zu hohe Ansprüche an sich selbst!

#1
Hallo,

ein Problem, an dem ich zur Zeit an mir arbeite, heißt: "Perfektinonismus" noch besser ausgedrückt zu hohe Ansprüche an sich selbst. Egal ob in der Arbeit, bei Freunden, Familie, Äußeres/Attraktivität....

Ich will immer 150 % geben und lechze danach nach Anerkennung. Ich gehe oftmals über meine Grenzen und höre nicht auf mein Inneres. Übergehe den Körper (arbeite im Verkauf-schwer heben) und die Seele.

Merke oftmals nicht wie mich das ungemein stresst. Spätestens beim "Fressen" (Bing 'Eating) sorge ich dann für Entspannung und Belohnung.

Ging bis jetzt mehr oder weniger immer unbewusst ab. Aber seit neuestens fällt es mir sehr auf (und auch schon Arbeitskollegen haben mich angesprochen, warum ich wie eine mit Duracell aufgeladener Hase arbeite) , dass ich so viel von mir verlange weil ich innerlich nach Anerkennung/Liebe/akzeptiert wollen etc. lechze und ich denke, dass ich etwas besonderes leisten/sein muss.

Möchte mich gerne über das Thema austauschen. Wer kennt das von Euch auch??

LG kaktus

Re: zu hohe Ansprüche an sich selbst!

#2
Hallo!

Ich melde mich mal, denn mir geht es ähnlich. Auch auf meiner Arbeitsstelle wurde ich schon angesprochen, ich solle mal langsamer machen (Die arbeit läuft ja nicht weg :))
Aber bei mir hat es den gleichen Hintergrund: alles perfekt machen und am besten gleich. nicht aufschieben. denn wenn ich aufschiebe, könnte ja in der Zeit schon etwas neues dazu gekommen sein.

Im Grunde weiß ich auch gar nicht so recht, warum das so ist. Öfters habe ich daran gedacht, dass es etwas ist, was aus meinem Elternhaus kommt.
Meine Eltern haben nie Ansprüche an uns Kinder gestellt, aber sie haben sehr wenig gelobt. Lob gab es nur bei "Außerordentlichen" Sachen. Und ich denke oft, dass es daher kommt. Dass man immer so viel investieren musste, bis mal jemand gesagt hat: "Toll hast du das gemacht".

Mein Freund hat mir das gleiche schon in Grün bestätigt. Mir fällt es oft nicht so auf, aber er weist mich oft auf Sätze oder Handlungen hin, die ich für mich nicht als Perfektionismus sehe. Eher als Eifer oder Tatendrang. Aber nicht als Perfektionismus.
Allerdings merke ich, dass sich der Perfektionismus ganz erheblich meine Stimmung beeinflusst.
Ich denke oft am Sonntag schon daran, was ich an welchen Wochentagen alles tun muss. "Muss" ist dabei mein selbstauferlegtes Muss. Ich könnte viele Dinge auch einfach sein lassen oder nicht an genau DEM Tag erledigen, aber irgendwie habe ich so eine innere Unruhe, dass ich es dann doch machen muss.
Und dann kriege ich schlechte Laune, weil ich ja noch "so viel zu tun hab", dass es mich dann tatsächlich emotional mitnimmt.

Kaktus, wie ist es denn bei dir?
beeinflusst dich der Perfektionismus sehr stark?
Oh, deine Zukunft ist so ungewiss,
Dein Leben voller Angst und Schiss, du fängst erst gar nichts an,
Denn es ist so gemütlich und sicher,
Auf deiner Insel voller Leid, jaja...

Re: zu hohe Ansprüche an sich selbst!

#3
Hallo Colorama,

was Du schreíbst könnte echt glatt alles von mir sein.

Bin dauernd unter Strom und alles muss zackig zackig gemacht werden. Mache meist auch mehrere Sachen gleichzeitig. Und alles soll sehr gut und schnell gemacht werden. Auch zwecks meinem Äußeren habe ich für mich hohe Ansprüche. Steigere mich oftmals in jeder Kleinigkeit/Makel rein. Oft ist dann der ganze Tag gelaufen wenn ich mich auf etwas fixiere.

Ich merke nun deutlich, dass die hohen Ansprüche was ich an den Tag lege mich nicht zur Ruhe kommen lässt und ich dann auch des Öfteren zum "Essen" greife (Essen ist gut, man kann schon sagen "FRESSEN").

Die hohe Ansprüche sind bei mir auch die Sucht nach Anerkennung und das stresst ungemein. Wie schon erwähnt war es bei mir schon immer so aber es ist mir erst jetzt so richtig aufgefallen wie kaputt ich mich eigentlich damit mache. Überall Perfekt sein zu wollen. Jede Kritik etc. lässt mein Selbstwertgefühl (was ich anscheinend eh nicht viel besitze) noch mickriger werden.

Oft ist das einem alles gar nicht so bewusst.

Zitat: Mir fällt es oft nicht so auf, aber er weist mich oft auf Sätze oder Handlungen hin, die ich für mich nicht als Perfektionismus sehe. Eher als Eifer oder Tatendrang. Aber nicht als Perfektionismus.

Genauso so habe ich es bisher auch gesehen, wenn mich leute darauf angesprochen haben, dass ich mich doch nicht so verrückt machen soll und nicht arbeiten soll wie ein Stier. im Gegenteil ich war sogar noch stolz drauf wie schnell und voller Tatendrang ich doch bin. Aber beim näheren Hinsehen hat das alles einen Grund und zwar zu hohe Ansprüche an sich und innerliche Sucht nach Anerkennung (bei mir zumindest ;-)

Ach gar nicht alles so einfach... Ich finde gerade bei Essstörungen liegt in der Persönlichkeit so viel im Argen bzw, Defizite/Mangel an denen man noch Arbeiten muss.

