Freund braucht hilfe

#1
Hallo liebe Forengemeinde,


mein Name ist Christian, ich bin 24 Jahre alt und bin seit 3 Monaten nicht mehr mit meiner Bulimiekranken Freundin zusammen. Die trennung war sehr kompliziert weil wir es beide nicht so richtig wahr haben wollten so dass man gar nicht sagen kann wie es dazu kam.
Ich habe aber noch Kontakt zu ihr und leide darunter ihr nicht helfen zu können.
Doch hier mal der Anfang:
Wir waren über ein Jahr zusammen und sie hat mir sehr früh anvertraut unter der Krankheit zu leiden ich bin heute auch die einzige Person der sie alles anvertrauen kann. Gemacht hat sie es nie wenn ich da war und mein Umgang tat ihr auch immer sehr gut. Besonders am Anfang dachte ich mit meiner Hilfe ihre Krankheit besiegen zu können, wir sind gemeinsam zu einer Ess-therapie-Sprechstunde gegangen. Leider haben wir an diesem Punkt keinen Hausarzt oder ähnliches aufgesucht. Was ich bis heute bereue. Ich glaube das war der tiefpunkt mit ihren Anfällen.

Das alles hielt nicht an, wie die meisten hier wissen ist es nicht leicht eine Beziehung mit einer Bulimikerin zu führen, sie hat sich oft verletztend mir gegenüber verhalten war egoistisch, frustrationsintolerant und es gab trotzdem immer wieder schlimme Tage an dene sie nicht angefasst werden wollte. Das führte immer wieder zu Streitigkeiten, weswegen sie dann wohl auch immer mehr mit einem anderen Kerl gemacht hat. Ihre Anfälle sind auch wieder mehr geworden. Das fing dann richtig an die Beziehung und mich zu belasten, ich wollte nicht dass sie sich mit ihm trifft weil er einen Aufreißer-Ruf genießt und ihr immer wieder schöne Augen machte.Sie genoß die Aufmerksamkeit von einem anderen obwohl sie wusste das es mich verletzt. Ich wollte ihr ja helfen, aber es ist ihrgentwie aus dem Ruder geraten. Sie trank immer wieder am Wochenende sehr viel Alkohol bis zum kompletten Kontrollverlust was mich auch traurig machte doch wenn ichs ansprach kams zu Streit.
Wir sprachen öffter über den Kerl und ob ich ihr noch vertrauen könne aber sie versicherte mir immer ich brauche mir keine Sorgen zu machen, redete ihn schlecht und sagte mir wie gut es ihr mit mir gehe, ich erfuhr aber auch, dass sich mich, vor ihm leugnete und dass sie sich immer wieder mit ihm treffe auch beim feiern. Sie drehte es so das ich ihn kaum gesehen hab aber immer wieder mitbekommen hab das er da war.
Das hat die Sache wahrscheinlich verkrampfen lassen und sie distanzierte sich immer weiter von mir bis wir bei der Trennung angekommen waren.
Nach der Trennung fing sie was mit ihm an wobei ich bis heute nicht sagen kann wie weit das jetzt genau geht.
Sie erzählte mir auch dass die Anfälle schlimmer geworden sind.
Das machte mich sehr wütend und ich wollte nichts mehr von ihr wissen, aber nach ein paar Tagen war ich der Meinung dass ich nicht will das wir im bösen auseinander gehen und erzählte ihr das, und wieder ein paar Tage später bekam ich dieses Gefühl ihr zu helfen und wollte einen Therapeuten mit ihr aufsuchen. Weil ich glaube das dieses ganze Verhalten mit der Krankheit zutun hat. Sie beteuerte auch immer vor der Krankheit ein "besserer" Mensch gewesen zu sein.

Mein Problem bei der ganzen Sache ist, ich habe nie wirklich losgelassen und das ich jetzt soweit gekommen bin, dass ich anzeichen von Borderline entwickelt habe, ich habe momente in dene ich mich extrem schwach fühle, mich hasse und sogar selber schlage. Das sind Momente in denen mein Herz sagt das ich ihr helfen will und dass ich sie noch liebe aber mein Kopf sagt ich soll die finger von ihr lassen weil sie mich so mies behandelt. Deshalb kann sie mir auch nicht helfen und meint immer sie kann mir nichts versprechen.
Wir haben beschlossen einen Termin bei einem Psychotherapeuten zu machen und sie zu "therapieren", doch als es dann soweit war, hat sie kalte füße bekommen und gesagt sie will da nicht hin aus Angst zunehmen zu müssen.

