An alle Freunde/Partner (Erfahrungen eines Ex-Freundes)
Verfasst: Mo Jan 06, 2014 22:12
Hallo,
dieser Post richtet sich v.a. an Freunde bzw. Partner von Menschen mit Bulimie, vielleicht öffnet er aber auch dem ein oder anderen Betroffenen die Augen.
Ich war selbst ein Jahr lang Partner einer Bulimikerin, und habe seit der Trennung sehr viel darüber nachgedacht.
Dies soll dabei helfen, die Krankheit Bulimie und den Menschen dahinter besser zu verstehen.
ACHTUNG:
Alles, was ich schreibe, basiert auf eigenen Erfahrungen.
Dies muss nicht auf jeden (Einzel-)Fall zutreffen, auch wenn ich in meinem Post oft verallgemeinere.
Ich bin trotzdem der Überzeugung, dass meine Ansichten auf ziemlich viele zutreffen (habe viele Beiträge hier im Forum durchgelesen).
Ich hoffe sehr, es fühlt sich niemand dadurch angegriffen.
Ich möchte noch sagen, dass ich dieses Forum mit seinen Mitgliedern eine wirklich tolle Sache finde. Weiter so!
Ich werde im Folgenden ab und zu "Regeln" (viele davon sind zweifelsfrei richtig) zitieren, die hier so im Forum kursiert. Hier gleich die erste:
Ich habe ehrlich gesagt das Gefühl, dass sich viele Erkrankte gar keine Gedanken über die Ursachen machen (wollen).
Gut, ganz so einfach ist diese Frage dann aber doch nicht zu klären. Ich probier's mal:
Essen ist ein Grundbedürfnis, Liebe auch. Essen bekommt man heutzutage leicht, Liebe oft nicht.
Ich glaube, dass die Bulimie (fast) immer ihre Wurzeln in der Kindheit eines Menschen hat.
Dort, wo Liebe fehlt bzw. gefehlt hat, entsteht eine Reaktion darauf. Es gibt ganz unterschiedliche Reaktionen:
Manche lassen es an anderen aus, sind gemein, machen andere Leute fertig , um sich selbst besser zu fühlen.
Andere fressen es eben sprichwörtlich in sich hinein.
Das (Über-)Essen ist nichts anderes als ein Ersatz für Liebe!
Deshalb ist auch das Erbrechen nicht das eigentliche Problem, sondern die Fressattacken.
Fehlende Liebe ist also das Problem.
Sind denn nun die Eltern daran Schuld? Teilweise.
Denn sie sind es, die einen bedingunglos lieben sollten, egal, wie man ist.
Viele tun das aber nicht. Warum? Böse Absicht?
Sicher nicht.
Viele können es einfach nicht. Ihnen ist vielleicht ein ähnliches Schicksal widerfahren. Vielleicht hatten sie auch eine schwere Kindheit.
Denn wer nicht lernt, sich selbst zu lieben (und das genau ist Aufgabe der Eltern, einem Kind dies beizubringen, eben durch bedingungslose Liebe!!) ist auch nicht fähig, jemanden anderen zu lieben.
So werden "Opfer" zu "Tätern".
Wer diese Krankheit nicht überwindet, wird genauso wenig fähig sein, seine eigenen Kinder zu lieben. Und diese werden dann genauswo wenig fähig sein...
Es ist ein sich immer fortsetzender Teufelskreislauf!
Ich kann jeden dieser Menschen verstehen. Ich verurteile niemanden. Jeder hat seine Last zu tragen. Niemand kann etwas dafür. Niemand ist schuld.
Doch jeder, der sich für Kinder entscheidet, steht in der Verantwortung, erstmal mit sich selbst fertig zu werden, seine eigenen Probleme zu lösen, zu lernen, sich selbst zu mögen und akzeptieren, damit er dies auch bei seinen Kinder machen kann und diese eben nicht das selbe Schicksal teilen werden!
Ich mag mich irren, und tue vielleicht vielen Eltern Unrecht.
Es gibt sicher auch andere schlimme Dinge, die man (in der Kindheit) erfahren kann, die nichts direkt mit den Eltern zu tun haben.
Aber gibt es hier jemanden, der ein wirklich gutes Verhältnis zu seinen Eltern hat? Die Verständnis zeigen? Unterstützen?
Habe bisher leider nur gegenteiliges erfahren und auch hier gelesen.
Ich glaube: Abneigung und Unverständnis sind nicht (nur) Folge einer Bulimie-Erkrankung, sondern v.a. Ursache!
Wenn die Verhältnisse innerhalb der Familie seit der Bulimie nicht mehr passen, haben sie davor auch schon nicht gepasst.
