Fragen an die Eltern hier!

#1
..gibt´s hier Väter Teil II

...Väter scheint es hier nicht zu geben. Schade. Anscheinend tun sich Väter um ein Vielfaches schwerer mit erkrankten Töchtern umzugehen als Mütter.

Ich möchte hier auf den Beitrag "gibt´s hier Väter" verweisen.
Mein Vater rief mich an und es folgte soetwas wie eine dicke Entschuldigung. Er zeigte sich dankbar dafür, dass die Aktion, dass Verhältnis zwischen mir und meinem Vater zu verbessern hauptsächlich von mir ausging. Das wiederum rechne ich ihm hoch an, weil ich weiß, dass ihm das nicht leicht gefallen ist.
Und mein Vater wollte wissen, was er und meine Mutter "falsch" gemacht haben und warum sie mir nicht helfen konnten.

Was ist schiefgelaufen, wenn eine Tochter bereits als Kleinstkind ihren Vater auf Distanz hält, sich von ihm nicht anfassen lässt und nicht mit ihm spielen mag?
Sollten Eltern ihre Kinder nicht so gut kennen und so sensibel sein, dass sie merken, wenn mit ihrem Kind etwas nicht stimmt?
Müssen erst die Lehrer und andere Eltern meine Eltern darauf aufmerksam machen, dass da was nicht stimmt?
Warum hat meine Mutter nicht reagiert, obwohl sie im Gegensatz zu meinem Vater genau wußte was los ist?
Ist es angebracht, bei - denn irgendwann doch erkannten - Depressionen Leistungsdruck über schulische Leistungen auszuüben, nach dem Motto: wenn es Dir nicht besser geht, dann darfst Du xy nicht mehr?
Kann man von einem 12jährigen Kind erwarten, dass es erkennt, was mit ihm los ist und die Initiative ergreift, damit seine Eltern für es da sind?
Muss ein Kind seinen Eltern sagen, dass es sie braucht, oder sollte es nicht eine Selbstverständlichkeit sein, dass Eltern für ihre Kinder da sind?

Mich macht es etwas traurig - aber nicht wütend! - dass mein Vater bis heute nicht erkannt hat, welchen Anteil er trägt und bis heute seine Tochter nicht kennt, dass er nicht in der Lage war zu merken, dass es seinem Kind schlecht ging.
Wieviel kann ich als "Kind" von meinen Eltern erwarten?

Die Hilflosigkeit meiner Eltern kann ich verstehen. Ich habe auf Hilfsangebote ja auch nur garstig reagiert. Wie sollen denn solche Hilfangebote genutzt werden, wenn aufgrund der 13 vorangegangenen Jahre gar keine Vertrauenbasis / Kommunikationsbasis vorhanden ist?

Bitte liebe Eltern / Mütter.....was sagt ihr dazu?

Lieben Gruß

Lupus

#2
Also meine liebe Lupus,

habe einige Zeit gebraucht, um dir antworten zu können.
Da ich mich ganz genauso bei der Nase nehme, wie es deine Eltern vielleicht sollten.

Natürlich hast du recht. Gute Eltern sollten wissen, wenn etwas mit dem Kind nicht stimmt. Aber trotzdem sind auch wir nur Menschen.
Wo steht geschrieben, dass wir keine Fehler machen dürfen.
Wo steht geschrieben, dass wir, wenn wir Fehler machen, diese nicht ebenso abstreiten dürfen oder uns dafür schämen.

Wo steht geschrieben, dass wir Schmerzen zeigen müssen und uns nicht vergraben dürfen.

Wer hat uns denn gelehrt, frei zu leben oder frei zu erziehen. Wenn wir es getan haben, wurden wir von unseren Eltern darauf aufmerksam gemacht, einen Fehler zu begehen.

Ich weiß nicht, wie alt deine Eltern sind, und ich weiß auch nicht wie viel Einfluß deine Großeltern noch auf deine Eltern hatten, als du klein warst.
Und ich weiß auch nicht, wieviel Einblick du in diese Richtung hast, da du ja die Komunikation mit deinen Eltern so viele Jahre vermißt hast.

Fakt ist aber, wenn wir es nicht gelernt haben, können wir es nicht weitergeben.

Es tut mir wirklich leid, dass du so wenig Vertrauen zu deinen Eltern hast, aber vielleicht gelingt es dir irgendwann, auf deine Eltern zuzugehen.
Ich wünsche dir viel Kraft.

Glaube mir, du bist sowieso die Klügere und Stärkere.

Bitte verzeih uns alten Eseln.

Ich drücke dich, wenn du dich läßt.
Hedi

#3
Liebe Hedi!

Danke für Deine Antwort!
Ich habe gerade in einem anderen Beitrag gelesen, dass Deine Tochter an dieser Krankheit gestorben ist. Ich bin sehr berührt und habe großen Respekt vor Dir, dass Du Dich nach 3 Jahren noch oder wieder intensiv mit der Thematik auseinandersetzt und an diesem Forum teilnimmst.

