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Hilfe gesucht bei den Betroffenen

Verfasst: So Jul 20, 2008 16:37
von roughntough
Frage an die Betroffenen;

ich habe meine Freundin seit 6 Wochen. Ich wusste das sie Essstörungen hat, wohl schon viele Jahre. Ihr Ex hat sie wohl deswegen verlassen. Wir hatten jetzt 4 Wochen eine traumhafte Zeit voller Emotionen. Vor 14 tagen hatte sie einen Rückfall der sich mittlerweile verstärkt hat. Nun ist sie relativ distanziert. Sagt mir sie glaube nicht nochmal lieben sagen zu können. Ich wäre ihr sehr wichtig. (vor ein paar Tagen) seitdem noch weniger emotion. sie nimmt zwar meine Hand, küsst mich oder lehnt sich an mich, aber nur wenn ich sie besuche. Von ihr kommt keine initiative mich sehen zu wollen. Liegt das an der Krankheit oder kann ich auch von einem kurzen Hochgefühl das sie hatte ausgehen. bis zu dem Rückfall war sie sehr anhänglich. Eigentlich höre ich nur noch negatives von ihr, bzgl ihrer FA und des Jobs. Heute hat sie sich eine Wohnung angeschaut die sie unbedingt haben möchte, da kommt aber keine Reaktion, trotz Nachfrage per sms. Ich verstehe nicht weshalb sie das "normale Bedürfniss" nach mir nicht mehr hat.

Wer kann mir ein wenig die Augen öffnen?

Verfasst: So Jul 20, 2008 18:07
von mart1
Hi,

als Betrfoffener von Bulimei schreib ich dir ;)

Durch die Bulimie geschieht es recht schnell die eigenen Gefühle nicht mehr wahr zu nehmen. So geht auch das Gefühl für körperliche Nähe/Berührung verloren und man spürt die eigenen Bedürfnisse nicht mehr. Weiters fühlt man sich ekelig (denn ja, Bulimie erzeugt das Gefühl "ich bin ekelig").

Es geschieht auch recht schnell sich nur negativ zu fühlen,d a auch schuldgefühle und scham auftrauchen, vor allem bei einem Rückfall. Gleichzeitig kommt die Angst hinzu doch für das restliche Leben mit dieser Krankheit konfrontiert zu sein.

Dann hab ich raus gelesen, dass sie von ihrem Ex anscheinend wegen ihrer ES verlassen wurde? Wenn das der Fall ist, spielt dann sicherlich mal die Angst mit, dass du sie auch dafür sitzen läßt und sie wiederum wegen ihrer Krankheit verlassen bzw. verletzt wird.

Obwohl du mir danach klingst, als würdest du wirklich zu ihr stehen wollen und ihr helfen wollen.

Gib ihr einfach Zeit würd ich mal sagen...

lg
mart1

Verfasst: So Jul 20, 2008 19:05
von roughntough
erstmal Danke für die schnelle Reaktion

hab hier schon so viel gelesen und auch eingesehen das es keine Patentratschläge gibt. Ist aber wirklich extremst hart sich von heute auf morgen so umzustellen. Habe mich auch etwas mitreissen lassen und leider etwas *kg verloren, aber nur weil es mir auf den Magen schlägt. Die Ungewissheit ihrer Gefühle zu mir ist wohl das härteste. Loslassen will ich auf keinen Fall, denn ich weiss ja wie sie ohne Ausbruch ist. Es ist nur so verdammt schwer zu verstehen das sie mich so ignoriert. (gefühlt)

Ich werde mich jetzt nicht von dieser Krankheit mit krank machen aber das ist ein ganz schöner Spagat. Zumal ich eigentlich sehr sensibel bin.

Ist es denn so schlimm wenn man sagt ich habe mir Sorgen gemacht??
darauf hatte sie sehr stark reagiert und mich gebeten zu gehen.

