Hat meine Schwester einen Rückfall?

#1
Hallo zusammen!
Ich bin neu hier und weiß nicht mehr weiter...
meine Schwester hat seit über 10 Jahren Bulimie und ist seit etwa 3 Jahren in Behandlung. Letztes Jahr im Frühjahr hat sie ihre Therapie beendet. Ich war so glücklich weil ich dachte es ist endlich vorbei. Ich glaube danach hat es auch ert einmal ganz gut geklappt. Seit ein paar Monaten nehme ich wieder alte Verhaltensmuster an ihr wahr- sie kamen sehr schleichend so dass ich es lange Zeit gar nicht bemerkt habe. Sie ist wieder aggressiver (allerdings hat sie vor kurzem auch mit dem rauchen aufgehört) und vor allem dreht sich auf einmal wieder alles um ihr Gewicht. Meine Schwester ist wundeerhübsch und bei Normalgewicht gut proportioniert. Seit Monaten versteckt sie sich wieder unter "Zelten" und an ihrer Körpersprache merke ich dass sie sich immer unwohler fühlt. Sie fragt ständig ob sie nicht zugenommen hätte obwohl eher das Gegenteil der Fall ist. Meine jüngere Schwester wohnt mit ihr zusammen und meint dass die Vorratsschränke wieder schneller leer gehen. Auch sagt J. selber dass sie so großen Appetit habe den sie schlecht unter Kontrolle bekommt (auf Familienfeiern etc. gut zu beobachten). Jetzt habe ich wahnsinnige Angst, ich weiß nicht was ich tun soll. Das kann doch nicht sein!!! Ich liebe sie so sehr und ertrage es nicht dass sie ihr Leben zerstört. Sie ist der typische "Bulimie-Character" und oft ist der Umgang schwierig. Sie ist Mitte 20 und hatte jetzt länger keine Beziehung mehr. Aber ich denke es liegt daran dass sie sich selbst nicht leiden kann, denn das strahlt sie aus. Sie allerdings zieht den Rückschluß dass sie- weil sie keinen freund hat- nicht liebenswert sei. Das ist so schrecklich und zerreißt mir das Herz und ich wünsche mir nichts sehnlicher als dass sie eine tolle Beziehung hätte. Jetzt hat sie gerade Klausurphase und ich werde sie danach auf meine Vermutungen ansprechen. Und doch habe ich große Angst davor dass sie sich bewahrheiten. Denn ein Rückfall hat sicher eine schlechtere Prognose, oder?
Eine Farge habe ich noch die mir sehr auf dem Herzen brennt: Sie hat kurz nach Therapieende zu mir gesagt dass es normal wäre wenn man hin und wieder noch kotzen würde. Sie hat das so plausibel erklärt dass ich ihr geglaubt habe. Aber ich ahne dass das völliger Quatsch ist, oder...???

Über Antworten würde ich mich sehr freuen denn ich bin total verzweifelt!
K.

Re: Hat meine Schwester einen Rückfall?

#3
Hi Katja,

ich finde es sehr rührend, wie Du dich um Deine Schwester sorgst! Ich denke, Du hast vermutlich Recht mit Deinem Verdacht, dass Deine Schwester (wieder?) in der Bulimie hängt. Das "wieder" habe ich mal in Klammern gesetzt, denn Therapieende ist nicht gleichbedeutend mit Therapieerfolg. Leider. Oft genug ist es das nicht, aber man hört halt trotzdem auf, weil man mit der Therapeutin nicht klar kommt, oder resigniert, oder keine Zeit mehr hat, oder die Krankenkasse keine Stunden mehr zahlt... oder oder oder...

Ich denke, Du solltest ihr sagen, dass Du Veränderungen bemerkt hast, die Dir Sorgen machen (wie die Kleidungswahl, die Agressionen und das Reden über Gewicht, unkontrolliertes Essen). Sag ihr, dass Du verstehst, dass die Klausurenphase stressig für sie ist. Wenn Du kannst, biete ihr ein offenes Ohr an, oder ein Buch über Prüfungsangst oder zu einer Beratungsstelle mit zu gehen oder was auch imemr Du anbieten kannst und willst.

