Meine Geschichte- habe noch niemanden eingeweiht

#1
Hallo zusammen,
ich bin 26 Jahre alt, und leide seit 2,75 Jahren (mit einer Pause von 0,75 Jahren) an Bulimie.
Schon als 16 Jährige versuchte ich mich zu übergeben, um abzunehmen. Das konnte ich damals nur nicht mehr,
da meine Mutter mich erwischte. Mit Sätzen wie: ''Du spinnst ja wohl'', sorgte sie dafür, dass ich es, aus Angst davor,
dass sie mich wieder dabei erwischen könnte, wieder sein ließ.
Ich war so gut wie immer in meinem Leben unzufrieden mit mir und meiner Figur, habe mich in
meinem Körper nicht wohl gefühlt. Und das, obwohl ich zeitweise sehr schlank war. Immer schon war mein
Selbstwertgefühl daran gekoppelt, wie schlank ich mich fühlte. Ich kann irgendwie nichts dagegen machen.
Vor etwa 2,75 Jahren habe ich dann auch eine Psychotherapie begonnen, etwa zur selben Zeit, als das mit der
Bulimie so richtig anfing. Von der Bulimie erzählt habe ich meinem Therapeuten nie.
Ich hatte mich kurz davor von meinem Freund getrennt, und meine Fahrprüfung stand an. Ich hatte solche Angst davor, durch die Prüfung zu fallen, es nicht zu schaffen, mich zu blamieren. Und dann fiel ich durch. Fünfmal. Bei jeder Prüfung wurde die Angst schlimmer, und von Gesprächen mit meinem damaligen Therapeuten bis zur Einnahme von Beta Blockern hatte ich alles versucht. Nichts half. Die Angat davor, mir die Blöße zu geben, und davor, dass jemand merken könnte, wie nahe mir das geht mit der Prüfungsangst, nahm stetig zu. Dazu muss man wissen, dass ich nach außen hin immer tough bin, und vor nichts Angst zu haben scheine. Niemand hätte offenbar gesacht, dass jemand wie ich durch eine Prüfung fallen könnte. Ich erhielt nur Kommentare wie: was, DU bist durchgefallen? So, dass ich bei den nächsten Prüfungen niemandem mehr vom anstehenden Termin erzählte.
Jedenfalls fing ich in dieser Zeit (damals *kg bei *m) an, aus Frust zu essen. Irgendwann hatte ich dann Angst, zuzunehmen, und keinen Freund mehr zu finden. Nie wieder jemanden zu finden, der mich liebt und unterstützt, so wie mich der letzte unterstützt hatte. Also fing ich an, das in mich reingestopfte wieder zu erbrechen. Ich fand das auch erst einmal gar nicht schlimm. Bis ich immer öfter krank wurde. Da wurde mir klar, dass ich damit aufhören muss. Erzählen konnte (und kann ich bis heute) allerdings niemandem davon. Schließlich habe ich es durch Gras rauchen geschafft, damit aufzuhören. Anstelle des Essens, beruhigte mich jetzt das Gras (in Zeiten, als ich noch mit meinem Ex zusammen war, war es der Alkohol). Ich scheine mein Suchtproblem wohl nur zu verlagern...
Als ich ganz alleine in eine andere Stadt zog, fing das Problem wieder an. Nicht mehr täglich, so wie es zu Beginn war, aber zumindest [mehrmals] wöchentlich. Manchmal schaffe ich es 2 bis 3 Wochen nicht zu erbrechen (und davor zuviel zu essen), und dann fängt es irgendwie wieder an. Obwohl ich weiß, dass es mir in den 2 bis 3 Wochen besser ging, ist mir dann wieder alles egal.
Ich schaffe es einfach nicht, irgendjemanden davon zu erzählen. Obwohl ich ein paar Freunde habe, sind diese Kontakte noch nicht von langer Dauer. Ich habe Angst, dass die Leute Abstand von mir nehmen, und ich dann wieeer (so war es zeitweise) ganz alleine bin. Ich ekel mich vor mir selbst, habe *kg zugenommen, und die Angst davor, noch mehr zuzunehmen, wird immer größer. Ich weiß, dass die Bulimie mir im Weg steht. Ich ziehe mich zurück, und isoliere mich, weil ich mich schäme und hasse dafür. Ich weiß auch, dass ich mich in Süchten verliere, weil ich meine Gefühle nicht ertrage. Besonders, das Gefühl, wenn es mir schlecht geht, ist für mich kaum zu ertragen. Ich habe irgendwie Angst vor diesem Gefühl, und auch Angst davor, dass jemand merkt, wenn es mir nicht gut geht, und mich deshalb fallen lässt. Angst, dass die Fassade, der nach außen hin so toughen Frau bröckelt, und heraus kommt, dass ich in Wahrheit ein äußerst sensibler Mensch bin,der mit seiner Sensibilität nicht umzugehen weiß. Deshalb verliere ich mich, sobald Langeweile, und Frust, und sonstige negative Gefühle aufkommen, in Süchten, Dingen die diese Gefühle betäuben.
Ich denke, mein Text lässt noch viele Fragen offen, doch allein schon dies nieder zu schreiben, war extrem anstrengend für mich. Ich hoffe, dass mir die Anmeldung in diesem Forum vielleicht den ein oder anderen Kontakt zu Leuten, die dasselbe Problem haben, ermöglicht/zu Menschen, bei denen ich keine Angst haben muss, ausgestoßen zu werden.