Wunder dich also nicht, wenn du hinter der Heile-Welt-Fassade zerrüttete Familienverhältnisse vorfindest.
Was heißt das nun konkret für jemanden, der mit einem Menschen zusammen ist, der Bulimie hat?
Zunächst einmal bist Du wahrscheinlich ein (zu) netter Mensch, weil du dich (unbewusst) in jemanden verliebt hast, der Hilfe braucht. Nett von dir.
Der Mensch, den du liebst, ist vermutlich auch ein (zu) netter Mensch, da er mit seinen Problemem auf eine Art fertig zu werden versucht, die ihn selbst kaputt macht und nicht andere.
Ist das Ganze also sinnlos?
Nein, denn du kannst viel erreichen. Deinem Partner fehlt meist Liebe, Anerkennung, deswegen ist er ja krank. Die kannst du ihm geben.
Sei dir aber bitte bewusst, dass das alles unglaublich anstrengend und belastend ist. Immer da zu sein. Immer den richtigen Mittelweg zu finden zwischen auffangen, zuhören, da sein und pushen, fordern, antreiben.
Das aller Anstrengendste ist jedoch, den Menschen, den man liebt, leiden zu sehen. Jeden Tag. Das ist (fast) noch schlimmer als selbst zu leiden.
Folgendes gebe ich auch zu bedenken:
Liebt euch euer Partner wegen eurer Persönlichkeit, also weil ihr seid, wie ihr seid, oder weil endlich jemand da ist, der ihn liebt?
Das hängt zwar zweifelsfrei zusammen, ist aber doch ein Unterschied.
Eine normale, "gesunde" Beziehung mit einem Menschen, der Bulimie hat, zu führen, ist nicht möglich.
Verabschiede dich auch von dem Gedanken, dass ihr zusammen die Bulimie überwindet und dann alles gut ist.
Versteh mich nicht falsch, natürlich wird es auch viele schöne Momente geben. Doch die Last der Krankheit ist immer im Hintergrund, auch wenn man sie nicht immer wahrnimmt.
Also doch alles sinnlos?
Nein. Du wirst, wenn du diesen Menschen, aus welchen Gründen auch immer, wirklich liebst, das auch weiterhin tun. Ihn unterstützen, für ihn da sein.
Zumindest eine Zeit lang. Das ist ok, du tust etwas Gutes.
Aber: Du kannst deinen Partner nicht gesund machen!
Du kannst Anstöße geben, da sein, Liebe geben. Aber gesund werden, und v.a. gesund werden wollen, das muss dein Partner allein!
Der richtige Weg ist auf jeden Fall, eine Therapie zu beginnen. Wenn dein Partner dazu bereit ist, hat er bzw. ihr schon viel geschafft.
Du musst aber aufpassen, dass du daran nicht selbst kaputt gehst. Du musst rechtzeitig merken, wie belastend das ist. Ich habe es bis fast zum Schluss nicht. Einfach immer weitergemacht, ohne zu reflektieren. Mir ging es zu der Zeit sehr schlecht, ohne dass ich es selber gemerkt habe!
Irgendwann waren die Gefühle dann weg. Zum Glück, sonst würde ich da vielleicht heute immer noch mit drin stecken.
Ich habe aus dieser Sache sehr viel mitgenommen. Ich sehe viele Menschen und Dinge jetzt anders. Es wird mich in der Zukunft vor vielem Schlechtem bewahren.
Trotzdem hatte und habe ich immer noch an dieser Sache zu knabbern.
Mir geht es heute wieder gut, aber die Gefühle (und damit die Fähigkeit, Freude an Dingen zu empfinden) sind noch nicht komplett wieder da. Ich arbeite daran.
Tu, was du tun musst, denn Gefühle lassen sich nicht steuern, aber sei dir der Gefahren bewusst und horche v.a. ab und zu in dich selbst hinein!
Du bist nur für dich selbst verantortlich, lebe dein eigenes Leben!
Das zu sagen war der eigentliche Sinn dieses Posts.
Danke fürs Zuhören!
Für alle, die noch mit der Krankheit kämpfen:
Das Leben ist ein Geschenk, denn man muss nichts dafür tun, um es zu bekommen.
Genauso muss man nichts tun, um liebenswert zu sein.
Jeder von euch ist liebenswert!
Jeder von euch ist ein toller Mensch!
Einfach so, ohne dass ihr etwas dafür tun müsst.
Ihr müsst nichts leisten oder irgendwelche Normen erfüllen.
