Fressanfall - Sie geht an Lebensmittel meiner Familie

#1
Gestern Nacht hatte meine Freundin einen Fressanfall. Okay, ich weiß, dass ich in solchen Momenten nicht wirklich an sie herankomme und sie im Gegenzug jede kleinste Möglichkeit sucht, dass ich ihr "erlaube" Lebensmittel zu fresse. Mittlerweile auch Lebensmittel von mir und meiner Familie.
Gestern Nacht ist dann sie gegen meine ausdrückliche Erlaubnis allein an den Kühlschrank gegangen und hat sich * Tafeln Schokolade geholt.

Okay zugegeben, die Tafeln gammeln seit mehreren Jahren im Kühlschrank, Mindesthaltbarkeitsdatum 2007 und keiner aus meiner Familie würde die jemals noch essen... hätten schon längst in den Müll gehört. Und nein, ich möchte lieber nicht dran denken, dass sie sich abgelaufene Lebensmittel reinschiebt...
Aber ist das nicht eine Ausrede? Klar, es geht mir nicht um die Lebensmittel an sich und mich hat nicht das Fressen erschreckt, sondern vor allem die Art und Geschwindigkeit wie sie ihre Rituale nun auch bei mir durchführt.

nur wie soll ich in Zukunft bei einen ihrer Fressanfälle reagieren?
Wenn ich ihr Lebensmittel "gebe", frisst sie sie und fragt danach nach mehr. Wenn ich ihr Lebensmittel nicht gebe, dann quengelt sie solange, bis sie sie bekommt und quengelt danach nach mehr. Wenn ich wie gestern nein sage und hart bleibe, geht sie , und das war neu, nun tatsächlich selber und holt sie sich. Okay, Haltbarkeitsdatum abgelaufen, aber klingt nach Ausrede, und was kommt als nächstes?
Zum Glück haben heute morgen meine Eltern in ihrem Beisein gefragt, was wir gestern Nacht gemacht haben... da hat sie gemerkt, was für einen Fehler sie gemacht hat und sich bei mir entschuldigt. Jetzt hat sie Angst, dass meine Eltern sich was zusammenreimen könnten.
Ich hoffe das rüttelt sie etwas wieder auf. Aber wie soll ich reagieren, wenn sie das nächste Mal einen Fressanfall hat und sie all ihre Vorräte aufgefressen hat.
Geht ja auch nicht, dass ich selber anfange keine Vorräte mehr zu haben, das schränkt mich langsam selber ein... nur das scheint atm das einzige zu sein, was sie abhält... wenn nichts mehr da ist...
Zuletzt geändert von Caruso am Di Dez 27, 2011 1:15, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Fressanfall - Sie geht an Lebensmittel meiner Familie

#3
Ich weiß leider auch gerade nicht, was ich hier schreiben könnte um dir zu helfen, außer dass du dir bewusst
werden solltest, dass das Problem weitaus tiefer liegt, als das Stehlen von euren Vorräten.

Irgendetwas irritiert mich sehr stark an deinem Text.
Er ist meiner Meinung sehr lieblos verfasst.
Man hört nicht heraus, dass du dir sorgen um SIE machst, sondern eher Sorgen um deine LM-Vorräte.
nur wie soll ich in Zukunft bei einen ihrer Fressanfälle reagieren?
Puh...schwer zu sagen.
Hast du einmal das Gespräch zu ihr gesucht?
Will sie an der Situation etwas ändern?
Wie solltest du ihrer Meinung nach reagieren?
Geht ja auch nicht, dass ich selber anfange keine Vorräte mehr zu haben, das schränkt mich langsam selber ein... nur das scheint atm das einzige zu sein, was sie abhält... wenn nichts mehr da ist...
Hält sie das dann wirklich davon ab oder besorgt sie sich ihre LM dann nicht irgendwie selber?
Zum Glück haben heute morgen meine Eltern in ihrem Beisein gefragt, was wir gestern Nacht gemacht haben... da hat sie gemerkt, was für einen Fehler sie gemacht hat und sich bei mir entschuldigt. Jetzt hat sie Angst, dass meine Eltern sich was zusammenreimen könnten.
Ich hoffe das rüttelt sie etwas wieder auf. Aber wie soll ich reagieren, wenn sie das nächste Mal einen Fressanfall hat und sie all ihre Vorräte aufgefressen hat.
Naja...Beschämung ist sicherlich kontraproduktiv.
Meiner Meinung nach solltet ihr euch zusammen kompetente Hilfe holen.
Versuche die Krankheit deiner Freundin verstehen zu lernen, versuche SIE verstehen zu lernen.
Das ist natürlich nicht leicht, ich weiß. Du solltest dich dafür mal intensiv mit der Bulimie ausseinandersetzen.
Nutze das Forum, Bücher, und ehrliche und offene Gespräche mit deiner Freundin um mehr Klarheit zu bekommen.

