... und wie geht es weiter ?

#1
Das ist jetzt nicht ganz einfach in dieses Forum zu schreiben. Aber ich bin als Freund einer bulemischen Freundin nach 2 Jahren etwas ratlos geworden.

Wir beide haben einen Altersunterschied von 15 Jahren (ich älter als sie). Ich wusste seit Beginn unserer Partnerschaft, dass sie Bulemie hat. Um alles verstehen lernen zu können, habe ich mich sehr ausgiebig mit dieser Krankheit auseinander gesetzt. Bücher, Fernsehen und Gespräche mit mir bekannten Ärzten. Und noch etwas ... ich liebe diese Frau, es hat nichts mit Helferleinsyndrom zu tun. Allen, die am Anfang einer Freundschaft oder Liebe mit einer Bulemikerin stehen seien gewarnt. Es wird Euch, wenn ihr es wirklich probieren wollt, ihr ein Partner zu sein, unendlich viel Kraft kosten. Es wird sehr heftige Rückschläge geben, aber auch viel Begeisterung über Fortschritte. Es werden Tränen fliessen, Fetzen fliegen und manchmal werdet ihr Euch fragen, was ihr da tut. Es bedarf sehr viel Liebe für einen Menschen, sehr viel Verständnis und noch mehr Zeit. Und Geduld. Wer immer diesen Schritt wagt, hat meinen grossen Respekt und ich wünsche ihm alle Kraft dieser Welt.

Warum ich schreibe? Wir haben zusammen viele Fortschritte erzielt. Sie hat erkannt, dass ihre Krankheit nur sehr wenig mit Aussehen zu tun hat, sondern die Pobleme im seelischen Bereich liegen. Sie macht eine Therapie bei einem Psychologen, nur der hat leider nichts getaugt. Momentan gibt es keine ärtzliche Betreuung mehr. Und das ist das Problem. Wir stagnieren und sie redet nicht mehr offen mit mir.

Kann mir jemand, der selber von Bulemie betroffen ist weiterhelfen? Wo ist der Hebel, um einen guten Beginn wieder fortzusetzen? Gerne erzähle ich mehr von uns, wenn das nötig sein sollte. Ich bin sehr offen und ehrlich. Wäre schön, wenn mir ein Beitrag wieder den Mut geben könnte weiter zu machen.

#2
hallo caruso!

hm... mit deinem problem bist du nicht allein. fühl dich verstanden :wink: .

ich selber hatte eine essstörung und mein freund/die beziehung hatten zeitweilig sehr darunter zu leiden.
mein freund hatte viel geduld, viel verständnis und noch mehr kraft an den tag zu legen.
und na ja... jetzt bin ich gesund :wink: und wir sind immer noch zusammen.
solang du also liebst und die kraft hast zu kämpfen, behalte dir deine hoffnung! :)

es kommen immer wieder einmal rückschläge und zeiten in denen es nicht so läuft.
das positive und eigentlich wichtige ist, dass deine freundin gesund werden möchte und dafür kämpft! auch, wenn sie hänger hat.

was man deiner freundin nun raten kann, weiß ich nicht wirklich. ich weiß auch nicht, wo ihre tieferen probleme liegen und in wie fern deren lösung wichtig ist für das loswerden der essstörung. (bitte fühl dich jetzt nicht verpflichtet, davon zu schreiben! das ist eure private sache und nicht jeder mag so offen sein.)
wichtig ist immer, dass man geregelt und über den tag verteilt isst. das hilft schon mal viel... dem körper, fressanfallsvorbeuge, der psyche...
deine freundin soll sich auf dinge konzentrieren, durch die sie sich wohlfühlt.
du kannst ihr auch helfen, sie aus ihrem schneckenhäuschen zu ziehen, in das sie sich verkriechen will, wenn es ihr mal wieder schlecht geht.
tag für tag... und sich nicht selbst fertigmachen, wenn es schlechter geht oder ein rückfall da war.
diese dinge passieren und gesund wird niemand von heute auf morgen :wink: .

wie sieht es denn mit therapeutischer betreuung in der zukunft aus?
gibt es da aussichten?

