Hallo aus Berlin

#1
Guten Morgen!

Ich habe in letzter Zeit immer wieder an "neuralgischen Punkten" meines Lebens Rückfälle und befinde mich nicht in therapeutischer Behandlung, deshalb dachte ich, ich versuche mal, hier ein bisschen was runterzuschreiben um mich mehr als "Herrin der Lage" zu führen und mit anderen Betroffenen in Kontakt zu kommen.
Außerdem ist mir aufgefallen, dass ich nach jedem Rückfall über Tage und Wochen Probleme habe, Wasser zu lassen, wie bei einer Blasenentzündung nur ohne Schmerzen, und extrem dunklen Urin, was mir natürlich, äh, zu denken gibt..

Aber erstmal zu mir: Ich bin 26 und habe seit 2018 Bulimie.
Ich bin seit meiner Jugend extrem fixiert auf Essen/Gewicht, durfte von meiner Mutter aus auch viele Dinge und zu bestimmten Zeiten nicht essen, um nicht dick zu werden (ich war immer normal- bzw. untergewichtig). Meine Mutter litt selbst jahrzehntelang an B., bevor ich geboren wurde. Ich erzähle ihr seit einiger Zeit auch von meiner, damit es für mich nicht so "im Geheimen" passiert und ich es vor mir selbst leugnen kann.

Angefangen hat es bei mir durch die Einnahme von appetithemmenden Antidepressiva, durch die ich unter starken Bauchkrämpfen litt, wenn ich mal zu viel gegessen hatte. Eines Tages hatte ich solche Schmerzen, dass ich mich erbrochen habe, um Abhilfe zu schaffen und damit war sozusagen die Büchse der Pandora geöffnet.

Ich habe es nie so richtig exzessiv gemacht, wenn man das so sagen kann, bis 2020 Corona kam und es rapide bergab ging. Als ich richtig "am Boden" war, hatte das so eine abschreckende Wirkung auf mich, dass ich es geschafft habe, für die nächsten Monate komplett aufzuhören, aber sobald ich mich (ca. alle 2-3 Monate für 1-2 Tage) in einer Stresssituation befinde, ist es irgendwie mein go-to to take the mind off things.

Das prominenteste Beispiel dafür sind Reisen, bei denen ich mich außerhalb meiner gewohnten Umgebung befinde (wobei es reicht, ein Wochenende im deutschsprachigen Ausland zu verbringen), wichtige Entscheidungen, etc. pp.

Mein Gewicht ist mir eigentlich egal– es bestimmt natürlich mein Leben in unangenehmem Maße mit, dass ich Angst habe, dick zu sein, aber eher auf abstrakte Weise, außer wenn ich gerade durchhänge. Jedenfalls möchte ich in erster Linie frei von Zwangsgedanken sein und wie ich dabei aussehe ist mir halbwegs gleichgültig, bzw. kommt es ja eh nur darauf an, wie man sich fühlt.

Ich finde mich eigentlich toll, habe nette Freunde, bin schlau und lustig und durchschnittlich gut aussehend– und bin stolz, von der festen Überzeugung, abgrundtief hässlich zu sein, irgendwie eigenständig an diesen Punkt gekommen zu sein– trotzdem, ich weiß noch nicht so recht wo ich im Leben hinwill bzw. wie hinkommen und damit umgehen, dass die Welt grausam und ungerecht ist und man in dieser Sache relativ wenig agency hat, was ja schon zwei große Faktoren sind, die mein Glück und das aller anderen betreffen und bedrohen.

Mein letzter Rückfall war letzte Woche, anlässlich meiner Einschreibung in ein Studienfach, das mir sinnvoll und interessant erscheint, und für das ich, wie ich dachte, ein "verstecktes Talent" (es ist keine naheliegende Wahl, wie mein Umfeld mir suggeriert) haben könnte. Außerdem habe ich in meinem Job Sommerpause, mit meiner Situationship Schluss gemacht und hatte also nicht wirklich eine wichtige Aufgabe, die mich vom Essen/Erbrechen abgelenkt hat. Nachdem ich am 3. Tag gemerkt hatte, dass ich kein Hungergefühl mehr habe und nach jeder Mahlzeit weiter essen will, habe ich mich für die kommenden Tage mit Verabredungen und Aufgaben zugeknallt, um nicht zuhause sein zu müssen, und seitdem habe ich auch wieder meine Ruhe (bis auf ganz oben geschilderte Symptomatik). Außer, dass ich nach jedem Anfall tagelang auf eine Weise freudlos und müde bin, die ich sonst nur aus schwerst-depressiven Episoden kenne.

Aber immer, wenn es mir schlecht geht und ich mich überfordert fühle, laufe ich wieder Gefahr, die Vorratsschränke zu plündern, was mir vor allem mit Blick auf den Studienbeginn im Oktober schon ein bisschen Angst macht.

Naja, das war's jetzt erstmal von mir, ich hoffe es ist einigermaßen lesbar und nicht zu lang geworden! Ich wünsche euch Co-ForistInnen eine schöne Woche hehe :)