Ich habe leider keine Zeit näher auf deinen Text einzugehen, melde mich vielleicht später noch mal zu Wort.

Liebe Grüße,
Aschenputtel

Re: Fressanfall - Sie geht an Lebensmittel meiner Familie

#4
@milena danke dir
@Aschenputtel

wir reden sehr sehr viel über ihre Bulimie und auch sehr offen. Ich wusste von Anfang der Beziehung, dass sie an Bulimie leidet und versuche ihr nach Kräften zu helfen.
Wenn du dich allerdings etwas mehr in die Therapie von Bulimie einliest, der Schlüssel ist der Betroffene selbst. Wenn er/sie sich nicht von sich aus ändert, sind einem als Angehöriger die Hände gebunden.
Wenn also mein Text dir etwas "lieblos" erscheint, dann deshalb, weil ich mich versuche darauf zu konzentrieren, die Folgen der Bulimie einzugrenzen. Damit sie sich nicht zwischen der Bulimie und der Gesellschaft aufreibt.
Weil das Versteckspiel ist das, was wohl am meisten "Kraft" kostet.
Und ich letztendlich auch noch unbedingt auf mich selber und meine Bedürfnisse aufpassen muss. Was schon schwer genug ist.
Und Vorwürfe und Andeutungen bekommt sie von ihrer Mutter genug. Was sie regelmäßig auf die Palme bringt. Denke ihr ist nicht damit geholfen, wenn ich damit auch noch anfange.

Wir haben jetzt sehr lange über gestern geredet. Lebensmittel in meinem Haus sind für die Bulimie nun Tabu. Alles für die Bulimie kauft sie selbst. Dazu gibt sie von jedem Einkauf einen Teil der Lebensmittel ab, die ich erst einmal in Verwahrung nehme. So dass diese erst einmal "weggeschlossen" sind.
Und natürlich weiter reden und reden und neue Strategien ausprobieren und hoffen, dass sie für sich irgendwann den Schlüssel aus der Bulimie findet. Möglichst bald.
Zuletzt geändert von Sevenelevenenator am Mo Dez 26, 2011 23:06, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Fressanfall - Sie geht an Lebensmittel meiner Familie

#5
Hey Sevenelevenenator,
Deine Situation ist sehr schwer. Ich selber habe auch einen Freund. Jedoch möchte ich ihm vor dieser Krankheit schützen. Und zwar, weil ich ihn nicht nur vor dieser Last schützen möchte, sondern weil es mir gut tut dass er mich so behandelt, als wenn ich nicht essgestört wäre.
Rede mit deiner Freundin und sage ihr, dass sie für DICH kämpfen soll.
Sag ihr immer dass du sie liebst und ihr immer beistehst, dass sie die Bulimie nicht braucht. Koch mit ihr zusammen... und hör ihr immer zu. Kommentiere niemals ihr Essverhalten und urteile nicht über ihre Figur. Vielleicht ist es besser deiner Familie davon zu erzählen, wenn sie damit umgehen können. Sie können deine Freundin auch unterstützen. Wenn sie das nächste mal nach Essen frägt, sag ihr dass du sie lieber mit deiner Liebe füllst, als mit Nahrungsmittel.

Re: Fressanfall - Sie geht an Lebensmittel meiner Familie

#6
wir reden sehr sehr viel über ihre Bulimie und auch sehr offen.
Finde ich klasse!
Ich wusste von Anfang der Beziehung, dass sie an Bulimie leidet und versuche ihr nach Kräften zu helfen.
Achja...jetzt kann ich mich auch wieder daran erinnern. Da gab es von dir ja einen Thread in dem du dir nicht
ganz sicher warst wieder erneut eine Beziehung mit einer essgestörten Person einzugehen. Dich dann aber ganz
klar dafür entschieden hast.
Wie sieht es derzeit mit deinem Essverhalten aus? Du hattest doch auch gewisse Probleme, nicht?
Könnte es sein, dass ihr euch gegenseitig damit triggert?
Entschuldigung falls ich zu forsch bin, musst mir darauf natürlich nicht antworten, falls es dir zu persönlich ist.
Wenn du dich allerdings etwas mehr in die Therapie von Bulimie einliest, der Schlüssel ist der Betroffene selbst. Wenn er/sie sich nicht von sich aus ändert, sind einem als Angehöriger die Hände gebunden.
Woher entnimmst du die Information, dass ich mich nicht intensiv mit dieser Krankheit beschäftigt habe? :?:
Aber gut, ich gebe dir auf jeden Fall Recht damit, dass man als Angehöriger natürlich gar nichts machen kann,
wenn die Einsicht und der Wille des Betroffenen nicht vorhanden ist. Habe auch nie etwas anderes gesagt. :wink:

