Ich will was ändern, aber ich schaffe es nicht...

#1
Hallo :)

Ich habe nun endlich den Mut gefasst, mich meiner Krankheit zu stellen und ich möchte mir Hilfe holen. Vielleicht erstmal kurz zu mir: Ich bin 25 Jahre als und habe seit ich 18 bin mit Bulimie zu kämpfen. Es war bisher ein ständiges auf und ab. Ich habe es immer wieder geschafft mehrere Monate keinen Rückfall zu bekommen, aber dann war mein Leben auch geprägt vom Verzicht und Kalorienzählen. Sobald ich das Gefühl hatte, die Kontrolle verloren zu haben, ging es wieder los. So war es auch diese Woche. Ca. ein Jahr hatte ich es geschafft mit gesunder Ernährung, Sport und akribischen Kalorienzählen nicht weiter abzunehmen und mich nicht zu übergeben. Dann der Rückschlag. Ich hatte den Überblick über meine aufgenommenen Kalorien verloren und ich wollte trotz des Hungers vorsichtshalber nichts mehr essen. 2 Stunden später bekam eine schlimme Heißhungerattacke...ich hing fast eine Stunde über der Toilettenschüssel und leider kam auch etwas Blut mit heraus. Am nächsten Tag bin ich deshalb gleich zum Arzt und ich wäre fast soweit gewesen, mich meiner Hausärztin anzuvertrauen. Allerdings habe ich wieder mal eine Geschichte erfunden und behauptet, dass mir in letzter Zeit öfter schlecht wird und dass ich mich dann übergeben musste. Die Ärztin hatte gleich den Verdacht, dass ich eventuell eine Essstörung haben könnte und sie hat mich auch direkt darauf angesprochen. Aber ich habe es verneint. Sie hat mir deshalb erstmal nur Tabletten gegeben und gesagt, dass ich unbedingt wieder kommen soll, wenn es nicht besser wird. Heute wollte ich noch einmal zu ihr gehen, weil ich endlich mit jemandem darüber sprechen muss. Ich weiß, dass es so nicht weitergehen kann. Nach zwei Stunden hin und her konnte ich mich dann auch überwinden zur Praxis zu gehen, aber ich habe es nicht geschafft hineinzugehen, um endlich die Wahrheit zu sagen. Nach einer halben Stunde im Treppenhaus, bin ich dann wieder umgekehrt. Jetzt bin ich einfach nur enttäuscht von mir, weil es geht um meine Gesundheit und ich habe tierisch Angst, dass ich eine Verletzung im Magen oder in der Speiseröhre habe. Ich brauche Hilfe und ich würde so gerne mit jemandem darüber sprechen, aber jedes Mal, wenn ich kurz davor bin, mache ich doch wieder einen Rückzieher. Wie habt ihr euch überwunden den ersten Schritt zu machen? Bitte helft mir.

Re: Ich will was ändern, aber ich schaffe es nicht...

#2
Hallo!
Hatte auch echt panik vor diesem Schritt, mich inzwischen aber endlich getraut. Mir hat der zuspruch einer Freundin die über meine Probleme Bescheid weis geholfen, sowie die Tatsache dass mir der Arzt von einer Beratungsstelle empfohlen wurde, sodass ich wusste dass ich nicht die erste dort bin und ich nicht für meine ES verurteilt werde. Auch wenn das mit Sicherheit kein Arzt macht.
Vielleicht kannst du auch jemanden mitnehmen? Oder du hast eine email adresse/kannst diese herausfinden sodass du alles erst einmal dem Arzt schreiben kannst und wenn du hingehst nicht dieses Gespräch vor dir hast?
Ansonsten kann ich dir nur sagen: hinterher kannst du wirklich stolz sein wenn du diesen Schritt geschafft hast. Es ist echt nicht so schlimm wie man vielleicht erst denkt zumal du immer und jederzeit beim Arzt wieder gehen kannst.
Das du dich bis jetzt noch nicht getraut hast ist aber auch verständlich. Dafür musst du dir keine Vorwürfe machen! Was nicht heißt das du dich nicht dazu überwinden solltest.

LG Jana

Re: Ich will was ändern, aber ich schaffe es nicht...

#3
Hallo bin neu hier :)
ich habs seit ich 15 (schon 4 Jahre ) bin und bin gerade es dabei zu bekämpfen
Ich dachte immer das es so schlimm ist es zu offenbaren aber es ist es nicht
die Personen die es jz erfahren haben waren ganz entspannt und gingen locker damit um
ich glaub es ist auch ein wichtiger schritt es sich ein zugestehen und es den besten freund und Umfeld zu offenbaren
nur der Kampf ist ja mit dir selbst und nicht wegen irgendwem
trotzdem ich 3 Monate meinen Entzug geschafft hab bin ich wieder zurück gefallen
hat jemand Erfahrungen mit Jahre langen Entzug ?
fällt man da wieder so schnell zurück oder ist das bei mir nur wegen der kurzen zeit so gewesen ?

Re: Ich will was ändern, aber ich schaffe es nicht...

#5
Zunächst einmal ist es schon ein gutes Zeichen, dass du dir Gedanken darüber machst und etwas ändern möchtest.
Du bist also schon auf dem richtigen Weg der "Änderung".