lg
mari

#3
Lieber Caruso.
Ich weiß nicht in wie fern es in Deinem Leben weiter gegangen ist mit Deiner Freundin aber ich würde diesen Thread gerne noch mal in den Vordergrund holen weil ich es sehr beeindruckend fand wie Du das Leben mit einer Bulinikerin beschrieben hast.
Es trifft den Nagel auf den Kopf und ich hoffe natürlich das ihn auch einige Angehörige lesen werden um ihnen klar zu machen was alles auf Sie zu kommt.
Natürlich würde mich auch interessieren wie es weiter gegangen ist.
Bin in letzter Zeit öfter hier aber es ist nicht immer einfach das aufzuholen an wissen wie die Geschichten der anderen so verlaufen sind und manchmal fühlt man sich hier auch nicht richtig dazugehörig.
Das soll jetzt auf gar keinen Fall ein Vorwurf sein aber es ist halt manchmal nicht einfach weil sich doch viele schon eine ganze Zeit lang kennen und Regelmäßig hier sind.
Ich bin dankbar diese Seite gefunden zu haben denn es gibt einige die mir an manchen Tagen sehr geholfen haben.
Also lieber Caruso.
Vielleicht kann ich ja über diesen Thread einiges von Dir und Deinem leben mit einer Betroffenen erfahren und lernen denn ich habe sehr große Angst eine neue Beziehung einzugehen weil man irgendwie wieder von vorne anfangen muss auch in Hinsicht der Bulimie.
Man muss alles wieder erleben um den neuen Partner nicht zu hintergehen und von Anfang an ehrlich in die Beziehung gehen zu können.
Würde mich freuen von Dir zu lesen.
Das Sonntagskind

Caruso hat geschrieben:Ich habe mich in einer stillen Stunde mal hingesetzt und überlegt.

Folgendes ist dabei herausgekommen für uns Betroffene:

Wir sind keine Therapeuten. Wir sind Freunde. Verhalten wir uns so, erhöht das die Chance, sich einen Therapeuten zu suchen, der wirklich helfen kann. Es erspart viel Frust und Schuldgefühle.

Schlüpft nicht in die Rolle des überlegenen Helfers, weil dann nur noch die Rolle der kleinen hilflosen Person übrigbleibt. Redet auf "gleicher Augenhöhe" miteinander. Das erhöht den Selbstrespekt und damit die Chance auf Genesung.

Gespräche über Gewicht, Figur, dünn, dick etc. gehen in der Regel nach hinten los. Egal, was wir sagen. Lieber das Gespräch dort suchen, wo der Schuh wirklich drückt.

Keine Kontrolle unsererseits! Aber auch keine Kontrolle über uns. Akzeptanz der Realität. Den oder die Kranke sehen, wie sie wirklich ist und nicht wie wir es gerne hätten.

Die Beziehung findet JETZT statt. Hier und heute. Nicht in unseren Träumen oder Wünschen ".. wie wird es einmal sein, wenn .."

Gesprächsbereit sein, aber nicht "allzeit bereit".

Freiräume geben und selber nehmen.

Hinhören können, aber nicht immer lösen wollen.

Ernst nehmen, sehr ernst nehmen und noch mal ernst nehmen. Wir wollen es ja auch, dass man uns ernst nimmt.

Toleranz aufbauen und eine gewisse Gelassenheit, aber ohne alles toll zu finden, was passiert. Spielregeln entwickeln miteinander.

Ärger muss raus. Auf beiden Seiten.

Auch die eigenen Probleme auf den Tisch legen. Es ist ein Geben UND nehmen.

Nicht zu weit in die Zukunft planen. Es ist ein Weg der kleinen Schritte.

Den Spass haben miteinander nicht vergessen. Gemeinsam und mit anderen.

Enttäuschungen nicht verdrängen und bitte nicht lügen.

Vertrauen schenken !!!


Ich hoffe, es hilft dem ein oder anderen, der es liest.
Ich komme (falsch - wir kommen) damit wunderbar klar.

Lieber Gruss und alles Gute
Caruso
Das stammt aus " EIN PAAR ALLGEMAINE DINGE FÜR ANGEHÖRIGE"
Was mich sehr beeindruckt hat und ich finde wir Betroffenen sollten uns das öfter vor Augen hallten denn es geht nicht immer nur um uns. Auch wenn wir das anders sehen.
Angehörige müssen daneben stehen bleiben und uns dabei zugucken wie wir uns zu Grunde richten.
Vielen von uns ist glaube ich gar nicht klar wie man sich als Angehöriger fühlt. Sie wollen im Grunde nur unser bestes auch wenn wir uns oft einfach nur angegriffen fühlen.
Wir müssen uns darüber klar werden was wir unseren Familien und Freunden eigentlich mit unserem verhalten antun
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