Wie soll ich jetzt weiter vorgehen? Es fällt mir verdammt schwer sie allein zu lassen und nur auf mich zu schauen, ich kenne sie einfach zu gut und weiß dass sie von alleine keine Schritte einleiten würde. Das Verhältnis zwischen Ihrer Familie ist auch sehr gestört als das es klug wäre sich dort einen Ansprechpartner zu suchen.


Es ist nicht leicht das alles zu formulieren, mit sicherheit habe ich einige Sachen nicht erwähnt. Solltet ihr Fragen haben, nur zu! :)


Vielen Dank für die Antworten und Mühe
Chris

Re: Freund braucht hilfe

#2
Lieber Chris,

Ich musste lange überlegen was ich dir antworten soll und auch jetzt ist es noch total schwer die richtigen worte zu finden. Erstmal ist es total süß und gut aber Vorallem wichtig von dir, dass du dich immer noch so einsetzt obwohl jetzt Schluss ist, du selbst probleme hast und sie dich mit ihrem verhalten wirklich verletzt hat. Ich denke, du darfst das alles nicht persönlich nehmen, weil ich leider zugeben muss, dass es meinem Freund in der Beziehung wohl nicht recht viel besser ging als dir, weil ich so ziemlich das selbe verhalten hatte wie deine exfreundin. Du bist der einzige der davon weiß sagst du, dann ist es wichtig für sie das du auf jeden fall weiter für sie da bist, egal wie verletzend sie manchmal zu sein scheint, denn alleine mit einer bulimie zu sein macht alles nur viel schlimmer. Die Angst zunehmen zu müssen kann ich gut nachvollziehen, hat sie Normalgewicht ? Vielleicht muss sie ja gar nicht zunehmen. Vielleicht redest du ganz offen darüber, wie sehr sie dich verletzt. (Ich bekam damals sehr viel Hilfe von einem Freund, der immer mehr kaputt ging an meiner Krankheit ohne das ich es gemerk hatte. Erst als ich die Nachrichten von ihm und seiner besten Freundin gelesen hab, dass er nicht mehr kann, mich aber nicht fallen lassen kann weil dann alles zu spät ist und ich ohne ihn nicht klar kommen werde und zerbrechen werde , hab ich gemerkt wie tief er wirklich mit drin hängt. Genau wie du hat er sich früher selbst verletzt. Er hat sich geritzt und spielte auch mit dem Gedanken sich umzubringen. Als er eines Tages meinte, dass für ihn der Druck der von mir ausgeht zu hoch wird überlegte er, sich wieder zu verletzten. Und das hat mir so die Augen geöffnet, wie wir wirklich auf Menschen wirken, was für einen Einfluss wir haben, dass ich an dem Tag sozusagen auf ihn geschworen hab und seit dem Tag an "clean" war, leider nur bis unser Kontakt abbrach, ein paar Wochen danach. )
Hast du schon mal drüber nach gedacht, einfach alleine zu einem Therapeuten zu gehen und zu fragen wie du ihr helfen kannst? Oder vielleicht zu ihrer besten Freundin, dass sie zusammen mit ihr das mal aufarbeiten kann, weil diese vielleicht die Angst vor dem zunehmen und den ständigen Drang zur Perfektion nachvollziehen kann? Und auch dich bitte ich, nachzudenken inwiefern du andere mit deinem verhalten ( dadurch das du dich selbst verletzt ) beeinflusst. Melde dich in einem Forum an, sprich mit Freunden drüber oder gehe vielleicht ebenfalls zu einem Beratungsgespräch.
Ich hoffe meine Antwort hilft dir ein klein wenig und wenn du magst kannst du mir gerne eine Nachricht schreiben und fragen stellen, falls du etwas nicht verstehst oder du einfach mal drüber reden möchtest:)

Hanna

Re: Freund braucht hilfe

#3
Hallo Hanna, vielen vielen Dank für deine ehrliche Antwort...

