Suchtdruck..

#1
Hey Leute,
erst einmal ein frohes neues Jahr :-)

Ich bin seit gerade eben hier & würde mich unfassbar freuen, wenn man auf meinen Beitrag reagieren würde.

Ich möchte es kurz fassen, weil ich selbst immer voll anstrengend finde, lange Beiträge zu lesen;

Ich leide seit 6 Jahren an Essstörungen; angefangen mit Magersucht, mittlerweile Bulimie (non-purging!) mit massivsten psychischen Folgesymptomatiken. Mein größtes Problem sind die Schlafstörungen; ich "muss" , wenn ich nachts wach werde , essen, damit ich wieder einschlafe bzw. wenigstens ein BISSCHEN in den Tiefschlaf komme. Es ist wie ein Suchtdruck der mir den Schlaf raubt; ich kann wirklich nicht schlafen, wenn ich nicht esse und wenn doch, dann allerdings nur total oberflächlich und in Begleitung von Träumen, bei denen ESSEN IMMER das Hauptthema ist.
Die ganze Prozedur mit dem Schlaf und dem Essen mach ich nun seit 3 Jahren mit. Bin seit 1 Jahr ambulant - bringt ungefähr gar nix.

freue mich über antworten, mädels.

liebe grüße

Re: Suchtdruck..

#2
Hallo

erstmal herzlich willkommen und ein gutes Neues Jahr

Ich kannte das mit dem Suchtdruck spät Abends oder Nachts leider auch nur zu gut.

Bist du da Nacht ganz wach beim Essen oder ists sozusagen im " Halbschlaf "?


Bei mir hing das immer nicht schlafen können damit zusammen das ich vor allem Abends nichts bzw. zuwenig gegessen habe.
mein Körper hat dann immer nach Energie geschrien und konnte dadurch nie in eine wirkliche Tiefschlaffase kommen.
und dann nicht mal richtig wach aber auch nicht schlafend wurde bei mir der Esssdruck immer größer.

Seit ich ausreichend esse hat sich das zum Glück großteils erledigt

könnte es bei dir auch mit etwas in dieser Richtung zusammenhängen?
Wenn du es nicht versuchst, wirst du nie erfahren ob du es geschafft hättest 8)

Re: Suchtdruck..

#3
Also auf deine Frage - bei mir war es genau so , zu Zeiten als ich Magersüchtig war. Letzte Mahlzeit um 14h; das Frühstück wurde zelebriert (2 Brote, 1 Apfel...) . Von da an fing das bei mir mit den Schlafstörungen an, ich wartete förmlich auf das Frühstück, konnte es kaum erwarten ...

Mittlerweile esse ich wirklich normal ( nach einem eigenen zusammen gestellten Plan auf Anweiseung meines Therapeuten ...) , also an Mangelernährung kann es nicht mehr liegen , zumal ich im Endeffekt eh immer nach ein paar Tagen den nächsten Fressanfall kriege ... und abends MUSS ich mittlerweile essen, sonst lieg ich unruhig im Bett , wie ein Drogensüchtiger auf Entzug...

Auch bescheuert : ich kann mir meinen Plan so zusammen stellen wie ich will ; 1. halte ich ihn HÖCHSTENS 3 Tage ein und 2. werde ich nachts trotzdem wach. Und ja, es ist ein plötzliches , total „schockiertes“ Wachwerden ... vor ein paar Tagen hab ich nachts gegessen und wusste WÄHRENDDESSEN , dass ich eigentlich gar keinen Hunger habe . Wie so eine innere Stimme , die nach dem Essen schreit - nicht der ausgehungerte Körper ...

Re: Suchtdruck..

#4
Hallo bin auch neu hier! :wink:
Zu deinem Problem: Vielleicht wäre es gut,wenn du ein Essentagebuch führst.Wo du aufschreibst wie du dich vor und nach dem Essen fühlst NICHT was du gegessen hast.Um heraus zu finden was der Grund für die nächtlichen Essensattacken sind.
Es kann auch sein,dass du einfach nicht zur Ruhe kommen kannst und wenn du dann im Bett liegst und schlafen willlst kommt alles hoch und der Essensdruck ist da.
:| bei mir ist es immer so,wenn ich wütend bin dann fange ich an zu fressen...

Re: Suchtdruck..