Mit Deiner Erfahrung als Mutter können wir viel von Dir "lernen".
Leider ist es wohl für alle unsere Familien sehr typisch, dass die Kommunikation nicht funktioniert. Und es gäbe viele viele Fragen zwischen Eltern und Kindern. Die meisten Eltern tun sich schwer, die Fragen zu beantworten oder Fragen zu stellen.
Und immer wieder die Frage nach dem "Warum" - und selbst wenn sie gestellt wird, so weiß sie niemand zu beantworten.
Vielleicht ist die Frage auch nicht so wichtig. Viel wichtiger ist, die Beziehung zu verbessern und nach vorn zu blicken statt zurück.
- tolle Weisheit ;/

Ich hoffe, Du hast meinen letzten Beitrag nicht falsch verstanden! Mir liegt sehr viel an meinen Eltern, insb. an meinem Vater und ich war die letzten drei-vier Jahre sehr bemüht, die Beziehung zu verbessern und mit "offenen Karten zu spielen". In der Tat hat sich die Beziehung auch sehr verbessert. Nur was meinen Vater betrifft, bin ich etwas ratlos und, dass muss ich zugeben - immer öfter etwas verärgert.
Ich bin nicht sicher, ob ich weiterhin "investiere" und mich um meinen Vater bemühe, weil ich mir sehr wünsche, dass er für mich da ist, ich brauche ihn. Oder ob ich von dieser Hoffnung Abschied nehme und mich auf mich und meinen eigenen Weg - ohne meinen Vater - konzentriere.
Ohne meinen Vater bedeutet nicht, dass ich den Kontakt völlig abbrechen möchte, sondern dass ich emotional Distanz gewinne und mich weniger verletzbar mache. Aber auch dieses emotionale Abschiednehmen würde mir sehr sehr weh tun. Ich liebe ihn sehr - vielleicht zu viel. Vielleicht wünsche ich mir einfach mehr, als mein Vater mir geben kann. Er kann es einfach nicht.

Sorry Hedi - ich will nicht "volllabern".
Magst Du mal von Deiner Tochter erzählen?

Herzlichen Gruß
Lupus

#4
Meine liebe Lupus,

ich habe deinen Beitrag ganz bestimmt nicht falsch verstanden.
Ich wollte, eigentlich auch nur zeigen, dass wir Eltern nicht fehlerlos sind.

Dein Aufruf geht hier an Eltern.
Habe mich auch gefragt, warum sich keine melden.
Habe mich halt so durch das Forum gelesen. Du, ich glaube da sind keine.
(ich bin ja auch nicht wirklich eine Mutter ein Kranken)

Weißt du, ich habe mich etwas zurückversetzt, in die Zeit wo meine Tochter Krank war.
Und habe mich gefragt, ob ich so ein Forum besucht hätte.
Antwort: Nein

Und jetzt kommt das Geständnis.

Angst :? - Angst vor der Konfrontation mit noch mehr Schmerzen.

Scham :oops: - Scham, davor Mutter zu sein. Soviele Vorwürfe bekommt man als Mutter einer ES-Kranken. "Da hat die doch sicher irgend etwas falsch gemacht." "Das ist bestimmt eine schlechte Mutter" :twisted: usw.

Nur diejenigen, die dich und deine Verhältnisse kennen, verurteilen dich nicht. Die sind halt selber Ratlos.

Und da soll man dann in ein Forum gehen, wo Es-kranke sind, die mit ihren Eltern nicht klar kommen, da bist du ja auch nur ein Monster. :evil:

Bitte verstehe mich du jetzt nicht falsch. Man weiß es halt nicht besser.

Die eigene Tochter "hasst" dich, weil du sie zu Therapeuten und KH's schleppst. Also wirklich, da muß ich mir nicht auch noch den Unmut der anderen ES-Kranken zuziehen.

Ich hatte die erste Begegnung mit anderen ES-kranken im KH, wo meine Tochter stationär war. Da war z.B. ein Mädchen mit meiner Tochter im Zimmer, deren Mutter so ein Typ zu sein schien wie ich. Immer zu Besuch, immer ein Geknuddel usw. Und das Mädchen sprach nie böse über die Mutter. Nur schade, dass sie sich auch immer so viele Sorgen um ihre Mutter machte, so wie meine Tochter. "Die packt das nicht mehr lange, aber was soll ich denn machen, ich mache mir solche Vorwürfe, weil ich krank bin und ihr damit weh tue."
Was denkt man sich da als Mutter: Scheiße, ich tue meiner Tochter mit meiner Sorge weh. Also meidet man den Kontakt mit dem Mädchen, weil es weh tut, das zu hören. Aber man kann halt nicht anders.

Dann gibt es natürlich auch Andere, die von ihren Eltern nicht wirklich viel liebe mitbekommen haben... So wie hier auch an vielen Seiten.
Und wie soll ich mich bitte mit diesen Mädchen auseinandersetzen, wenn das Unverständnis fehlt. Weil du dir nicht vorstellen kannst, dass sich wirklich alles so zugetragen hat und du Angst hast vielleicht auch so eine Rabenmutter zu sein und es nur nicht weißt.

