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Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 21:24
von misskitty
Ich habe hier zwar nichts zu suchen...aber ich wollte schon immer mal etwas wissen.
Ich stelle mir die Frage wie wohl Gesunde uns Essgestörte sehen...also...seht ihr uns wie psychisch unstabile schwache Leute die einen auch anekeln und anwidern?
Will man mit so Leuten wie uns nichts mehr zu tun haben weil man ekelhaft ist...usw...
Sorry für die Frage....aber es ist doch bestimmt so dass ihr uns so wie Drogis seht....so wie ein Junky an der Nadel hängt...als wäre man Abschaum.... so zu sagen...das was die Naturselektion als Abfall aussortiert hat.....!!!!

Ich weis...der letzte Part war sehr provokant...und bestimmt versaue ich es mir jetzt mit nen Paar Leuten....
Aber wäre schön wenn jemand mal knall hart sagen würde was er offen und ehrlich darüber denkt.




PS: sorry an alle die sich angegriffen fühlen...und noch ein großes sorry an alle die krank sind und ich mit meinen Worten verletzt habe...weis auch nicht was in mich gefahren ist!:(





PPSS: danke @aire wegen der RS-Korrektur!;)

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 21:31
von aire
Also, ich erinnere mich, dass ich mal (als ich noch gesund war), einen TV Vericht über eine Frau mit Bulimie gesehen habe. (Der mich Jahre später inspiriert hat :roll: aber das tut ja hier nix zur Sache). Jedenfalls hatte ich damals sooo viel Mitleid mit ihr. So wie man das mit physisch kranken Leuten halt auch hat.

Als ich dann selbst gekotzt habe, hatte ich freilich kein Mitleid mit mir. Hab es auch nicht als Bulimie betrachtet.

Ansonsten wirst du bestimmt auch unaufgeklärte Leute finden, die sich unter Bulimie nur Disziplinlosigkeit oder Dummheit vorstellen. Oder nicht mal wissen, was es ist. Es gibt wirklich die unterschiedlichsten Reaktionen. Wichtig ist doch viel mehr, was du über dich denkst und dass du dich annimmst. Nicht was irgendein Spinner an sienem PC denkt....

lg

aire

Ps: "widerlich" ohne "e" nach dem "i" bitte. Und "eklig" ganz ohne "c".

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 21:51
von misskitty
Naja...ich denke mir schon dass ich darauf auch keine Antwort von einem GESUNDEM bekommen werde.... :|

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 21:56
von Virginia
Will man mit so Leuten wie uns nichts mehr zu tun haben weil man ekelhaft ist...usw...
Das frage ich mich auch sehr oft. Bei mir wissen es nämlich die wenigsten.
Aus meiner Sicht kann ich dazu eigentlich nichts sagen. Ich bin schon mit 12 magersüchtig geworden, und vorher habe ich mich mit dem Thema nie befasst.
Ich war sehr lange auf diesem Trip, also totale Kontrolle und darauf stolz sein. Mir fällt gerade etwas Seltsames auf: In meiner ganzen Magersucht habe ich mich auch nie mit Bulimie beschäftigt. Erst als ich mit 19 in eine Selbsthilfegruppe ging, wurde ich mit diesem Problem konfrontiert.

Also kann ich nur schreiben, was mein Umfeld darüber denkt, also diejenigen, die davon wissen.
Eine ehemalige Freundin von mir kommt aus einem sehr armen Land in Südamerika. Sie hat mich immer ausgeschimpft, weil sie in erster Linie die Verschwendung von Lebensmitteln sah. Ich denke mal, sie konnte den psychischen Hintergrund nicht verstehen, sondern betrachtete Bulimie als eine Luxuskrankheit :shock:
Meine jetzigen beiden besten Freundinnen wissen davon. Eine weiß alles, die andere nur von den FAs.
Aber da es sehr gute Freundinnen sind und wir uns in vielen Bereichen kennen, definieren sie mich nicht darüber, sondern sehen es eben als eine Facette von vielen. Sie machen sich Sorgen, klar, aber es ist nicht dominant in unserer Beziehung, und ich denke auch nicht, dass sie sich deswegen vor mir ekeln oder so.
Meine beiden Tanten können gar nicht damit umgehen. Sie wollen das Thema immer totschweigen, vielleicht ist das generationsbedingt? Wir sprechen sonst zwar über sehr persönliche Dinge, aber wenn ich davon erzähle, blocken sie immer ab. Da steckt sehr viel Angst dahinter, merke ich.