#5
Hallöchen :),

ich möchte mich mal Dranbleiberin anschließen. Mir ging es auch ganz lange so, dass ich aufgrund davon, dass ich zu wenig gegessen habe, nicht einschlafen konnte. Ich war immer wie angestochen. Das ging manchmal zwei bis drei Tage so. Ich habe den ersten Tag überhaupt nicht geschlafen. Den zweiten mal ja, mal nein. Den dritten Tag vllt drei bis vier Stunden. Erst wenn ich einen Essenfall hatte, konnte ich endlich schlafen und dass aber über einen Tag lang. Ich habe dann mal ausgerechnet, was ich an Kaloriene essen müsste um meinen Tagesbedarf zu erreichen. Ich dachte immer ich esse genug. Hatte meinen Essenplan auch meiner Thera gezeigt, war alles so weit schick. Das Problem war jedoch 1. Ich habe nie gesagt, wie viel Sport ich treibe - wobei ja auch jede Menge Energie verbrannt wurde, 2. Ich habe dadurch noch nicht einmal die Hälft von dem gegessen, was ich tatsächlich gebraucht habe. Logisch, dass mein Körper Nahrung wollte.
Ich also jeden Tag ordentlich rein gehauen. Problem, ich habe mich hauptsächlich nur von eiweißhaltigen Lebensmitteln ernährt. Zum einen verbrennt der Körper schon einiges mehr an Kalorien, wenn er das Eiweiß verarbeiten muss und zum anderen habe ich immer sehr viel getrunken , das verbrennt noch mal ordentlich (viel Eiweiß = immer viel trinken). Erst nach dem ich abends auf Kolenhydrate umgestiegen bin und zwei Stunden nach der letzten Mahlzeit schlafen gehe (vorher kann ich nicht schlafen und viel später auch nicht, da könnte ich schon wieder essen), kann ich meist in Ruhe einschlafen und vor allem durch schlafen. Ich rede nicht von Kohlenhydrate in Form von Brot / Brötchen oder Süßkram, sondern von Kartoffeln. Ist noch mal eine andere Nummer für den Körper, als der Industriezucker. Durch diesen werde ich immer ganz überdreht.
Wie sieht dein Essen denn vor dem Schlafen gehen aus? Könnte es evtl. daran liegen? Hast du irgendwelche Unverträglichkeiiten oder Allergien?

Liebe Grüße
Lieni

Re: Suchtdruck..

#6
Danke für eure Mitsprache ,echt !

Also wie bereits erwähnt ; die Schlafstörungen hatten ihren Beginn zu Zeiten meiner Magersucht ( letzte Mahlzeit um 14h, dann erst wieder Frühstück). Das Ganze lief dann so 2 Jahre „gut“, bis der Hunger mich nachts weckte und ich begann ein wenig zu essen weil ich es echt kaum noch aushielt.
Gehe davon aus, dass dieser Mechanismus bis heute im Gehirn gespeichert ist, quasi wie eine „Gewöhnung“ ....

Wie gesagt; ich esse wirklich normal ! Klar , dieser selbst zusammengestellter Essplan ist immer noch mit einem vorsichtigen Auge erstellt ( quasi die innere Stimme in mir die Angst hat zuzunehmen) , aber hungern tu ich schon lange nicht mehr, eben weil ich mittlerweile richtigen Essdruck habe ...

Ich erstelle meinen Plan sogar extra so , dass ich abends extra „gut“ bzw für manche schon viel esse , in der Hoffnung, dass ich dann pennen kann. Aber es ist wie ein Fluch - das einzige, das mich zumindest ein paar Stunden schlafen lässt , ist das vollkommene Abweichen meines Plans; & zwar in Form einer Fressattacke. Da könnte abends auf dem Plan sogar ne große Pizza stehen ; NUR DAS „ESKALIEREN“ gibt Ruhe- für ein paar wenige Stunden. Und dann beginnt alles von vorne ...

Re: Suchtdruck..

#7
2 Gedanken dazu.

Erstens: Dein Nachtessen klingt stark nach eingeübter Routine (zumal, wenn du isst, auch wenn du keinen Hunger hast). Routinen kann man ablegen, Verhalten umlernen. Versuche, diese Routine zu ersetzen durch andere: Steh auf, trink ein Glas Wasser oder mach dir einen Tee, leg dich dann wieder ins Bett und mach dir ein einschläferndes Hörbuch oder ruhige Musik an, wie du eben magst. Und auch wenn du die ersten Male nicht wieder einschlafen kannst: Bleibe konsequent dabei und iss Nachts nicht mehr. Zwing dich regelrecht dazu. Denn dann wird dein Organismus umlernen.

Zweitens: Du scheinst ja doch noch ein stückweit restriktiv und vorsichtig zu essen und dir Dinge zu verbieten - scheinbar ist eine andere Komponente deines Nachtessens, dass sich dein Körper das holt, was ihm sonst tagsüber teilweise verwehrt wird, bzw.: Nachts, wenn du eh ein bisschen verschlafen und nicht ganz kontrolliert bist, bricht sich deine Lust, so zu essen, wie du willst, Bahn. Kann das sein?

Re: Suchtdruck..