Wäre eine Ignoranz auf die Krankheit besser? Ich habe das Gefühl, obwohl sie mir ihren Hass auf sich etc. erklärt hat, das sie alleine damit klar kommen will? Eine Therapie hatte sie versucht, jedoch am Therapeuten gescheitert.

Verfasst: So Jul 20, 2008 19:31
von piccola
roughntough hat geschrieben:
Ist es denn so schlimm wenn man sagt ich habe mir Sorgen gemacht??
darauf hatte sie sehr stark reagiert und mich gebeten zu gehen.
ja. weil man sich auch dafür haßt, anderen sorgen zu bereiten. ich kann damit auch garnicht.
ignoranz ist auch falsch. du kannst nur eines tun: finde einen weg, ihr zu vermitteln daß du für sie da bist, wenn sie hilfe braucht und annehmen kann!
und hab geduld.
es ist schwer, in schlechten phasen jemand an sich ranzulassen, auch oder gerade wenn man diese person liebt. weil man sich eklig fühlt, wie mart1 schrieb, weil man sich selber hasst für das was man da tut, und auch, weil man eben anderen sorgen bereitet damit.

was auch gut wäre: wenn du sie zu einem zweiten therapieversuch ermutigen könntest! manchmal erwischt man einfach nicht beim ersten mal den richtigen thera, aber professionelle hilfe ist ganz wichtig!

lg,
pic

Verfasst: So Jul 20, 2008 19:45
von roughntough
Danke Dir, nehme es mir zu Herzen

aber wieso meldet sie sich nicht obwohl es doch etwas tolles ist mit der Wohnung. Fehlt da das Mitteilungsbedürfniss?

Verfasst: So Jul 20, 2008 19:54
von mart1
Hi,

es ist schon mal gut zu lesen, dass du dich nun nicht durch ihre Krankheit mit runterziehen läßt! Abgrenzung ist ganz wichtig, denn mir tut es immer innerlich weh, wenn es meiner frau schlecht geht wegen meienr Bulimie...

Ja, ich hasse es auch zu wissen dass sie sich Sorgen macht, obwohl sie sehr wohl das Recht dazu hat - ich mach mir ja auch Sorgen wenn es ihr nicht gut geht ;)

Ja eine neue Therapie zu finden wäre eine gute Idee - wie wärs mit Beratungsstelle?

es könnte sein, dass das Mitteilungsbedürfnis fehlt, denn Bulimie ist auch eine Krankheit der Lüge. Selbstlüge - man belügt sich selbst um nicht mit der Wahrheit konfrontiert zu werden und lüge gegenüber anderen um "nicht erwischt" zu werrden (ach was ich da meiner Frau schon alles für Märchen früher erzählt hab. Auch heute fällt mir Ehrlichkeit bei dieser Krankheit schwer...)

Das breitet sich dann aber weiter aus, wodurch auch das Mitteilungsbedürfnis anderer eigener Bedürfnisse zurück geht.

Manchesmal kann es auch zu einem Isolationsgefühl führen - lieber sehe ich niemanden mehr, denn so kann ich gar nicht ertappt bzw. damit konfrontiert werden.

"Mit Zeit geben" meinte ich nicht sie fallen zu lassen. Teile ihr einfach mit, dass du für sie da bist, wenn sie reden will, wenn sie eine Schulter benötigt, aber dränge sie nicht zum reden (ich fühlte mich früher immer in eine Ecke getrieben wenn das versucht wurde).

lg
mart1

Verfasst: So Jul 20, 2008 20:26
von roughntough
da sie sich ja immer noch nicht gemeldet hat, obwohl ich heute mittag eine sms bekam;

wünsch Dir viel spass beim Motorrad fahren, Bussi

sollte ich einfach noch mal eine an sie schicken?;

bin für dich da, Du kennst meine Gefühle für Dich

ich habe gerade keine Ahnung was richtig oder total verkehrt ist.