Liebe Grüße
Zuletzt geändert von blueberry am Mi Sep 06, 2017 16:39, insgesamt 2-mal geändert.

Re: Meine Geschichte- habe noch niemanden eingeweiht

#2
Hey Joanne,

Hier wirst du sicher nicht ausgestoßen - wir haben ja alle so oder so ähnlich das Problem oder es hinter uns und kennen das alles. Uns ist nur wichtig, dass jeder hier sich auf den Weg hinaus aus der Sucht begibt.
Du hast ja schon Einiges erkannt.... z.b dass du die Sucht nur verlagerst und mit negativen Gefühlen nicht so recht umzugehen weißt.
Hast du deiner Therapeuten mal eben das gesagt? Dass du merkst dass du mit diesen und jenen Gefühlen nicht umzugehen weißt? Sie kann dir da sicher helfen.
Vertraust du deiner Therapeutin?
Ich würde dir wirklich ganz stark raten der Therapeuten von der Bulimie zu erzählen. Oder: Du suchst eine neue Therapeuten, die auf Essstörungen spezialisiert ist und erzählst es der. (Ich weiß ja nicht, inwiefern sich deine jetzige Therapeutin damit auskennt). Du hast da die Chance Hilfestellung zu bekommen, sie wird dich ganz sicher nicht dafür verurteilen (sonst wäre sie ja mal eine mega schlechte Therapeutin und dann kannst du auch jemand Neues suchen) und weitererzählen kann sie eh nichts.
Was die Freunde angeht: Ich hatte eher gute Erfahrungen damit, es Freunden anzuvertrauen. Das kann aber so oder so laufen natürlich, obwohl ich denke ich prinzipiell dazu ermutigen würde. Wie lange genau kennst du sie denn schon? Und vertraut ihr euch ansonsten Vieles an?
Wenn du aus der Essstörungen oder sonstigen Süchten raus willst, kommst du nicht Drumherum es jemanden zu erzählen. Vielleicht kannst du dir einen Plan B erstellen, was du machst, wenn es daneben geht, damit es dich gar nicht zu sehr treffen kann. Und vielleicht wird es ja eine sehr positive Erfahrung!
Und es lohnt sich da rauszukommen!
Ich wünsche dir viel Kraft, Mut und eine dicke Umarmung

Re: Meine Geschichte- habe noch niemanden eingeweiht

#3
Liebe Joanne123,

ich bin auch neu hier. Warum ich mich hier angemeldet habe, weiß ich selber nicht so genau.
Ich lese schon längere Zeit die Beiträge im Hintergrund mit, heute hat es mich jedoch gepackt und habe mich auch angemeldet.

Ich kann dich nur zu gut verstehen, da es mir genau gleich ging. Mir hat es jedoch wirklich sehr geholfen als ich mich zwei meiner engsten Freundinnen anvertraut habe. Es tat so gut endlich jemandem zu erzählen wie es einem "wirklich" geht. Ich musste mich nicht mehr verstellen. Den beiden gegenüber zumindest. Und wenn es mir mal schlecht ging und ich ein Treffen abgesagt habe, waren sie sehr verständnisvoll und haben mir auch wieder aus dem Loch raus geholfen.

War bzw. bin auch noch in Therapie. Jedoch sind mir die Therapiestunden momentan zu teuer, da meine Therapeutin den Tarif um EUR 20,- erhöht hat.
Zu den Therapiestunden bin ich immer recht gern gegangen, da ich mich bei ihr verstanden gefühlt habe. Meine Therapeutin war auch mal Bulimikerin, daher hatte ich das Gefühl, dass sie eine Ahnung von dem Ganzen hat und nicht bloß irgendetwas von sich gibt.

Momentan befasse ich mich mit dem Buch "Die Bulimie besiegen - Ein Selbsthilfe-Programm". Mir persönlich hilft es die einzelnen Kapiteln durchzugehen und die darin angegebenen Vorschläge umzusetzen.

Ich kann dir nur eines sagen, dass ich mich jemanden bzw einigen Personen anvertraut habe, war die beste Entscheidung überhaupt.

Hoffentlich kannst du mit meinen Ratschlägen etwas anfangen.
Ich wünsche dir auf jeden Fall weiterhin viel Kraft und Durchhaltevermögen!1

Lg : )
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