Das ist doch das Schöne am Leben
dieser Post richtet sich v.a. an Freunde bzw. Partner von Menschen mit Bulimie, vielleicht öffnet er aber auch dem ein oder anderen Betroffenen die Augen.
Ich war selbst ein Jahr lang Partner einer Bulimikerin, und habe seit der Trennung sehr viel darüber nachgedacht.
Dies soll dabei helfen, die Krankheit Bulimie und den Menschen dahinter besser zu verstehen.
ACHTUNG:
Alles, was ich schreibe, basiert auf eigenen Erfahrungen.
Dies muss nicht auf jeden (Einzel-)Fall zutreffen, auch wenn ich in meinem Post oft verallgemeinere.
Ich bin trotzdem der Überzeugung, dass meine Ansichten auf ziemlich viele zutreffen (habe viele Beiträge hier im Forum durchgelesen).
Ich hoffe sehr, es fühlt sich niemand dadurch angegriffen.
Ich möchte noch sagen, dass ich dieses Forum mit seinen Mitgliedern eine wirklich tolle Sache finde. Weiter so!
Ich werde im Folgenden ab und zu "Regeln" (viele davon sind zweifelsfrei richtig) zitieren, die hier so im Forum kursiert. Hier gleich die erste:
Unsinn! Natürlich ist jemand Schuld. Die Krankheit ist schließlich kein ansteckender Virus o.ä. (wir sind nicht mehr im Mittelalter!).Niemand ist schuld! Weder man selbst, noch der Erkrankte. Schuld ist allein die Krankheit.
Ich habe ehrlich gesagt das Gefühl, dass sich viele Erkrankte gar keine Gedanken über die Ursachen machen (wollen).
Gut, ganz so einfach ist diese Frage dann aber doch nicht zu klären. Ich probier's mal:
Essen ist ein Grundbedürfnis, Liebe auch. Essen bekommt man heutzutage leicht, Liebe oft nicht.
Ich glaube, dass die Bulimie (fast) immer ihre Wurzeln in der Kindheit eines Menschen hat.
Dort, wo Liebe fehlt bzw. gefehlt hat, entsteht eine Reaktion darauf. Es gibt ganz unterschiedliche Reaktionen:
Manche lassen es an anderen aus, sind gemein, machen andere Leute fertig , um sich selbst besser zu fühlen.
Andere fressen es eben sprichwörtlich in sich hinein.
Das (Über-)Essen ist nichts anderes als ein Ersatz für Liebe!
Deshalb ist auch das Erbrechen nicht das eigentliche Problem, sondern die Fressattacken.
Fehlende Liebe ist also das Problem.
Sind denn nun die Eltern daran Schuld? Teilweise.
Denn sie sind es, die einen bedingunglos lieben sollten, egal, wie man ist.
Viele tun das aber nicht. Warum? Böse Absicht?
Sicher nicht.
Viele können es einfach nicht. Ihnen ist vielleicht ein ähnliches Schicksal widerfahren. Vielleicht hatten sie auch eine schwere Kindheit.
Denn wer nicht lernt, sich selbst zu lieben (und das genau ist Aufgabe der Eltern, einem Kind dies beizubringen, eben durch bedingungslose Liebe!!) ist auch nicht fähig, jemanden anderen zu lieben.
So werden "Opfer" zu "Tätern".
Wer diese Krankheit nicht überwindet, wird genauso wenig fähig sein, seine eigenen Kinder zu lieben. Und diese werden dann genauswo wenig fähig sein...
Es ist ein sich immer fortsetzender Teufelskreislauf!
Ich kann jeden dieser Menschen verstehen. Ich verurteile niemanden. Jeder hat seine Last zu tragen. Niemand kann etwas dafür. Niemand ist schuld.
Doch jeder, der sich für Kinder entscheidet, steht in der Verantwortung, erstmal mit sich selbst fertig zu werden, seine eigenen Probleme zu lösen, zu lernen, sich selbst zu mögen und akzeptieren, damit er dies auch bei seinen Kinder machen kann und diese eben nicht das selbe Schicksal teilen werden!
Ich mag mich irren, und tue vielleicht vielen Eltern Unrecht.
Es gibt sicher auch andere schlimme Dinge, die man (in der Kindheit) erfahren kann, die nichts direkt mit den Eltern zu tun haben.
Aber gibt es hier jemanden, der ein wirklich gutes Verhältnis zu seinen Eltern hat? Die Verständnis zeigen? Unterstützen?
Habe bisher leider nur gegenteiliges erfahren und auch hier gelesen.
Ich glaube: Abneigung und Unverständnis sind nicht (nur) Folge einer Bulimie-Erkrankung, sondern v.a. Ursache!