Und ja, die Sache mit "hin und wieder kotzen" (außer bei Magen Darm Grippe o.ä.) war natürlich Quatsch. :roll: Leider sind selbst ehrliche Menschen bei Essstörungsthemen nicht unbedingt ehrlich.... :roll:

und keine Panik wenn man jemand ein paar Stunden nicht antwortet. :wink:

lg

aire
Zuletzt geändert von aire am Mo Jan 10, 2011 17:06, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Hat meine Schwester einen Rückfall?

#4
Sie hat kurz nach Therapieende zu mir gesagt dass es normal wäre wenn man hin und wieder noch kotzen würde
nur mal kurz dazu:
Das ist vielleicht Ansichtssache, aber ich bezeichne mich selbst seit fast 5 Jahren als clean - trotzdem kommt es ca. 3 - 4 Mal pro Jahr vor, dass ich selbst induziert erbreche. Ich persönlich finde so was kommt vor. Solange man ansonsten ein normales Essverhalten hat, nicht übermäßig Sport treibt, Abführmittel nimmt oder so, ist das meines Erachtens nicht weiter bedenklich. Wichtig für mich ist, dass ich mir dann keine Vorwürfe mache, aber das auch nicht auf die leichte Schulter nehme. Ich reflektiere warum das passiert ist und überlege mir, wie ich das das nächste Mal verhindern kann (bzw in den nächsten Tagen, nach meiner Erfahrung wird es erst dann gefährlich, wenn das mehrere Tage hintereinander passiert - die Hemmschwelle wird dann immer niedriger...)
Als ich vor einem Jahr eine solche Phase hatte, in der ich in ein paar Wochen täglich erbrochen habe, habe ich dann auch wieder meine ehemalige Psychiaterin aufgesucht.

Mich würde übrigens interessieren, was du darunter verstehst:
Sie ist der typische "Bulimie-Character" und oft ist der Umgang schwierig.
Liebe Grüße
dés
http://www.youtube.com/watch?v=AnG1fCFi9Yw

Re: Hat meine Schwester einen Rückfall?

#5
Hallo Des,

"hin und wieder" klang für mich nach öfter als drei, vier Mal im Jahr. Eher so ein Mal die Woche. Aber ich kann mich ja irren.

Und über den "typischen Bulimie-charakter" habe ich mal großzügig hinweg gelesen, bevor ich mich aufrege. Klingt irgendwie als kenne sie dirvere Bulimikerinnen, die alle gleich waren....

lg

aire

Re: Hat meine Schwester einen Rückfall?

#6
Ich kann Aire da nur zustimmen. Eine Therapie garantiert leider nicht den 100%-igen Erfolg. Auch sind die Rückfallquoten ziemlich hoch, wie bei jeder Suchtkrankheit auch (Alkoholismus hat z.B. in etwa eine 30%-ige Rückfallquote).
Deine beschriebenen Symptome deuten, bei aller Vorsicht der Interpretation, darauf hin, daß es ihr zumindest nicht gut geht und wohl alte Verhaltensmuster wieder aufbrechen.

Wie steht ihr denn zueinander ? Eine Vertrauensperson als Bezugsperson kann sehr wichtig sein. Allerdings nicht mit dem mahnenden Finger, sondern mit Verständnis für die Situation.

Rückfälle sind im übrigen immer möglich und so wie desampere es beschrieben hat, kein Beinbruch, solange sie reflektiert werden. Ein Rückfall bedeutet nicht zwangsläufig Rückkehr in die Sucht. Nach einer Langzeittherapie wird, oder sollte man, noch eine zeitlang therapeutisch begleitet werden. Ich nenne es einfach mal Nachsorge. Hat sie einen solchen Thera ? Dann arbeite darauf hin, daß sie ggf. wieder den Kontakt sucht.

... den typischen "Bulimie-Charakter" gibt es übrigens nicht. :wink:

wünsche Dir viel Erfolg und Euch beiden alles Gute

Caruso
Die Weisheit lief mir nach, doch ich war schneller .....

Re: Hat meine Schwester einen Rückfall?