ich habe vergessen zu erwähnen das ich zu dem Termin mit der Therapeutin gegangen bin und über mich und die Beziehung gesprochen habe. Es war ein sehr ernüchternes Gespräch weil sie der Meinung ist, dass ich ihr nicht helfen kann und daran kaputt gehen werde und SIE es erst versteht und was tut, wenn SIE komplett allein ist. SIE würde dann, aus Angst davor alleine zu sein, sich schon den nächsten "helfer" suchen bis sie versteht das sie professionelle hilfe braucht.
Aber ihrgentwie fand ich das ganze ziemlich kalt und schubladenmäßig wie sie uns eingeschätzt hat, deshalb auch hier meine Frage an euch!

Mir hat es echt viel geholfen mich intensiv mit dem Thema auseinander zu setzten, ich habe Bücher gelesen und dieses Forum hilft mir auch ungemein, deswegen weiß ich auch wie du das meinst mit dem nicht "persönlich" nehmen. Ich versteh viel mehr als früher. Ich habe mich immer gefragt wie sie so ein kaltes verhaltes mir gegenüber zeigen kann. Ich konnte einfach nicht verstehen warum sie mich verletzt obwohl ich ihr gesagt habe, dass es so ist und ich eigentlich auch weiß, dass sie es nicht will. Das war immer so paradox! Ich will einfach, dass sie das alles versteht und aus diesem teufelskreis ausbricht!


Aber hier die Anworten auf deine Fragen:
Ja sie hat Normalgewicht, das liegt aber unter ihrem Set-Point Gewicht, also ihrem genetisch vorprogrammiertem Gewicht, (umstrittene Theorie). Sie nimmt auf jedenfall leicht zu und ärgert sich dann wahnsinnig über *kg.


Ich warte derzeit darauf das sie sich meldet weil ich wieder mit ihr reden wollte und einfach mal wieder klar stellen wollte, dass ich ihr helfen will und wo wir stehen, aber ich glaube sie scheut sich vor so einem Gespräch, sie will lieber verdrängen und nicht darüber nachdenken. Meistens sind diese Gespräche sehr intensiv, aber ich kann auch nicht so tun als wenn nichts wär. Und ich bring es nicht übers Herz den Kontakt abzubrechen.
Es ist echt schwierig!

Aber ich freu mich über jede Antwort die hier geschrieben wird!
Danke euch!

Gruß
Chris
Zuletzt geändert von Christian am So Nov 18, 2012 22:36, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Freund braucht hilfe

#4
Also meiner Meinung nach hat die Therapeutin Unrecht , ich war auch allein mit meiner bulimie und allein sein verschlimmerts ehrlich gesagt nur noch mehr. Aber das du zu dem Gespräch gegangen bist, erstmal Respekt. Ich kenne fast niemand der sich so viel einsetzt wie du. Ich hoffe deine exfreundin sieht das auch bald.
Naja auch wenn die Freundin weit weg wohnt, ist es doch immer noch ihre Freundin? Ich denke schon, dass das vielleicht auch noch hilfreich seien könnte. Versuch einfach weiterhin da zu sein, nimm sie in den Arm aber setzt sie nicht unter Druck mit aussagen wie "ja du gehst zum Therapeut oder wir sind keine Freude mehr" sowas verunsichert. Zwing sie nicht zum essen oder zu artzbesuchen, sondern Hör einfach zu, zeig Interesse aber lass sie niemals fallen. Ich weiß, das alles versuchst du bereits aber trotzdem ist es, finde ich, wichtig Nähe zu vermitteln statt jemanden allein zu lassen.

Ich muss ehrlich zugeben, du erinnert mich sehr an meinen damaligen besten Freund. Ich nehme an ihm ging's genau so wie dir. Wirklich alles was du mir hier schilderst, hat er genau so mir oder einer Freundin von ihm geschrieben. Und er war wie du, der einzigste der Bescheid wusste. Aber er hatte den Kontakt abgebrochen gehabt, ich sag's dir, dass ist das schlimmste was du ihr antun kannst ..
Zuletzt geändert von Hanna am Di Okt 30, 2012 17:10, insgesamt 1-mal geändert.
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