Wenn also mein Text dir etwas "lieblos" erscheint, dann deshalb, weil ich mich versuche darauf zu konzentrieren, die Folgen der Bulimie einzugrenzen. Damit sie sich nicht zwischen der Bulimie und der Gesellschaft aufreibt.
Dein Bemühen in aller Ehren, aber ich weiß nicht in wie fern das etwas bringt.
Natürlich kann ich eure Situation von der Ferne nicht einschätzen und sagen, was gut für euch ist.
Das müsst ihr schon unter euch ausmachen. Will sie das du das machst?
Für mich hat der obige Satz dennoch einen bitteren Beigeschmack.
Hört sich für mich nach diesem "Retter" an, der nur das Beste für den Betroffenen will, aber in Wirklichkeit
nur dazu beiträgt die Krankheit aufrecht zu erhalten in dem er ihr die nötige Rückendeckung gibt und vor
den Konsequenzen ihrer Handlungen schützt.
Verstehst du was ich meine?
Und ich letztendlich auch noch unbedingt auf mich selber und meine Bedürfnisse aufpassen muss. Was schon schwer genug ist.
Stimmt - Sehr sehr wichtig! :wink:

Du selbst darfst bei all deinen Bemühungen nicht untergehen.

Re: Fressanfall - Sie geht an Lebensmittel meiner Familie

#8
hej,

ich habe jahrelanhg bei meinen eltern lebensmittel gegessen und meinem freund, mit dem ich zusammenwohne, auch schon viel weggegessen, ich hatte da keine skrupel. nach den essenfällen hat es mir immer wahnsinnig leid getan.
erst als ich darauf angesprochen wurde, von meiner mutter und auch von meinem freund, ist mir klar geworden, dass ich quasi geklaut habe. und das ist einfach nicht o.k., ob mit oder ohne bulimie.

zurück zu deiner freundin... wie du selbst schon sagst, schränkt dich das wahnsinnig ein und das wird dich evtl. noch weiter einschränken weil bulimie ganz viel raum und zeit einnnimmt, die du gerne mit ihr verbringen möchtest.

wie bereits gesagt wurde muss sie wahnsinnig verzweifelt sein, was aber den diebstahl auch nicht rechtfertigt und sie die konsequenzen tragen muss-
wissen deine eltern von der bulimie? es hilft wenn die beteiligten wissen was vor sich geht, vielleicht kann man gemeinsam einen weg finden damit unzugehen. ist für die angehörigen ja auch echt eine belastung und sind oft hilflos und schauen deshalb auch oft gerne weg oder akzeptieren es still und leise.

meine mama hat gestern vor versammelter mannschaft beim abendessen gesagt: "wir stellen jetzt regeln auf und das bedeuted, wenn du hier einen fressanfall hast und kotzt musst du deine ferien woanders verbringen"
und beim frensehschauen durfte meine schwester süssigkeiten holen aber musste sich erst den schlüssel bei meinen eltern für den süssigkeitenschrank abholen weil ich im haus bin und der zugesperrt wird. und das find ich auch ok, seit neustem reden wir offen in der familie über meine bulimie und mir hilft das sehr!

also ich kann dir nur raten immer und immer wieder tacheles mit ihr zu reden und evtl. deine eltern einzuweihen, verheimlichen und ausflüchte begünstigen das fortschreiten der krankheit nur.

viel glück,

nuova
hätte hätte fahrradkette

Re: Fressanfall - Sie geht an Lebensmittel meiner Familie

#10
Anublaka hat geschrieben:
lass sie, lass sie fressen, sie tuts ohnehin
Finde ich nicht gut, denn im grunde genommen ist es doch ein Hilfe schrei des Betroffenen, das irgendjemand daraf reagiert. Klar man darf sie nicht zwingen das zu unterlassen oder sie deswegen schimpfen, aber Hilfe anzubieten und viele Gespräche und Liebe geben kann wahre Wunder wirken einen Fressanfall aufzuhalten.
Stimmt, ich habe ja auch explizit geschrieben, dass "Hilfe bieten, Gespräche führen und Liebe geben" am besten zu unterlassen wäre! :roll:

