Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#1
Hallo liebe Bulimiei-Community,

heute habe ich mich hier angemeldet, weil ich Hilfe mit einer Bekannten brauche, die früher eine Essstörung hatte und mit der ich bei „erfolgreichen“ Dates eine Beziehung anstreben könnte. Was sich aber etwas schwierig gestaltet, denn ich habe langsam den Eindruck, daß sie viel weniger geheilt ist als sie selbst zugeben will. Was ich ihr natürlich niemals sagen würde, darum bin ich jetzt hier. Ich denke der Text wird sehr lang werden, bitte entschuldigt das. Die Sache ist mir halt wichtig.

Ich habe Anna (18 Jahre alt, fiktiver Name!) auf einer Datingseite kennengelernt. Wir haben uns relativ schnell sehr gut verstanden, und sie hat sehr früh darauf hngewiesen, daß sie vor etwa zwei bis drei Jahren infolge mehr als miserabler Familienverhältnisse in eine Essstörung gerutscht ist, die den Verlauf „schlank – dick – dünn – schlank“ genommen hat und durch zwei Klinikaufenthalte von insgesamt sieben Monaten Dauer angeblich beendet werden konnte.

Nun ist es aber so, daß unser Kennenlernen relativ seltsam verläuft und ich sichergehen möchte, daß ich nicht von einem vielleicht doch noch sehr kranken Menschen ausgenutzt werde, egal ob mit guter oder böser Absicht.

Ich habe Anna vor fünf Wochen online getroffen. Zu der Zeit war sie laut eigener Auskunft noch mit dem THW in Russland unterwegs und konnte daher noch nicht telefonieren sondern nur abends chatten. Mir fiel auf, daß sie fast nie zu schlafen schien, selbst wenn sie nichts unternommen hat. Das wäre bei ihr normal, sagte sie. Außerdem würde sie „oft einfach vergessen zu essen, das hat nichts mehr mit meiner Bulimie zu tun! Ich esse abends fast immer Schokolade“.

Es passierten noch einige seltsame Dinge, die mich an ihrer Identität zweifeln ließen, worauf sie zunächst mit „glaub doch was du willst“ und ähnlichem reagierte. Später bekam ich dann aber doch noch ein Foto von dort, was relativ glaubhaft aussah. Sie redet auch sehr offen über ihren Alltag und auch über ihre Vergangenheit hinsichtlich Familie und Krankheit.

Lange Rede, kurzer Sinn: Seit eineinhalb Wochen ist Anna nun zurück, gut 50 Kilometer von mir entfernt. Ein Date gab es bisher nicht, nur Telefonate. In den ersten Tagen mußte sie abends arbeiten (THW, Café-Job, Babysitting), dann wurde sie auf einmal krank.

Es begann mit Halsweh und einem Hinweis von ihr, daß sie durch ihre Bulimie dahingehend vorgeschädigt sei. Mittlerweile ist es so schlimm, daß sie sich angeblich nur noch flüssig ernähren kann (Frubesin und andere Flüssigkeiten) und ihre Stimme komplett weg ist. Außerdem hat sie wohl ein Schmerzmittel namens Tramal bekommen. Gestern wurde ihr angeblich Kortison verschrieben. Sie sagt selbst, daß es ihr bisher nach der Klinik nur einmal so schlecht ging wie zur Zeit und das ihr Körper wohl aktuell kaum Nährstoffe verarbeiten kann. Ihr Arzt möchte sie wohl auch lieber im Krankenhaus sehen, was sie aber noch verweigert. Sie will mich in ihrem aktuellen Zustand auch erstmal nicht persönlich kennenlernen.

Was ihr Verhalten angeht, stelle ich fest, daß sie relativ stark zwischen Nähebedürfnis und Distanzbedürfnis schwankt. An manchen Tagen will sie fast ganztags mit mir in Kontakt sein, an anderen Tagen antwortet sie auf meine gelegentliche Guten Morgen-SMS erst nach 14 Uhr, auch wenn sie nur zuhaus ist. Sie sagt selbst, daß sie sehr, sehr viel Freiraum braucht und Annäherung nur dann zulassen mag, wenn sie sich grad danach fühlt. Unsere einzige Konstante dahingehend sind abendliche Chats, teilweise über 3-4 Stunden zu allen möglichen Themen. „Wenn etwas schiefgeht, schaltet mein Kopf schnell auf Autopilot, da kann ich nichts machen“ sagte sie neulich mal. Und sie reagiert relativ schroff, wenn sie das Gefühl hat, daß man ihr helfen möchte oder sich Sorgen macht. Letzteres darf selbst ihre beste Freundin nicht tun.

