin kein Opfer!!!

wer soll die Antwort wissen,wenn nicht Du?
von "Jan Eisklar"

Die wirkliche Macht haben Jene,die nichts mehr zu verlieren haben

Re: Hartz 4

#17
Hallo,
ich habe hier noch nie geschrieben, bin jedoch schon lange stiller Mitleser. Da mich dieses Thema selbst betrifft/belastet und es für mich z. Z. noch einfacher ist, darüber offen zu schreiben als über B, muss ich mich mal eben einklinken.
Im Betrieb hatten wir häufig wechselnde 1-€-Kräfte (Hartz4-Empfänger mit 1-€-Job) und viele von denen fielen in die Kategorie "Schmarotzer". Leute, die gar nicht arbeiten wollen und das auch recht deutlich gezeigt haben. Doch es waren auch ein paar darunter, die was drauf hatten, arbeiten wollten, sich engagiert haben und absolut zuverlässig waren. Diese Leute wurden dann manchmal vom Betrieb übernommen und waren froh, von Hartz4 weg zu sein, auch wenn der Job nicht so gut bezahlt wurde. Ich hatte ehrlich gesagt auch Vorurteile. Wenn ich gehört habe, wieviel Geld die Leute vom Staat bekommen, was sie alles bezahlt kriegen und mir blieben im Monat nicht viel mehr, obwohl ich mir im Job so den Hintern aufreiße. Und dann kommt da auch noch z. B. einer Anfang 20 und erzählt stolz, wie er den Staat bescheißt und wie er es anstellt, sich immer vor Arbeit zu drücken... Ich dachte also lange, dass es den Hartz4-Empfängern viel zu gut geht. Doch dann hat es mich erwischt.
Ich wurde vor etwas über einem Jahr aufgrund meiner psych. Probleme arbeitslos. Bin schon recht lange psychisch krank (ES + Depressionen), was allerdings nie starke Auswirkungen auf mein berufliches Weiterkommen hatte. Habe mich dann in dem Betrieb, in dem ich 4 Jahre lang war, permanent überarbeitet ("sozialer Bereich") und irgendwann ging einfach nichts mehr, ich war ein Wrack.
Schon als ich 1 Jahr lang Arbeitslosengeld1 bekam, musste ich mit Hartz4 aufstocken, da mein Job so schlecht bezahlt war, dass ich mit Arbeitslosengeld1 nicht mal für die Miete für meine Wohnung hätte aufkommen können. Somit falle ich also schon seit Beginn meiner Arbeitslosigkeit unter "Hartz4".
Vom ersten Tag an wurde ich auf sämtlichen Behörden behandelt wie ein Schmarotzer... Obwohl aus meinem Lebenslauf deutlich hervorgeht, dass ich stets gearbeitet oder Ausbildung/Schule/Abi gemacht habe, wurde ich dort wie ein Mensch zweiter Klasse behandelt. Obwohl ich psychisch erkrankt war (von Ärzten und Therapeuten bestätigt), wurde mir unterstellt, ich wolle nicht arbeiten. Wohnungssuche bei Hartz4?! - Kann man so gut wie vergessen, wenn man nicht gerade in den schlimmsten Sozialbau ziehen möchte. So oft wie ich von Vermietern hörte: "Nein, keine Hartz4-Empfänger!", selbst wenn sie mich persönlich kennengelernt haben und es schwarz auf weiß hatten, dass ich noch nie Mietrückstände oder Probleme mit Vermietern hatte... "Nichts gegen Sie persönlich, aber wir wollen keine Hartz4-Empfänger."
Ich weiß nicht mehr, wie oft ich nach solchen und ähnlichen Gesprächen oder nach Terminen bei Behörden geweint habe. Wenn man Depressionen hat und sich selbst eh schon für Abschaum hält, wird sowas zum Genickbruch. Ich hätte mich einerseits darum gerissen, wieder irgendwo zu arbeiten, doch andererseits war es ganz deutlich, dass ich wirklich nicht mehr konnte, dass ich wirklich "fertig" war.
Zum Glück geht es mir momentan dank Therapie und dem richtigen Antidepressivum wieder so gut, dass ich in Kürze eine Art Umschulung machen kann. Und ich hoffe sehr, danach aus dem Hartz4 wieder rauszukommen, werde mich in ganz Deutschland oder sogar ganz Europa bewerben, da mich hier nichts hält. Hauptsache ich komme wieder aus dem "Menschen-zweiter-Klasse-System" heraus! Ich hoffe sehr, dass ich so lange durchhalte. Mein Kontostand schrumpft täglich, was aber hauptsächlich daran liegt, dass ich zwei chronisch kranke Haustiere habe, die regelmäßig Medikamente brauchen und zum Tierarzt müssen (ich würde sie niemals weggeben solange ich noch für sie sorgen kann!). Muss also an mir selbst sparen so viel wie möglich und abwarten, wie lange das noch gut geht.
Ich schätze, dass die Sozialschmarotzer schon noch eine Minderheit sind. Und ja, ich bin sauer, dass ich wegen dieser Minderheit auch oft danach behandelt werde, obwohl ich nicht dazugehöre. Einerseits bin ich sauer auf die Sozialschmarotzer, weil die den Ruf anderer Menschen in den Dreck ziehen. Andererseits bin ich auch sauer auf Menschen, die andere über einen Kamm scheren und der Überzeugung sind, dass alle Hartz4-Empfänger faule Säcke sind. Ich frage mich, warum die das tun?! Hat nicht mittlerweile fast jeder einen (weitläufigen) Bekannten/Verwandten, der in Hartz4 geraten ist, der kein Schmarotzer ist sondern verzweifelt Arbeit sucht, um da wieder rauszukommen?! Ich verstehe nicht, wie man alle Hartz4-Empfänger als faule Säcke bezeichnen kann. Dann kann man gleich weitermachen bei: Alle Rentner = ? Alle Lehrer/Ärzte/KFZ-Mechaniker/etc. = ? Und wohin soll sowas denn führen?!
Sooo, war ein ziemlich langer Beitrag. Hoffe er hat niemanden verwirrt (außer mich selbst zwischendurch mal :) ) oder verärgert. Das musste einfach mal raus. :oops:
Liebe Grüße
Marlene

Re: Hartz 4

#20
Hallo marlene,
auch von mir ein herzliches Wilkommen und vielen dank für Deinen wertvollen Beitrag!

Janigrüße :D
ich bin kein Opfer!!!

wer soll die Antwort wissen,wenn nicht Du?
von "Jan Eisklar"

Die wirkliche Macht haben Jene,die nichts mehr zu verlieren haben