Viele Jahre lang hatte ich ausschließlich essgestörte Freunde. Es war mein Lebensinhalt, und ich habe mich nur mit solchen Leuten zusammengetan. Entweder kannte ich sie aus der SHG oder aus dem Internet.
Mittlerweile habe ich zu keinem von ihnen mehr Kontakt. Ich kann mit der eindimensionalen Themenwahl nicht mehr so viel anfangen, denn eigentlich steckt ja etwas anderes dahinter als das Essen. Es nervt mich, immer nur über Essen zu reden.
Sorry, irgendwie bin ich jetzt vom Thema abgekommen.
Also in mir selbst ist schon auch dieser Gedanke, von wegen: Es fällt längst nicht so schwer, zu sagen "Ich habe eine kleine Essstörung" oder "Ich habe nachts FAs", wie zuzugeben, dass man absichtlich kotzt.
Es ist ein Tabuthema in der Gesellschaft, das denke ich jedenfalls.

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 21:58
von aire
Mir fällt da wieder "Stigma" ein. Buch von Ervine Goffman

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 22:12
von Virginia
Weißt Du was :?:
Ich hatte erst Stigma in der letzten Zeile stehen, bevor ich es in Tabuthema geändert habe :shock:
Weil ich dachte, dass manche hier vielleicht nichts mit dem Wort anfangen können.
Ist das Buch lesenswert?

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 22:46
von misskitty
Verstehe ich das richtig wie es gemeint war von euch beiden?...habt ihr das Gefühl diskriminiert zu werden...?
oder sind wir diejenigen die sich selbst diskriminieren....???
Da liegt auch meine Intention...Es raus zu finden...

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 22:58
von Virginia
Also diskriminiert fühle ich mich vor allem von Männern und von Menschen aus älteren Generationen.
Die machen oft sehr unpassende Bemerkungen zu dem Thema. Ich habe oft darüber mit Leuten gesprochen, ohne über mich zu sprechen, weil ich das Gebiet ja auch studiert habe und es sich so ergeben hat. Da kam dann oft ein blöder Spruch.

Früher habe ich mich selbst diskriminiert. Ich habe lange gebraucht, um einzusehen, dass Bulimie keine Charakterschwäche sondern eine ernstzunehmende Krankheit ist. Das kam daher, dass ich immer mal geschafft habe, ein paar Wochen damit aufzuhören, deshalb dachte ich, dass das mit der richtigen Disziplin auch für immer gehen muss und ich einfach nur zu schwach dazu bin.
Jetzt muss ich mir immer noch oft ausdrücklich sagen, dass es nicht meine Schuld, mein Fehler, meine Schwäche ist, sondern ein Resulatat von komplexen Vorgängen und irgendwie auch eine Überlebensstrategie. Das Wort mag ich, das nimmt der Krankheit diese Erniedrigung.

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 23:21
von misskitty
@Virginia
Das stimmt das älteren Generationen oftmals kein Verständnis für sowas haben können...vor Allem nicht Omis und Opis die schwere Zeiten und Krieg erleben mussten...die mussten wirklich hungern... (vor solchen Leuten würde ich mich wahnsinnig schämen meine Krankheit zu offenbaren...einfach auch aus Respekt was sie damals durchmachen mussten...)

Eigentlich wollte ich mehr in die Richtung gehen wie Eltern...Geschwister...oder Partner...die Kranken sehen... weniger die breite Masse da draußen...