Re: Fressanfall - Sie geht an Lebensmittel meiner Familie

#11
nuova hat geschrieben: meine mama hat gestern vor versammelter mannschaft beim abendessen gesagt: "wir stellen jetzt regeln auf und das bedeuted, wenn du hier einen fressanfall hast und kotzt musst du deine ferien woanders verbringen"
und beim frensehschauen durfte meine schwester süssigkeiten holen aber musste sich erst den schlüssel bei meinen eltern für den süssigkeitenschrank abholen weil ich im haus bin und der zugesperrt wird. und das find ich auch ok,

ok, dann muss ich das insofern zurücknehmen, dass diese "regeln" anscheinend auch bei manchen funktionieren. ich hatte nur von mir gesprochen. natürlich hilfts mir, wenn kein süßkram in greifbarer nähe ist, aber das gefühl bei sowas andere "um erlaubnis fragen zu müssen" würde mich persönlich noch agressiver machen und wäre also bei mir zumindest kontraproduktiv. aber gut und interessant, wenn es bei anderen funktioniert.

Re: Fressanfall - Sie geht an Lebensmittel meiner Familie

#12
@erdbeere Bulimie ist bei mir zu Hause nicht tabu. Das würde nur bedeuten, dass sie wohl nicht mehr zu mir nach Hause kommt und das will ich nicht. Ist eine Gratwanderung, einerseits möchte ich sie nicht in der Bulimie unterstützen, andererseits möchte ich sie bei mir haben. Und eben nicht wissen, dass sie in der Ferne frisst und kotzt.
Trotzdem sollte sie sich nicht frei an den Lebensmitteln meiner Familie für ihre Sucht bedienen. Und eigentlich auch nicht an meinen.
Finanziell jetzt weniger von meinen Verhältnissen aus gesehen als von ihren. Zumindest die kleine Hoffnung, dass sie die Sucht einschränkt, wenn sie „pleite“ ist. Zurzeit wird sie (leider) von ihrem Vater finanziell unterstützt. Wenn der wüsste, dass sie das Geld eigentlich nur zum Fressen&Kotzen nutzt…
Trotzdem hoffe ich, dass zumindest das Geld sie etwas einschränkt. Nur wie ich sie finanziell auffangen kann, bevor sie stehlen geht, dafür habe ich überhaupt keine Idee. Nur die große Hoffnung, dass ich mir um dieses Problem hoffentlich nie konkrete Gedanken machen muss. Nur was wenn doch? :(
Meine eigene Essstörung ist besser geworden. Kleine Schritte, aber ich mache Fortschritte :) Wohl auch zum Teil durch sie, weil ich durch sie noch wesentlich bewusster über Essen nachdenke und sie mir auch eine Atmosphäre gibt was neues auszuprobieren. Und auch was pragmatisches, das mir im Rückblick aber sehr hilft mich mehr zu trauen: Falls ich es nicht essen kann, kann ich es ihr mit einem Kuss übergeben und bin nicht gezwungen es herunterzuschlucken oder auszuspucken. Das hilft!
Was mir durch diesen Thread noch einmal bewusst geworden ist wie widersprüchlich die Ansätze sind und man wirklich konkret ausprobieren muss, „was funktioniert“ und vor allem nicht nach ein paar Versuchen aufgeben darf, nur weil das angeblich bei anderen funktioniert hätte.
Zum Beispiel das Beispiel von nouva mit der versammelten Mannschaft. Meine Freundin meint dazu, wenn ich das machen würde, würde sie schreiend rausrennen und sich einsam einschließen für die nächsten Jahre….
Oder das mit Erlaubnis fragen oder oder.
Die Lösung scheint wohl alle Ideen sammeln und ausprobieren. Ein eigenes persönliches Therapiekonzept erstellen. Und reden. Und in Frage stellen. Auch Regeln.
Und das hat meine Freundin auch selber gesagt. Ständig das „Therapiegerüst“ hinterfragen. Was gestern half, kann heute schon wieder kontraproduktiv sein.
Insofern bin ich dankbar für jede weitere Anregung.
Vor allem wie wir die Gratwanderung schaffen, dass die Bulimie nicht ihr Leben vollständig zerstört.