Meine Frage an die Community: Wie beurteilt Ihr die Situation? Klingt das alles plausibel? Ist das Mädel (das selbst sagt „ich bin absolut nicht mehr so kaputt wie früher!“) vielleicht doch noch akut bulimisch? Werde ich hier vielleicht von jemandem ausgelutscht, der doch noch sehr krank ist? Wie beurteilt Ihr Ihren aktuellen Zustand sofern der so der Wahrheit entspricht?

Wenn Ihr mehr Infos braucht oder Fragen habt, fragt ruhig. Ich muß mich langsam entscheiden, ob ich „bei ihr bleibe“ oder diese Sache eventuell lieber aufgeben sollte. Noch ist es keine Belastung für mich, ich sehe mich nicht in Gefahr, von ihr zu sehr vereinnahmt zu werden. Aber wenn die Geschichte irgendwo einfach so ein „typisches, kaputtes Internet-Ding“ ist, werde ich wohl in Kürze aussteigen müssen. Danke im Voraus für Eure Hilfe!

Re: Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#2
Guten Abend,

erstmal toll, dass Du Dir so viele Gedanken machst! :)
Also es sind einige Aspekte, die meiner Ansicht nach dafür sprechen, dass sie ihre Bulimie noch nicht vollständig hinter sich gelassen hat.
Andererseits kannst das weder Du, noch wir beurteilen. Die meisten hier spielen ja verstecken.
Erzählen ihren Partner (erstmal) nichts, die Eltern, Freunde, Arbeitskollegen wissen nicht Bescheid.

Ich verstehe nicht ganz, wieso Du Dich ausgenutzt fühlst?
Solange Du ich abgrenzst und für Dich sorgst, wird sie keine Möglichkeit haben, Dich auszunutzen.
Bulimiekranken, die sich nicht trauen anderen davon zu erzählen, wird oft geraten erstmal zu sagen, sie seien krank gewesen.
Dann kann man leichter abschätzen, wie der andere reagiert und das Gegenüber geht mit dem Thema Essen hoffentlich rücksichtsvoll um.

Es ist beinahe normal, dass einem auf dem Heilungsprozess hin und wieder Rückfälle überrollen.. Vielleicht ist sie noch nicht ganz gesund.
Vielleicht schämt sie sich?
Ausnutzen will sie Dich sicher nicht..

Alles Gute!
Der Zustand, in dem ich alles an Essen da habe, ohne auch nur den geringsten Essdruck zu verspüren, ist mein normaler Zustand. Mein Körper sagt mir, was, wann und wie viel er will. Immer, wenn ich Essdruck verspüre ist etwas nicht in Ordnung.

Re: Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#3
Es scheint ich habe sie "entlarvt".

Sie gab heute nachmittag und abend an (von 15-21 Uhr) im Krankenhaus ambulant behandelt zu werden, am Tropf etc.

Heute habe ich diese 50 Kilometer auf mich genommen und bin hingefahren. Wider Erwarten war die Dame an der Anmeldung der Ambulanz bereit, die Namen der ambulanten Patienten nachzuschauen.

Ihr Name war nicht dabei...

Re: Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#4
Oh man..

Und Du bist sicher, dass Du ihren richtigen Namen hast und im richtigen Krankenhaus warst?

Hast Du sie drauf angesprochen oder wirst Du sie nun einfach ignorieren?

Tut mir wirklich sehr Leid für Dich!
Das ist nicht fair. Das ist ziemlich mies und unverschämt..

Alles Gute!
Der Zustand, in dem ich alles an Essen da habe, ohne auch nur den geringsten Essdruck zu verspüren, ist mein normaler Zustand. Mein Körper sagt mir, was, wann und wie viel er will. Immer, wenn ich Essdruck verspüre ist etwas nicht in Ordnung.