Sie soll ja auch nicht glauben das es / sie mir egal ist und ich mich vielleicht zurückziehe.


ich weiss das sie heute bei ihren Eltern schläft da sie morgen früh, leider ohne grosse Hoffnung, einen Ersttermin bei einem "normalen Therapeuten" hat. Ich würde so gern wissen wie es ihr geht bzw. was mit der Wohnung ist. Aber ich traue mich nicht um nicht zu klammern.

Verfasst: So Jul 20, 2008 20:40
von piccola
roughntough hat geschrieben:d

bin für dich da, Du kennst meine Gefühle für Dich
find ich gut!
und schreib ihr ruhig noch dazu, daß du ihr viel glück bei dem thera wünscht. daß du hoffst, mit der wohnung wird es was.
und vielleicht noch, daß du dich freuen würdest, wenn sie sich bei dir meldet, aber daß du warten kannst, wenn sie grad abstand braucht.

puh das ist grad schwierig, dir als angehörigem zu raten...

Verfasst: So Jul 20, 2008 21:11
von roughntough
hatte gerade ihren Anruf, Wohnung gefällt ihr nicht, hat keinen Bock mehr auf die Arbeit zu gehen, alles sch....

aber sie hat mich angerufen und das macht mich glücklich.
Habe ich ihr auch gesagt und von wegen immer für sie da, antwortete sie, "das weiss ich" in einem lieben Ton.

Ich glaube zu wissen wie schwer es ist sich mitzuteilen und bin daher sehr froh das sie es bei mir tut.

Und morgen abend will sie sich wieder melden, ich finde hört sich toll an.

Ihr seid mir hier eine wirklich große Hilfe, nicht nur um zu verstehen sondern auch mich mitteilen zu können. Dafür Danke ich recht herzlich.
Ihr dürft auch sehr gerne ihr heutiges Verhalten versuchen zu interpretieren. Würde mich sehr interessieren

Genauso frage ich mich wieso sie mit mir wie mit einem Kumpel spricht, wahrscheinlich aber mache ich mir hier was vor.

Verfasst: So Jul 20, 2008 21:52
von mart1
Hi,

ist schön zu lesen, dass sie sich bei dir gemeldet hat und sie dir auch die möglichkeit gab dich mitzuteilen und sie auch meinte, dass sie weiß dass du für sie da bist.

und ja du kannst es positiv sehen, dass sie versucht sich dir mitzuteilen.

das alles für sie sch*** ist zeigt, dass sie momentan großen stress hat, der sich durch den Rückfall auch zeigt ;)

Ich hoffe, dass ihr gemeinsam ihren Rückfall überstehen könnt.

Freut mich, dass es dir hilft dich hier mitzuteilen. und ja es hilft unglaublich viel sich darüber mitzuteilen und auch um besser zu verstehen.

lg
mart1

Verfasst: Mo Jul 21, 2008 9:15
von roughntough
kann es eigentlich auch sein das ich in die Rolle eines guten Freundes schlüpfe und damit als Partner mehr oder weniger an Wichtigkeit verliere?
Meine damit ob sich die Gefühle so umkehren können das wir nur noch Freunde sind? Wie sind da eure Gedanken oder Erlebnisse?
Gehen die verliebt sein Gefühle auch mal komplett weg und es ist nur noch ein Vetrauen in einen Freund?

Fragen über Fragen, aber es fühlt sich so an

Verfasst: Mo Jul 21, 2008 10:09
von Lorelai
hallo!

zuerst mal - ich finds schön, dass du dich seit du von ihrer krankheit weisst, bemühst verstehen zu lernen und dich informierst. das ist NICHT selbstverständlich und ein sehr schöner zug - sie kann sich glücklich schätzen jemanden wie dich gefunden zu haben.