Wenn die Verhältnisse innerhalb der Familie seit der Bulimie nicht mehr passen, haben sie davor auch schon nicht gepasst.
Wunder dich also nicht, wenn du hinter der Heile-Welt-Fassade zerrüttete Familienverhältnisse vorfindest.
Was heißt das nun konkret für jemanden, der mit einem Menschen zusammen ist, der Bulimie hat?
Zunächst einmal bist Du wahrscheinlich ein (zu) netter Mensch, weil du dich (unbewusst) in jemanden verliebt hast, der Hilfe braucht. Nett von dir.
Der Mensch, den du liebst, ist vermutlich auch ein (zu) netter Mensch, da er mit seinen Problemem auf eine Art fertig zu werden versucht, die ihn selbst kaputt macht und nicht andere.
Ist das Ganze also sinnlos?
Nein, denn du kannst viel erreichen. Deinem Partner fehlt meist Liebe, Anerkennung, deswegen ist er ja krank. Die kannst du ihm geben.
Sei dir aber bitte bewusst, dass das alles unglaublich anstrengend und belastend ist. Immer da zu sein. Immer den richtigen Mittelweg zu finden zwischen auffangen, zuhören, da sein und pushen, fordern, antreiben.
Das aller Anstrengendste ist jedoch, den Menschen, den man liebt, leiden zu sehen. Jeden Tag. Das ist (fast) noch schlimmer als selbst zu leiden.
Folgendes gebe ich auch zu bedenken:
Liebt euch euer Partner wegen eurer Persönlichkeit, also weil ihr seid, wie ihr seid, oder weil endlich jemand da ist, der ihn liebt?
Das hängt zwar zweifelsfrei zusammen, ist aber doch ein Unterschied.
Eine normale, "gesunde" Beziehung mit einem Menschen, der Bulimie hat, zu führen, ist nicht möglich.
Verabschiede dich auch von dem Gedanken, dass ihr zusammen die Bulimie überwindet und dann alles gut ist.
Versteh mich nicht falsch, natürlich wird es auch viele schöne Momente geben. Doch die Last der Krankheit ist immer im Hintergrund, auch wenn man sie nicht immer wahrnimmt.
Also doch alles sinnlos?
Nein. Du wirst, wenn du diesen Menschen, aus welchen Gründen auch immer, wirklich liebst, das auch weiterhin tun. Ihn unterstützen, für ihn da sein.
Zumindest eine Zeit lang. Das ist ok, du tust etwas Gutes.
Aber: Du kannst deinen Partner nicht gesund machen!
Du kannst Anstöße geben, da sein, Liebe geben. Aber gesund werden, und v.a. gesund werden wollen, das muss dein Partner allein!
Der richtige Weg ist auf jeden Fall, eine Therapie zu beginnen. Wenn dein Partner dazu bereit ist, hat er bzw. ihr schon viel geschafft.
Du musst aber aufpassen, dass du daran nicht selbst kaputt gehst. Du musst rechtzeitig merken, wie belastend das ist. Ich habe es bis fast zum Schluss nicht. Einfach immer weitergemacht, ohne zu reflektieren. Mir ging es zu der Zeit sehr schlecht, ohne dass ich es selber gemerkt habe!
Irgendwann waren die Gefühle dann weg. Zum Glück, sonst würde ich da vielleicht heute immer noch mit drin stecken.
Ich habe aus dieser Sache sehr viel mitgenommen. Ich sehe viele Menschen und Dinge jetzt anders. Es wird mich in der Zukunft vor vielem Schlechtem bewahren.
Trotzdem hatte und habe ich immer noch an dieser Sache zu knabbern.
Mir geht es heute wieder gut, aber die Gefühle (und damit die Fähigkeit, Freude an Dingen zu empfinden) sind noch nicht komplett wieder da. Ich arbeite daran.
Tu, was du tun musst, denn Gefühle lassen sich nicht steuern, aber sei dir der Gefahren bewusst und horche v.a. ab und zu in dich selbst hinein!
Du bist nur für dich selbst verantortlich, lebe dein eigenes Leben!
Das zu sagen war der eigentliche Sinn dieses Posts.
Danke fürs Zuhören!
Für alle, die noch mit der Krankheit kämpfen:
Das Leben ist ein Geschenk, denn man muss nichts dafür tun, um es zu bekommen.
Genauso muss man nichts tun, um liebenswert zu sein.
Jeder von euch ist liebenswert!
Jeder von euch ist ein toller Mensch!
Einfach so, ohne dass ihr etwas dafür tun müsst.
Ihr müsst nichts leisten oder irgendwelche Normen erfüllen.
Das ist doch das Schöne am Leben
