Hallo tutjut,
meine Antwort kommt zwar etwas spät, vllcht hilft sie dir aber trotzdem noch.
Zunächst einmal mach dir bitte keine Vorwürfe! Es ist kaum möglich so etwas zu merken, wenn man nicht explizit drauf achtet.
Vor etwa einem Jahr war ich in der selben Situation wie du. Meine (nun Ex-)Freundin, auch in dem Alter, erzählte mir, dass sie an Bulimie litt. Ich weiß nicht, ob dir da irgendwelche Gedanken gekommen sind, als dir deine Freundin das erzählt hat, ob du Zweifel bekommen hast, ob du trotzdem mit ihr zusammen sein willst...Mir kamen sie damals nicht, ich dachte "mir macht das nichts aus" und "wir schaffen das schon". Legitim wären die Zweifel dennoch, falls du welche hattest.
Nun zu deinen Fragen: Ich bin natürlich jetzt kein Experte bzw. Psychologe oder sowas, d.h. ich kann dir nur von meinen Erfahrungen berichtet, so wie ich die Krankheit erlebt habe usw...
Der erste Schritt wäre, dass sie davon wegkommen muss, sich zu für die Krankheit zu schämen. Das ist natürlich wahnsinnig schwierig, aber in nem gewissen Grad kommt man da einfach nicht drum rum und es ist auch der erste Schritt in die richtige Richtung. Denn ganz wichtig wäre eine Therapie. Meine Exfreundin hatte sich damals am Anfang auch nicht getraut einen Psychotherapeuten anzurufen, weil sie sich geschämt hat. Ermutige sie da immer wieder. Das ist anstregend - nicht im Sinne von es nervt irgendwann - sondern es kostet einfach sehr viel Kraft immer wieder, mit genügend Feingefühl, sie zu ermutigen, wenn man einerseits weiß "sie kanns langsam nicht mehr hören" und sich andererseits denkt "was ist daran jetzt so schwer einen Arzt anzurufen?"
Also: erster Schritt (wenn sie dafür bereit ist): zum (Haus)Arzt gehen, Liste mit Psychotherapeuten geben lassen, mit mehreren einen Termin ausmachen, den (nach Gefühl) am besten passenden aussuchen. Leider kann es aber wirklich sehr lange dauern, bis man eine Therapie beginnen kann, diese Psychotherapeuten sind oft sehr lange im voraus schon "ausgebucht". Wichtig ist aber, dass sie diesen Schritt selber einsieht und auch machen will. Du kannst sie dazu immer nur wieder ermutigen.
Dann das Thema mit den Eltern und Freunden: Meine Exfreundin hatte es ihren Eltern (+ Geschwistern) erzählt, und es war unglaublich, wie sie damit umgegangen sind. Keinerlei Verständnis, Beleidigungen aufs Übelste, ich hab am Anfang gedacht im bin im falschen Film. Genau das Gegenteil was man eigentlich von einer "Familie" erwarten würde. Im Grunde war diese Familie ansich schon eine kaputte, und gerade da hat die Bulimie ins Bild der "heilen Familie" natürlich nicht reingepasst. Ich will dir natürlich jetzt keine Angst machen, ich sage nur, so etwas kann passieren. Ich weiß jetzt natürlich auch nicht, welches Verhältnis deine Freundin zu ihren Eltern hat. Das beste was passieren könnte, ist dass sie sich diesem Problem annehmen und sie unterstützen. Mit den Freunden/Freundinnen war das im Prinzip ähnlich: Eine interessierte es nicht, bzw. sie konnte damit nicht umgehen und "verdrängte" das Ganze mehr oder minder, es gab aber auch eine, die sie unterstützte und für sie da war.
Die Frage ist halt auch, ob sie drum rum kommt, es den Eltern zu erzählen, denn wahrscheinlich würde ja die Bezahlung der Therapie über die Krankenkasse der Eltern etc. ablaufen. Wie gesagt ich will dir da keine Angst machen, aber sie hat halt leider schlechte Erfahrungen an dieser Stelle gemacht. Am Ende sind sie etwas "aufgetaut", da gab es dann etwas Unterstützung und auch Verständnis, wodurch die Krankheit dann auch besser wurde.
Eins muss natürlich klar sein: Die Krankheit ist nicht ohne Grund da. Deine Freundin kann nichts dafür, dass sie sie hat. So wie ich die Krankheit kennengelernt hab, ist das Essen einfach der Ersatz für etwas, was fehlt bzw. gefehlt hat, z.B. Liebe. Deswegen fällt es diesen Personen auch oft so schwer, sich selbst lieb zu haben, bzw. sie hassen sich dann richtig. Du kannst ihr zumindest einen Teil dieser fehlenden Liebe geben, aber sei dir bewusst, dass es ist unglaublich anstrengend ist. Nicht Liebe an sich zu geben, denn das tut man nun mal, wenn man jemanden liebt (wovon ich mal ausgeh wenn ihr zusammen seid

), aber dieses Defizit auszugleichen, ist sehr sehr schwer.
Unsere Liebe hat es irgendwann kaputt gemacht, irgendwann war sie wie "verbraucht", aber meine Freundin ist gesund geworden. Und wenn du deine Freundin wirklich liebst, ist das auch das Einzige, was zählt.
Aber vorsicht: Es geht vor allem auch um DICH! Du musst dir echt im Klaren sein, dass das eine unglaubliche Belastung ist, jemanden, den man liebt, jeden Tag "leiden" zu sehen, und dass es sehr anstregend ist, immer wieder guten Mut zuzureden.
Zusammengefasst:
Was du tun kannst: Liebe geben (hört sich blöd an ich weiß

), sie ermutigen, ihr klar machen: sie ist etwas WERT, sie ist toll so wie sie ist (und dass ist sie, sonst wärst du ja nicht mit ihr zusammen

) -> sie muss sich selber lieb haben, sonst hat sie auch kein anderer lieb (sollte eigentlich jedem Kind beigebracht werden).
Sie muss: von der Bulimie loskommen WOLLEN (ohne das geht es nicht, und nur so kann man sich Schritt für Schritt nach vorne kämpfen).
Ich könnte hier noch tausend andere Erfahrungen aufschreiben, aber ich weiß nicht wo ich die jetzt noch unterbringen soll. Falls du noch Fragen hast, kannst du mir natürlich gerne schreiben

Ich wünsche euch alles Gute, und vergess dich bitte nicht, denn du hast auch noch ein eigenes Leben, pass auf, dass es nicht kaputt geht!