wenn du sagst, es kommt dir vor, als wärst du vielleicht allmählich nur mehr freund...nun, mart1 hat dir ja schon beschrieben dass es schwierig werden kann seine eigenen bedürfnisse wahrzunehmen und körperliche nähe etc. zuzulassen. weiss nicht ob dir das hilft, aber ich kann dir von mir erzählen. im vergleich zu anderen hier habe ich wohl essenstechnisch mittlerweile wenig probleme, schleppe aber noch immer etwas mit mir herum und habe mir vorweg "beziehungen" sozusagen verboten, solange ich noch an meinen eigenen baustellen laboriere.
ungeplant hab ich dann vor einigen monaten doch jemanden kennengelernt und mich vehement dagegen gewehrt. erfolglos ;), wie sich mittlerweile zeigt, aber ich habe länger gebraucht, auch dafür körperliche v.a. aber seelische nähe zuzulassen. angst davor, zu merken dass mir jemand gut tut, den dann zu "brauchen", ohne die garantie dass er immer zu meiner seite sein wird und mich deshalb auch immer wieder zwischenzeitlich zurückgezogen u. zugeständnisse à la "ich will dich sehen/brauche dich" etc. fielen mir schwer bzw. gab es nicht.
vielleicht geht es ihr da ja ähnlich...

dass sich liebe in rein platonische gefühle verwandelt, kann allerdings in jeder beziehung passieren...unabhängig von irgendeiner krankheit, will ich meinen. was ich damit sagen will ist, eure beziehung steht doch noch ganz am anfang, was sowieso schon noch für unsicherheiten auf beiden seiten sorgt. (ist einfach so und normal) aber vielleicht gelingt es dir, das etwas isoliert zu betrachten und jetzt nicht jede unsicherheit, jedes kleine problem auf die krankheit zu beziehen. ihr müsst euch schliesslich beide erst kennenlernen.

Verfasst: Mo Jul 21, 2008 18:02
von roughntough
das ist eine tolle Aussage von Dir. Macht mich etwas sicherer und nimmt mir vielleicht etwas die rosarote Brille von der Nase. Sind wohl die typischen Gedanken wenn man relativ frisch verliebt ist. Ich muss mich in Geduld üben und akzeptieren das es wohl wie in jeder Partnerschaft läuft. Es ist halt wohl ein Trugschluss alles auf die BU zu schieben und zu suchen, schliesslich steckt ja der selbe Mensch dahinter, wenn auch in schwieriger Situation. Trotz allem helfen mir eure Aussagen sehr etwas mehr zu verstehen. Ich mag die Frau wirklich sehr und bin nicht bereit wegen dieses Rückfalls alles hin zu werfen nur weil es hart ist. Das wäre ja wohl auch ein Eingeständnis das Liebe nur schön sein muss

Verfasst: Mo Jul 21, 2008 18:11
von mart1
Hi,

hab grad nicht so viel zeit mehr (urlaubs-packstress...).

aber mir fällt was noch dazu ein:

[quote}
Es ist halt wohl ein Trugschluss alles auf die BU zu schieben und zu suchen,
[/quote]

Ja, es ist ein trugschluss. Für Angehörige und Betroffene von Bulimie die gemeinsam in einer Partnerschaft leben gibt es einen schönen spruch:

Die Thematik der Esstörung darf in der Parternschaft besprochen werden. Aber die Krankheit selbst darf nicht das Hauptthema der Partnerschaft werden.

Und wenn ich von mir selbst spreche:

Würde meine Frau mein gesamtes Verhalten auf die Esstörung übertragen wär ich irgendwie enttäuscht und würde mich nicht mehr beachtet fühlen. Denn nicht alles was ich tu und für sie unerklärlich ist, hat mit meiner bulimie zu tun ;)

lg
mart1

Verfasst: Mo Jul 21, 2008 18:26
von roughntough
eine Frage stellt sich mir aber doch brennend

wenn sie mich nicht sehen mag bzw. lieber alleine sein möchte und würde dann doch mit Freunden ausgehen (nur gedankliches Beispiel) wie könnte ich mir das erklären?

Das hätte doch nichts mit der Krankheit zu tun?!

Oder habt Ihr andere Erfahrungen?

@mart schönen Urlaub auch und Danke für die Zeit