Mir ist in den letzten Tagen aufgefallen dass ich garnicht klar komme und garnicht mehr weis wie ich mit meiner Krankheit umgehen soll...ich schäme mich dafür...will nicht zu den "Kranken" gehören...und...ich habe mir ernsthaft die Frage gestellt ob diese Krankheit nicht nur eine Ausrede dafür ist...weshalb ich mein Leben nicht auf die Reihe bekomme...so nach dem Motto...hey! solange ich die Krankheit habe...habe ich ja immer noch für mich selbst einen Grund weshalb etwas nicht funktionieren kann..... Ich weis garnicht wie ich es erklären soll.... aber, ich frage mich was das alles soll...diese kOTZEREI hat mir 20 Jahre meines Lebens und Gesundheit geraubt...ich bin nicht viel dünner, nicht viel schöner...ganz im gegenteil...auch nicht so wie ich je sein wollte...nur kränker und körperlich kaputter.....bin kein bisschen schlauer geworden....ES HAT ALLES NIX GEBRACHT....ich habe mein halbes Leben weggeschmissen...und bin über mich selbst stink sauer!

Bulemie hat nichts geholfen ...nichts geändert...es war nur eine beschiß*** kurze Möglichkeit zu flüchten... = ICH WAR EINFACH FEIGE! Verdammt....
Ich weis echt nicht ob ich diese Essstörung als Krankheit oder Sucht sehen soll...oder als eine beschißene Ausrede für Alles und eine Schwäche... Momentan sehe ich mich als VERSAGERIN!

Ich meine es gibt auch andere Menschen die m*ssbr**ch und andere schlimme Sachen erlebt haben...und haben deshalb aber nicht so eine Sucht entwickelt....also was ist da falsch gelaufen....?

Mist! ich schweife total vom Thema ab...


Man merke...ich bin total durch...
Rede nur noch sinnloses Zeugs...vielleicht hätte ich diesen Threat garnicht eröffnen sollen... :(

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 23:26
von aire
Bulimie. Es heißt Bulimie.
Eigentlich wollte ich mehr in die Richtung gehen wie Eltern...Geschwister...oder Partner...die Kranken sehen... weniger die breite Masse da draußen...
Ähm. Maybe you ask them....?

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 23:31
von Peter_B
Ich spreche nun mal aus der Zeit, als ich mit dieser Krankheit konfrontiert wurde:
1. war mein Wissensstand über ES nahe bei null. Ich kannte z.B. den Unterschied nicht zwischen Bulimie und MS.
2. Ablehnung, Diskriminierung war es bestimmt nicht, was ich empfand. Jedoch ungläubiges Kopfschütteln: Wie kann man nur k* als "Erleichterung" sehen, wo wir doch alle aus zumindest unserer Kindheit bei Krankheiten wissen wie unangenehm k* ist. Wie kann man sich das Essen sozusagen verweigern, egal, welche Figur man hat? Wie soll das überhaupt gehen, Unmengen von Lebensmitteln einfach in sich hineinzustopfen, egal was und wieviel? Da muss doch einfach das Sättigungsgefühl kommen.
Dies waren eigentlich meine Gedanken als "Unwissender". Eigentlich machte ich mir damals gar keine Gedanken, WIE Betroffene denn auf mich wirken würden, wie ich sie sehe. Denn ich kannte ja niemanden. Es ist auch einfacher, einen Drogen- oder Alkoholabhängigen als solchen zu erkennen, nur schon wenn er "geladen" hat. Ganz bestimmt habe ich aber NIE, zu keinem Zeitpunkt, gedacht, Menschen mit einer ES seien Abschaum, minderwertig, Menschen 2. Klasse oder ähnliches.

lg Peter

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 23:34
von misskitty
@ aire

BULEMIE, BULIMIE, ESS-BRECH-SUCHT ODER BULIMIA NERVIOSA!!!! Ist doch Wurst!
Studierst du Germanistik...oder warum so pingelig? Hauptsache man versteht den Inhalt!
:evil:

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 23:35
von aire
Ganz bestimmt habe ich aber NIE, zu keinem Zeitpunkt, gedacht, Menschen mit einer ES seien Abschaum, minderwertig, Menschen 2. Klasse oder ähnliches.
Liegt halt eh daran, dass du ein lieber Mensch bist, Peter. :wink: Ich glaube nicht, dass du irgendwen als "Abschaum" betiteln würdest. Was ich versucht habe, in dem anderen Beitrag zu erklären...

lg

aire

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 23:38
von misskitty
@Peter_B
Danke für die Antwort.