Re: Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#6
Tut mir Leid, aber da fehlen mir einfach die Worte.
Der Zustand, in dem ich alles an Essen da habe, ohne auch nur den geringsten Essdruck zu verspüren, ist mein normaler Zustand. Mein Körper sagt mir, was, wann und wie viel er will. Immer, wenn ich Essdruck verspüre ist etwas nicht in Ordnung.

Re: Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#8
Ograc hat geschrieben:Wider Erwarten war die Dame an der Anmeldung der Ambulanz bereit, die Namen der ambulanten Patienten nachzuschauen.
Das wäre aber eine eindeutige Schweigepflichtsverletzung vom Krankenhaus....
So spricht der Herr: "[...] Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich erkenne, daß nämlich ich, der Herr, es bin, der auf Erden Gnade, Recht und Gerechtigkeit schafft!" (Jeremias 9,22-23)

Re: Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#10
Ograc hat geschrieben:Wie das in Österreich ist, weiß ich nicht. Bei uns in Deutschland kann man im Krankenhaus anrufen und fragen, ob jemand dort eingeliefert wurde. Im Zweifelsfall kann man sich hier eh als Verwandter ausgeben, dann muß sogar Auskunft erteilt werden.
Nee, das stimmt nicht. Gerade aus dem Grund, dass sich jemand (z.B. der Arbeitgeber) als Verwandter ausgeben könnte, darf am Telefon überhaupt keine Auskunft erteilt werden. Nicht mal darüber, ob sich ein Patient im Khrs befindet, oder nicht.

Die Frau an der Anmeldung hat also entweder eine Straftat begangen, die sie ein Jahr hinter Gitter bringen könnte. Oder sie hat Dich angelogen. Was ich nicht glaube, meistens kriegt ma ja erklärt, dass die keine Auskunft geben dürfen und fertig. Wenn Du aber sehr penetrant warst, hat sie vielleicht nachgeguckt und dann eine falsche Auskunft erteilt....

LG

Sophie
So spricht der Herr: "[...] Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich erkenne, daß nämlich ich, der Herr, es bin, der auf Erden Gnade, Recht und Gerechtigkeit schafft!" (Jeremias 9,22-23)

Re: Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#11
Na ja, das ist ja auch nicht das Thema hier. Es waren dann auch gleich zwei Frauen an zwei verschiedenen Anmeldungs-Bereichen, die ohne weitere Aufforderung von mir sofort nach dem Namen der Person geschaut und ihn sich haben buchstabieren lassen. Die hätten wohl auch gesagt, daß sie mir nichts sagen dürfen, wenn sie gewollt hätten...

Meine Bekanntschaft hat auch noch bis Mitternacht darauf bestanden, daß sie dort gewesen wäre. Als ich dann um ein kurzes Telefonat gebeten habe, sagte sie ab "auch wenn dich das jetzt in deinen Annahmen bestärken sollte, daß meine Stimme ganz normal sei".

Re: Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#12
Ograc hat geschrieben:Na ja, das ist ja auch nicht das Thema hier.
Na ja, Ograc, eines steht schon mal fest: Wenn Du nach so kurzer Bekanntheitszeit mit Deiner Internetfreundin Anna schon das Gefphl hast, ihr nachspionieren zu müssen und handfeste Beweise zu sammeln für das was sie schreibt, dann steht die Beziehung unter keinem guten Stern. Das sieht ja selbst ein Blinder mit Krückstock.

Ob das jetzt daran liegt, dass sie eine Esstörung hat, Borderline, notorische Lügneritis oder was-weiß-ich was - oder ob es daran liegt, dass Du ein Kontrollfreak bist, weiß ich nicht. Aus der Ferne kann das sich wohl auch keiner anmaßen, zutreffend zu beurteilen.

Generell: Wenn Du einen Freundin suchst, solltest Du es aufgrund der erfahrenen Probleme wahrscheinlich besser konventionell-offline tun.... Da weißt Du eher, woran Du bist. Die Möglichkeit, sich hinter einer Fassadee zu verstecken (aus welchen Gründen auch immer), sinkt einfach.

