Jaka hat geschrieben:Dieser Beitrag richtet sich an alle Angehörigen/FreundInnen/Bekannte etc von Bulimie- Betroffenen:
Mich würden ehrliche ansichten von euch bez. dieser Erkrankung sehr interessieren.
Ein paar Fragen, die zur Anregung dienen können:
-Was bedeutet Bulimie für euch?
Bulimie bedeutet für mich eine Krankheit die in erster Linie die Psyche angreift. Bulimie ist der Grund Grund ist für soziale Probleme, Verhaltensänderungen, Depressionen etc.
Als angehöriger ist es schwer zu begreifen wie wenig man tun kann, was man jedoch tun kann, und wie man sich verhalten sollte.
Es ist schwer abzuwägen was sich die Betroffene von einem selbst wünschen würde, denn die Aussage kommt selten. So ist es an einem oftmals selbst sich zu melden, Angebote zu machen zu gemeinsamen Aktivitäten etc. Bei all dem aber dann trotzdem sich nicht zu sehr beeinflussen, und auch die Betroffene nicht bedrängen.
Für mich bedeutet Bulimie und der Fakt dass ich davon weis dass sie betroffen ist, dass ich mir vorgenommen habe das einzige zu tun was man als Betroffener eigentlich tun kann:
Von diesem Abschnitt des Weges bis zum Ziel den Weg mitzugehen, durch alle Höhen und Tiefen und auch durch Irrwege. Mehr kann man nicht wirklich tun, und ich habe den Willen genau das zu tun.
- Was assoziiert man/frau damit?
Was assoziiere ich mit Bulimie... Ich assoziiere Verzweiflung, Wut, Hilflosigkeit.
Ich assoziiere wenn ich im allgemeinen "Bulimie" höre sofort was ich inzwischen von der Krankheit weis. Wenig assoziiere ich das Brechen, oder die FAs, sondern am meisten den Menschen dahinter, den Menschen der nach aussen hin so stark ist und nach innen oftmals schwach.
Früher hatte ich die Vorurteile die jeder hat, inzwischen bin ich schlauer (hoffe ich).
- Könnt ihr dieses Krankheitsbild in eigenen Worten definieren?
Hmm, eine verzweifelte Reaktion des Körpers auf psychische Probleme. Das Ego, das Selbstbewusstsein der Betroffenen ist gestört, sie haben vielleicht schlimmes erlebt oder wurden durch die Gesellschaft zu sehr in eine Rolle gezwäng. Leistungsdruck, Kontrollzwang, all das führt dazu dass die Betroffene versucht ihren Alltag in FAs zu ersticken, und durch den eigenen Ekel davor, durch die Angst zu dick zu werden, durch den Willen der Selbstbestrafung wird erbrochen.
- Worin sehr ihr die Ursachen?
Ich denke das ist sehr unterschiedlich. Bei den einen ist es der Pure Wahn nach Schlankheit, bei anderen eine gekränkte Persönlichkeit, bei wieder anderen ganz andere psychische Ursachen.
Ich denke aber es ist ein Zusammenspiel aus psychischen Ursachen wie Zwängen und dem Drang dem "Schönheitsideal" zu entsprechen,
- Handelt es sich um ein gesellschaftliches Problem?
Der Gesellschaftliche Druck ist ein Ausschlaggeber der Krankheit meiner Meinung nach, nicht allerdings der einzige (sonst hätte jede Frau bulimie). Ich denke es muss ein tiefes psychisches Problem vorliegen, und dann kann die Gesellschaft ihr übriges tun um die Bulimie hervorbrechen zu lassen.
- Wie reagiert man/frau auf die Nachricht, dass ein/e Nahstehende/r betroffen ist? Erste Gedanken? …
Erste Gedanken... "Aha"... (bulimie, was war das gleich...)
Dann nach wenigen Sekunden blankes entsetzen, Hilflosigkeit.
Vorwürfe über dass was man vielleicht gesagt hatte, wie man über Essen ect. geredet hat.
Mein Puls ist in den ersten paar Minuten extrem hochgeschossen und ich war wie in Trance, es schwankte zwischen Mitleid, Hilflosigkeit und selbstvorwürfen.
Nach einigen Minuten/Stunden habe ich dann begonnen mich zu informieren, erst im Netz, dann in Büchern, so verstand ich langsam und fühlte mich sicherer im Gespräch.
- Könnt ihr es nachvollziehen, dass Menschen in eine Essstörung reinrutschen?
Früher hätte ich gesagt "nein". Heute denke ich anders.
Ich kann nachvollziehen warum Menschen unter dem Druck der Gesellschaft und ihren eigenen Problemen zusammenbrechen und in der ES landen. Wenn ich es nicht nachvollziehen könnte wäre ich wohl gar nicht hier.
Abschließend möchte ich etwas sagen, fals Betroffene das hier lesen.
Es mag manchmal so klingen wie :
"Wenn man es einem Angehörigen sagt, dann stürzt man diesen in eine Tiefe Kriese, man verletzt sie"
Kann ich nur sagen, was ich selbst dazu denke.
Die Verzweiflung ist zu Anfang da. JA! Aber danach kommt Erleichterung darüber zu Wissen, und die Erleichterung eins Geben zu können:
Ein Offenes Ohr und eine Helfende Hand.
Man kann die Betroffenen nicht heilen, das lernt man schnell. Aber ich bin froh bescheid zu wissen, und da sein zu können wenn sie reden möchte, wenn sie Trost sucht oder ihre Wut los werden will. Ich bin froh das machen zu können, und ich mache das gerne.
Gruß
Jonas W.