Re: Wie ihr uns seht..............?

Verfasst: Sa Feb 21, 2009 23:38
von Virginia
Okay, neuer Versuch :D
Eigentlich wollte ich mehr in die Richtung gehen wie Eltern...Geschwister...oder Partner...die Kranken sehen... weniger die breite Masse da draußen...
:arrow: mein Vater: Er kann gar nicht damit umgehen. Totschweigen, ignorieren, manchmal blöde Bemerkungen à la: "Dann trink halt nen Liter Wasser, wenn Du Heißhunger bekommst."
Ich habe ihm einmal einen Brief geschrieben. Er hat ihn nie erwähnt.
:arrow: meine Mutter: Sehr engagiert, akzeptiert es voll als Krankheit, hat irgendwie ein bisschen zu viel Mitleid manchmal. Sie respektiert, wie sehr ich kämpfe, aber natürlich geht es ihr zu langsam. Vom ihr immer der Spruch: "Du bist so ein apartes, intelligentes Mädel, warum hast Du nur so eine Krankheit?"
Einen richtigen festen Partner hatte ich erst einmal, eben wegen der ES. Das war noch in der Anfangsphase. Er war sehr verständnisvoll, auch wenn ich es damals noch nicht als Magersucht titulierte, eher als Dauerdepriphase.
Er hatte auch seine Themen, abhängige Mutter, gerade selbst dabei, mit Drogen anzufangen, viel zu sensibel für diese Welt.
Danach habe ich keinem mehr davon erzählt. Ich habe auch mit niemandem so eine intensive Beziehung erreicht. Das waren alles oberflächliche, kurze Sachen, in denen ich die Superfrau gespielt hat. Ich rede gerne über Autos, fremde Länder und meine Erlebnisse. Alles schön bunt ausmalen, dann reicht es den meisten. Es war nicht deren Schuld, die hätten nie im Leben die Chance bekommen, es herauszufinden.
ch habe mir ernsthaft die Frage gestellt ob diese Krankheit nicht nur eine Ausrede dafür ist...weshalb ich mein Leben nicht auf die Reihe bekomme...so nach dem Motto...hey! solange ich die Krankheit habe...habe ich ja immer noch für mich selbst einen Grund weshalb etwas nicht funktionieren kann.....
Genauso war es bei mir auch! Das schlechte Abi, das falsche Studium, die wenigen Freunde - alles ist nur wegen der Bulimie passiert. Und wegen der wird es sich auch nicht ändern.
Falsche Denkweise. ICH habe mein Leben in der Hand, und das Abi interessiert schon lange keinen mehr.
Ich kann meine Fehler nicht rückgängig machen, aber ich kann der Bulimie in der A... treten und für meine Träume kämpfen.
Flucht ist manchmal sehr verführerisch, aber man kommt immer wieder zu sich zurück. Das muss ich mir oft vor Augen halten, ich bin leider auch so ein Drogen- und Tablettenkandidat :oops:
Ich meine es gibt auch andere Menschen die m*ssbr**ch und andere schlimme Sachen erlebt haben...und haben deshalb aber nicht so eine Sucht entwickelt....also was ist da falsch gelaufen....?
Nicht alle Menschen sind gleich sensibel, manchen gehen die Dinge näher. Das muss man einfach respektieren und nachsichtiger mit sich sein. Es hat ja auch viele Vorteile, Stimmungen so intensiv und sicher wahrzunehmen. Das Leben wird reicher dadurch.
Es kann auch sein, dass man als Kind einfach gewisse Strategien nicht gelernt hat, mit seinen Problemen unzugehen. Dass man den Satz "Du kannst sowieso nichts" unterschwellig von der Familie mitbekommen hat.
So etwas macht auch viel aus, denke ich.
Rede nur noch sinnloses Zeugs...vielleicht hätte ich diesen Threat garnicht eröffnen sollen...
Quatsch. Ein bisschen schweift man immer ab, das machen Uniprofessoren auch nicht anders, und die müssten es ja eigentlich können. Hier gab es schon so viel Mist im Laufe der Jahre, dass Du Dich wirklich nicht für diesen Thread schämen musst!