Ich würde Dir raten, aus mangelndem Vertrauen die Beziehung zu Anna zu beenden. Was soll daraus noch werden - ein Katz und Maus Spiel? Sie rechtfertigt sich, nicht anrufen zu müssen, Du fährst in Krankenhäuser und gehst Namenslisten durch.... Bitte, das ist doch keine Beziehung. Eine Beziehung sollte auf Vertrauen basieren. Und die ist ja bei euch nicht mal ansatzweise vorhanden. Ich sehe auch nicht, wie ihr das reparieren wollt.... Ihr agiert ja anscheinend beide ziemlich hinten rum. Oder hast Du ihr mittlerweile gesagt, dass Du das Krankenhaus besucht hast und sie nicht vorgefunden?

LG

Sophie
Zuletzt geändert von Sophie11 am Do Mai 23, 2013 13:03, insgesamt 1-mal geändert.
So spricht der Herr: "[...] Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich erkenne, daß nämlich ich, der Herr, es bin, der auf Erden Gnade, Recht und Gerechtigkeit schafft!" (Jeremias 9,22-23)

Re: Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#13
Selbstverständlich habe ich "Anna" offen darauf angesprochen. Sie bestand darauf, dort gewesen zu sein und sogar darauf, sich ordnungsgemäß angemeldet zu haben (ich hatte das Gespräch locker begonnen und am Rande von meinen Erfahrungen mit Rezeptionspersonal im Krankenhaus erzählt...).

Sie reagierte in Richtung "du musst wissen was du glauben willst, mir ist das egal" tendierend. Ein klärendes Telefongespräch lehnte sie ab "obwohl ich damit sicher deinen Eindruck bestärke, daß ich ganz normal sprechen könnte".

Re: Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#14
???

Warum sollte es ein Vertrauensbruch sein, wenn Ograc sich sehr wahrscheinlich Sorgen macht (..er hat sich ja schon vor dem vermeintlichen KH-Besuch Sorgen gemacht und dann kommt sie noch ins KH...) und in das KH fährt?? :roll:

Ok, es ist evtl. unangenehm, unerwarteten Besuch im KH zu bekommen (würde mir ja genauso gehen), aber ich kann Ograc schon verstehen, dass er hingefahren ist. Darf er doch auch, die Stationen sind normalerweise ja nicht abgesperrt außer dem Kreißsaal. Wenn man sagt, man ist der Freund von XY, dann kommt man idR auf einer normalen Station zu der Person.

Naja, ansonsten würde ich glaub auch eher raten, sich auf normalem Wege eine Freundin zu "suchen". Im Internet und im Handy kann man sich so schön verstellen und sich anders geben, als man sonst ist. Ob man nun lügt oder auf Mitleid macht...

glg
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.

Re: Essgestörte Internetbekanntschaft - "Gut" oder "Böse"?

#15
Liebe Community.

Ich danke Euch sehr für Eure konstruktiven Beiträge.

Durch einen Trick habe ich vor einigen Minuten herausgefunden, daß die Person offensichtlich entweder sehr, sehr krank oder das perfekte Fake oder beides ist.

Ich bin nicht stolz auf die Anwendung eines Tricks, mußte jedoch für mich herausfinden, ob mein Bauchgefühl mich trügt oder nicht. Den Trick habe ich so gestaltet, daß ich die gewünschte Information bekommen habe, ohne damit Einfluß auf die Person zu nehmen.

Offensichtlich sind fast alle Informationen, die eine nicht zum Bekanntenkreis der Person gehörende Person nicht prüfen kann, falsch. Entschuldigt das komplizierte Deutsch, ich bin grad etwas "derangiert".

Unter einem Vorwand und mit falschem Namen habe ich den Gruppenleiter des THW kontaktiert, mit dem "Anna" fünf Wochen in Russland gewesen sein will, ohne "Anna" dabei zu erwähnen. Er hat mir geantwortet, daß er meine Anfrage (fiktives Thema!) nicht versteht, da er in den letzten Monaten weder Urlaub hatte noch mit dem THW oder seiner Gruppe in Russland war.

Ich denke dieser Thread kann damit geschlossen werden.........