#7
Vielen lieben Dank für eure Antworten! Und zunächst einmal möchte ich mich entschuldigen- es gibt natürlich keinen "Bulimie-Character", viel mehr meinte ich damit Veränderungen die bei meiner Schwester im Laufe der Erkrankung statt fanden. Wie zum Beispiel diese Aggressivität und der Selbsthass. Außerdem ist sie sehr launisch, fast unberrechenbar. Das ist nicht immer einfach. Ich wollte auf jeden Fall niemandem auf die Füße treten!
Ja seltsam, ich habe irgendwie gedacht, die Sache wäre vorbei. Es wäre so einfach gewesen. Ich sorge mich sehr, aber mir fällt der Umgang mit der Erkrankung auch sehr schwer. Ich fühle mich oft schuldig, denn als die Krankheit "offiziell" wurde habe ich mich oft in mein Schneckenhaus zurück gezogen und ich habe ihr glaube ich nicht richtig helfen können. Zwar war ich immer da, aber es viel mir sooo schwer dieses Thema anzusprechen und ich habe es meist meiner Mutter überlassen.
Komisch, über alles haben wir reden können (und tun es immer noch), bloß nicht über ihre Krankheit.
Inzwischen bin ich erwachsen und ich möchte dieselben Fehler nicht wieder machen.
Ich habe solche Angst um sie. Bei mir ist immer alles glatt gelaufen, sie war immer schon das schwarze Schaf (in der Schule schlecht, etcpp,...) Und jetzt misst sie sich immer an mir! Es klingt arrogant, so ist es aber nicht gemeint. Ich meine damit dass ich mich so schuldig fühle. Wieso hat bei mir immer alles funktioniert und bei ihr nicht? Vor allem das mit der glücklichen Beziehung. Sie hängt sich da total daran auf, es geht nur noch darum dass sie ja keinen Freund hat (während ich mich gerade verlobt habe). Ich bin ziemlich sportlich und schlanker. Sie wiegt halt etwas mehr, hat dafür eine tolle Oberweite! Aber das sieht sie nicht. Ich bin glücklich und manchmal schäme ich mich dafür.

Und was ist wenn es jetzt wieder so schlimm wird? Wenn sie da niemals raus kommt? ich hatte so gehofft dass jetzt alles vorbei ist. wir sind uns sehr nahe und haben eine sehr enge Beziehung. Und sie ist so großartig, ich verstehe einfach nicht warum ihr immer irgend eine Sch*** passiert! Es ist so ungerecht!

Also ich werde sie nach den Klausuren darauf ansprechen und versuchen ihr zur Seite zu stehen wie ich nur kann. Ich bin froh wenn ihr sagt dass es wahrscheinlich ein Rückfall ist denn so kann ich mich darauf einstellen und vorbereiten. Danke! Vielleicht habe ich einfach das gerade gebraucht um einen Anfang zu finden und meine Angst vor dem "Vielleicht" zu verlieren...

Re: Hat meine Schwester einen Rückfall?

#8
KatjaD hat geschrieben: Wieso hat bei mir immer alles funktioniert und bei ihr nicht?
Cool, sowas gibt's wirklich? :shock: So glückliche Beziehung und guten beruflichen Stand und Freunde und so? *nichtglaubenkann*

Ich wünsche Dir viel Kraft für das Gespräch. Ich weiß, es ist schwer. Wenn ich mich mal trauen würde, was bei meiner Mutter anzusprehcen. :roll: :roll: :roll: )

Kannst uns ja berichten, wie es war. Wir kratzen Dich dann vom Boden auf, wenn das Gespräch schlecht lief. (Auch wenn wir ein Haufen unberechenbarer, launischer, agressiver Bulimiker/innen sind :-X) )

lg

aire
Zuletzt geändert von aire am Mo Jan 10, 2011 18:57, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Hat meine Schwester einen Rückfall?

#10
ksiezniczka!. hat geschrieben:*ironie-an*
aire hat geschrieben:
(Auch wenn wir ein Haufen unberechenbarer, launischer, agressiver Bulimiker/innen sind :-X) )

*ironie-aus*


(nur zur Sicherheit ;)
ein Haufen unberechenbarer, launischer, agressiver Bulimiker/innen, der sich selber hasst. Ich vergaß. :oops:

Ps: Kniesi, was machst Du da??? Aire-Auslegung für Neulinge??
Zuletzt geändert von aire am Mo Jan 10, 2011 21:18, insgesamt 1-mal geändert.