Also bitte, wie soll man sich erhoffen, hier im Forum Hilfe zu finden, wo man doch die Wurzel allen Übels ist.

So, zugelabert habe ich dich jetzt :wink: .

Von meiner Tochter erzähle ich später. o.K.?

Alles, alles Liebe

Hedi

hallo lupus!

#5
es ist von der psychologie her wahrscheinlich grund falsch - aber ich bin ja kein psychologe :-)) !!

meine tochter hat zu ihrem vater auch ein kühles distanziertes verhältnis.
er ist ganz einfach nicht in der lage, gefühle zuzulassen, gespräche zu führen geschweige denn auf sie zuzugehen. es bewegt sich alles im förmlichen ,sachlichen aber komplett emotionslosen bereich.

warum ist es soweit gekommen??????????
mein mann hat nie von seinen eltern gelernt, die dinge so zu benennen wie sie wirklich sind. er kann keine liebe zeigen,weil das in seiner kindheit tabu war. ABER: er ist trotzdem ein herzensguter mensch und ich würde ihn für keinen anderen auf der welt eintauschen. ich hab mir meinen mann ausgesucht - doris ihren vater halt nicht.
ich vermittle ihr immer wieder,daß ich mit ihm glücklich bin.
ich bitte sie immer wieder, ihn so zu akzeptieren wie er ist.
sie kann aus ihm keinen vater machen, ihren vorstellungen entspricht, denn er ist ein mensch, einzigartig und nicht manipulierbar.

wir haben uns einmal zusammengesetzt und seine guten eigenschaften rausgestrichen ----- mit einem blatt papier sind wir gar nicht ausgekommen!!!!!!!!!!!!

also --- betrachte ihn doch einmal von den guten seiten --- du wirst sehen er ist gut!!!

ciao
schmetterling1

#6
@Schmetterling: Du sprichst mir aus der Seele! Und ich weine. Genau das ist es!
Mein Vater ist selbst ohne Vater aufgewachsen. Er kann mit Emotionen nichts anfangen und ist nicht in der Lage sie auszudrücken. Auch er scheint, wie Dein Mann eher emotionslos und streng rational.
Und dennoch, das habe auch ich erkannt, ist er ein herzensguter Mensch, den ich über alles liebe!!
Und auch er liebt mich. Wir lieben einander beider sehr. Es steht sehr viel Liebe im Raum, aber sie findet den Weg nicht.
That´s the point - auch ich muss lernen, meinen Vater so zu akzeptieren wie er ist und die Hoffnung, dass er sich grundlegend verändern könnte, aufgeben. Ich muss lernen zu sehen und zu fühlen, wie er mich auf seine Art und Weise liebt - auch wenn es nicht die Art und Weise ist, die ich mir so sehr wünsche - und mich dennoch darüber freuen.
Ich möchte meinen Vater für nichts in dieser Welt eintauschen - sonst würde mir das nicht so weh tun. Dann wäre es ein Einfaches ihn zu hassen, zu ignorieren und den Kontakt abzubrechen.

@Hedi: Aus Deinem Beitrag spricht unglaublich viel Schmerz! Es tut mir leid, dass Du und Deine Tochter nicht die Gelegenheit erhalten habt, einen Weg zueinander zu finden! Und ich meine das ehrlich!
Es klingt so, als sei Deine Tochter mehr anorektisch als bulimisch gewesen? Es scheint wirklich schwierig bis unmöglich den Kontakt zwischen Eltern und Kindern wieder herzustellen, wenn er - aus welchem Grunde auch immer - einmal abgebrochen ist. Das scheint der Punkt zu sein, der auf beiden Seiten zur toalen Hilf- und Machtlosigkeit führt. Und glaub mir: es tut beiden Seiten verdammt weh!!
Für Dich scheint "Schuld" DAS Thema zu sein. Wenn es Dir hilft: Von mir und vielen anderen weiß ich, dass scheinbare Wut, Ablehnung, Schuldzuweisungen, Agressionen u.s.w. gegen die Eltern quasi NICHTS mit der äußeren Erscheinung dieser Emotionen zu tun haben, sondern reine Hilferufe sind, die anders nicht mehr zu äußern sind, weil keine Kommunikationsbasis vorhanden ist. Ich habe mich z.B. so für meine Schwäche, meine Traurigkeit und Verzweiflung geschämt, dass ich meine Eltern lieber angekeift habe, sie für xy beschuldigt habe, vorgetäuscht habe sie zu hassen als einfach zu sagen, dass ich verdammt unglücklich bin und nichts sehnlicher wünsche, als dass sie mich einfach in den Arm nehmen und für mich da sind. Das habe ich leider nicht gewagt. Und diese "Fehlkommunikation" führt zu einer elenden Spirale beiderseits.

Tja...auch ich bin ratlos....
Herzliche Grüße
Lupus