#8
Danke @complessa, ja, du triffst es echt auf den Punkt. Beide Aussagen würd ich sofort unterschreiben. Es ist bloß so unfassbar hart , dem Drang zu widerstehen . Zumal einfach das Problem ist :

Einschlafen - nach 3 h wach - essen - Tiefschlaf - zumindest ein BISSCHEN ausgeschlafen auf der Arbeit sein (Erzieherin, Vollzeit im Brennpunktviertel)

Wenn ich jetzt das nächtliche Essen sein lasse , dann:

Einschlafen - nach 3 h wach - NICHT ESSEN - nicht mehr einschlafen können Bzw oberflächlicher Schlaf (ab da an jede Stunde ein Mal wach , begleitet von Unruhe, Schwindel und massivsten Gedankenkarussellen) - völlig gerädert zur Arbeit fahren und vor Erschöpfung und gleichzeitiger Unruhe fast umkippen ....

Re: Suchtdruck..

#9
Hey Ivy

Ich denke auch, dass die beiden Punkte, die Complessa anspricht entscheidend sind.

Du sprichst vom Drang. Ich habe für mich selbst auch gelernt, dass der Drang zu fressen der direkte Grund für meine Fressanfälle waren. Dieser Drang wiederum entstand bei mir 1. durch den Überlebensinstinkt (ich hielt lange Diät, mein Gehirn sendete automatisch starke Impulse zu fressen) und 2. durch Gewohnheit (auch in der Zeit als ich wieder ausreichend ass, hatte ich Dränge mich zu überfressen, weil ich mich (mein Gehirn) darauf konditioniert hatte).
Das einzige was mir half, war das Muster zu durchbrechen (wie Complessa beschreibt). Diese antrainierten Verhaltensmuster und ihr Durchbrechen sind übrigens in der Neurowissenschaft erforscht und bewiesen, echt spannend!

Dies ist sicherlich der eine grosse Punkt und hinzu kommt deine - ich nenne es mal - Diätmentalität (der zweite Punkt, den Complessa angesprochen hat). Ich versuche einmal zu beschreiben wie ich es sehe und was mir geholfen hat:
Für mich war es wichtig zu lernen auf eine Art zu essen, die mich nicht emotional berührt:
Bevor ich fortfahre, möchte ich erklären was ich mit Diät oder einer bestimmten Essensvorschrift meine, damit ich zeigen kann warum sie nie funktionieren werden. Eine Diät bedeutet nicht zwingend Paleo, Low-Carb, Atkins oder Weight Watchers sondern auf eine Art zu essen, die uns emotional berührt. Was meine ich damit? Wenn ich so esse (nach einer von mir auferlegten Vorschrift) ist es gut, wenn ich nicht so esse fühle ich mich schrecklich. Wann immer wir uns während dem essen oder danach schuldig fühlen sind wir emotional betroffen. Und dies führt uns oftmals zu einem Teufelskreis. Wenn wir wirklich ehrlich mit uns selbst sind, dann wissen wir aus eigener Erfahrung je stärker wir kontrollieren umso heftiger wird es in die andere Richtung umschlagen (binge eating/ Fressanfälle). Der Teufelskreis verstärkt sich immer mehr.
Was wäre, wenn diesmal das Ziel ist alles zu essen auf was du Lust hast. Zu essen wenn du hungrig bist. Denk mal über die meist normale Esserin nach, die du kennst. Und frage dich was macht sie was du nicht machst? Und noch wichtiger wie denkt sie wie du nicht denkst? Wie ist ihre Beziehung zum Essen? Wie ist deine? Das ist der Schlüssel für normales essen. Es startet mit dem Denken nicht mit dem Handeln. Der Unterschied zwischen uns (Frauen mit Essstörungen) und normalen Essern ist nicht Willensstärke. Normale Esser versuchen sich nicht ständig rund ums Essen zu kontrollieren. Sie wollen ganz natürlich auch nicht ein ganzes Glas Nutella essen, weil sie das wahrscheinlich schrecklich fühlen lässt.

Aber ich weiss aus eigener Erfahrung, dass es sehr schwer ist die Diätmentalität aufzugeben. Es ist ein langer Prozess, der viel Übung, sich selbst vergeben, Geduld und Ausdauer erfordert. Und natürlich gehören auch Rückschläge dazu. Ich durchlaufe diesen Prozess immer noch aber mache gute Fortschritte. Heute stehe ich bezüglich meiner Diätmentalität an einem ganz anderen Punkt als noch vor einem Jahr.

Ich weiss nicht ob ich dich mit meinem Beitrag angesprochen haben... Ich versuche so gut ich kann meine Erfahrungen und Sichtweise zu teilen. Und entschuldige, dass mein Text so lang wurde :wink:

Jasmin