Sich jemandem mitzuteilen ist schwierig, weil wir ein natürliches Schamgefühl haben. Man gibt zu, dass man ein Problem hat und mit diesem Problem nicht wie ein "gesunder Mensch" umgehen kann.
Sicherlich ist das peinlich, aber es ist ein wirklich schönes Gefühl die vermeintliche Kontrolle abzugeben und zu sagen "bitte hilf mir, alleine ist es zu schwer". Das beweist wahre Stärke. Damit zeigst du Kontrolle, auch wenn es zunächst nicht danach aussieht.

Man hat keine ernsthafte Essstörung weil sie Spaß macht, sondern weil uns etwas psychologisch belastet.
Anstatt diese Probleme direkt zu attackieren versuchen wir sie zu unterdrücken, zu ignorieren. Wir stellen die Geräusche in unserem Kopf auf volle lautstarke und hören die Schreie unseren wohlwollenden Ich's nicht.

Wenn du Schwierigkeiten hast den nächsten Schritt zu gehen frage dich folgendes:
Warum ist es dir so wichtig dein Essverhalten zu kontrollieren?
ggf. Warum ist es dir so wichtig gut auszusehen? An welche Richtlinien hält du dich dabei? Möchtest du wirklich Teil einer so oberflächlichen und maßlos manipulierten Gesellschaft sein?
Was verpasst du durch die Zeit, welche du mit diesem selbstzerstörerischen Verhalten verschwendest?
Inwiefern löst deine Essstörung das eigentliche Problem (der Grund für die Essstörung)?

Essstörungen sind ein fürchterliches Phänomen unserer Zeit und so unnötig. Wie jede andere Art von Droge schleicht sich die Essstörung bei uns ein, vermeintlich freundlich, vermeintlich unterstützend. Doch sobald man Ihr vertraut wird sie dir den Rücken kehren und dich kontrollieren. Auch wenn wir es nicht immer sofort erkennen können. Sie ist der Wolf im Schafspelz.

Du hast den Wolf erkannt und nun musst du eine Strategie finden um ihn zu vernichten.
Dieser Kampf hat nichts mit Kalorienzählen zu tun, oder viel Sport, sondern einfach mit der richtigen Ernährung (gutes Gemüse, gute Kohlenhydrate, gute Fette). Dann kann man sich wirklich satt essen, satt an seiner Freiheit und satt am Leben.

Wenn ihr Tipps oder Tricks braucht, oder einfach jemanden zum Reden, der euch auf euren Weg unterstützt, dann freue ich mich diese Hilfe bieten zu können!

Herzliche Grüße,
Peaceful Warrior

Re: Ich will was ändern, aber ich schaffe es nicht...

#7
der begriff entzug ist wirklich unglücklich gewählt, aber man weiß doch, was er/sie meint

die antwort darauf ist: es liegt an dir
ob du aus vorfällen einen rückfall werden lässt

ich hatte insgesamt fast 8 Jahre (auch) bulimie
war mal 4 jahre clean, bin schlimm zurückgefallen

jetzt sind glaube ich wieder 3 jahre vergangen nach dem letzten vorfall

ich sag mal so, es wird leichter, je länger es zurückliegt
man denkt nicht mehr automatisch an dieses ventil
aber mich in sicherheit wägen, tu ich nie
dafür war ich mir damals zu sicher genug
und bin tief gefallen
Zuletzt geändert von ImLikeABird am Sa Feb 04, 2017 19:25, insgesamt 1-mal geändert.

Re: Ich will was ändern, aber ich schaffe es nicht...

#8
Ja leider ist es nicht so einfach

ich hab es durch Struktur geschafft die FA zu vermeiden
musste auch alle paar stunden was essen nur leider hab ich durch das sehr stark zu genommen (mach auch 4 mal die Woche Kraft Training leider nicht so erfolgreich da mir dadurch sehr viele Nährwerte verloren gehen = wenig Muskelaufbau )
hab es aber geschafft 3 Monate nicht zu erbrechen
leider bin ich wieder in die Sache reingefallen
und hab Täglich wieder FA :(

Re: Ich will was ändern, aber ich schaffe es nicht...

#9
ich finde den begriff "entzug" überhaupt nicht unglücklich gewählt, sondern sogar sehr treffend!
es geht nicht um den "entzug" von essen oder bestimmten nahrungsmitteln! aber es geht sehr wohl um den "entzug" von krankhaften/dysfuntionalen verhaltensweisen!
das gehirn ist darauf programmiert in bestimmten situationen mit bestimmten verhaltensweisen zu reagieren! und wenn man versucht sich aus einer langjährigen essstörung zu befreien, muss man erstmal neue/konstruktivere verhaltensweisen trainieren bis diese zur normalität werden und sich nicht mehr anstrengend anfühlen. und meiner erfahrung nach fühlt sich das am anfang sehr wohl wie "entzug" an!
je länger man durchhält, desto einfacher wird es und desto höher wird die hemmschwelle, wieder auf die krankhaften verhaltensmuster zurückzugreifen. und mit jedem rückfall sinkt die hemmschwelle wieder ein bisschen, und man muss wieder stärker kämpfen. ist zumindest meine erfahrung.

Re: Ich will was ändern, aber ich schaffe es nicht...

#10
Guten Morgen!

ich danke euch für euren lieben Zuspruch! Das hat mir wirklich sehr geholfen und ich habe es auch heute geschafft in die Praxis zu gehen. Leider war die Ärztin heute nicht da, aber ich habe für nächste Woche einen Termin bekommen und ich denke, dass ich es schaffen werde, nochmal meinen ganzen Mut zusammen zu nehmen. Ich möchte Hilfe und es kann ja wirklich nur besser werden :)

Ganz liebe Grüße
Kira