LG Kaktus

Re: zu hohe Ansprüche an sich selbst!

#4
Hallo Kaktus!

"Und alles soll sehr gut und schnell gemacht werden."
Das ist es bei mir auch. Ich weiß gar nicht, warum immer alles so schnell und so gut gemacht werden muss. Ich bilde mir dann ein, es hätte irgendwas mit Intelligenz zu tun. (wenn ich nicht drüber nach denken muss, was ich mache, heißt es ja im Umkehrschluss dass ich es stark verinnerlicht habe).

Da fällt mir grad ein Beispiel ein, was ich heute erlebt habe:
Ich musste ein paar Themen ausarbeiten und diese präsentieren. Natürlich hab ich schon Wochen vorher alles zusammen gefasst und es ordentlich in PowerPoint übertragen.
Heute beim Vortrag sagte mir hinterher der Dozent, da wären ein paar Sachen nicht ganz korrekt gewesen. Hat mir dann ein Blatt gegeben, wo nochmal drauf stand, was überarbeitet werden muss und gut. Das ganze war weder benotet noch hatte es sonst irgendeine Wichtigkeit. Es ging einfach nur ums Präsentieren.
Aber mich hat das so gewurmt. "Warum hast du denn nicht besser recherchiert. Das hätte man perfekt machen können. Jetzt denken alle, ich kann nicht mal ein paar Infos zusammen suchen".
dabei ist es halb so wild. Aber für mich bedeutet es wieder ungemein viel.

Wie du richtig sagst, es ist einfach nur das Streben nach Anerkennung. das Lob von den Kollegen, wenn sie merken, dass ich die Arbeiten schon längst erledigt habe.
Dass ich so viel in meiner Arbeitszeit umsetzen kann. Das tut natürlich sehr gut.

Diesen Perfektionismus abzuschalten fällt mir sehr schwer. Denn es ist doch irgendwie auch ein Anspruch an mich.
Und ich bilde mir ein, wer keine Ansprüche im Leben hat (an sich selbst), der wird es auch zu nichts bringen.

Hab mir auch schon überlegt, warum ich eigentlich den Perfektionismus loswerden will. ist doch eine top Motivation. Man bekommt alles gebacken.
Es setzt der Torte noch das Sahnehäubchen drauf.
Aber im Grunde lügt man sich dann doch nur in die Tasche. Weil es halt nicht nur Sahnehäubchen ist, sondern das ganze drum rum. Es schlaucht, immer 120% zu geben.

Wie machst du das mit dem an dir arbeiten, Kaktus?

LG Colorama
Oh, deine Zukunft ist so ungewiss,
Dein Leben voller Angst und Schiss, du fängst erst gar nichts an,
Denn es ist so gemütlich und sicher,
Auf deiner Insel voller Leid, jaja...

Re: zu hohe Ansprüche an sich selbst!

#5
Hallo colorama,

wie mache ich das mit dem an mir arbeiten? Hm, gute frage....

ich versuche täglich achtsam zu sein, was ich für Gedanken, Gefühle, Handlungen habe.

Versuche momentan an der Arbeit absichtlich mal etwas nicht 100 % zu machen/zu schaffen.

Aber es ist ein dauernder Kampf und immer klappt es leider nicht. Man muss konzentriert dabei bleiben.

Mir fällt halt auch auf, dass ich mich gerne nach getaner Arbeit/Feierabend belohne mit Essen . Leider mit viel zu viel Essen. Daran ist auch zu arbeiten weiß nur nicht wie, weil mir nichts so viel beruhigt wie Essen.

Was hast Du überhaupt für eine Essstörung? ich habe Bing Eating.

LG Kaktus

Re: zu hohe Ansprüche an sich selbst!

#6
Liebe Kaktus,

dieses ständige Achtsamsein auf die Arbeit, dass man sie in, dem für andere, angemessenen Tempo macht, ist ganz schön anstrengend. vor allem weil es einen ständig in den Fingern juckt. (das könnte man doch jetzt grad schnell machen, oder das!)
Mir ist es jetzt aufgefallen, dass ich auch ziemlich pingelig werde, wenn Kollegen etwas langsam machen. Damit meine ich, dass sie die Arbeit korrekt erledigen, aber eben für meine Verhältnisse sehr langsam. Und dann steht man daneben und denkt sich "Man, das könnte man doch jetzt echt in zwei Minuten gemacht haben, mach mal nicht so ein Drama draus!".
Mir fällts dann schwer, die Finger still zu halten. Ist auch so, wenn mein Freund irgendwas im Haushalt macht und dafür eeeeewig braucht. Ich will immer dazwischen gehen und es selber machen ("der trödelt ja nur rum!").
Schlimm! Kennst du das auch?

Ich hab Bulimie. Es wechselt aber phasenweise in das eine extrem (Anorexie) und dann wieder in die andere Richtung (Binge Eating).
Essen ist so etwas gnädiges. warmes. Ich versuche, diesen emotionalen Anteil, den Essen für mich hat, so gut es geht auszublenden. Aber Essen tröstet. Essen versteht. Essen ist es egal, ob ich heute auf der Arbeit 150% oder 50% gegeben habe.
Und wenn ich doch sowieso essen muss, um zu überleben, dann kann ich ja auch mehr Essen, damit es mir besser geht.
Es ist seltsam!

Wie geht es dir, kaktus?
Oh, deine Zukunft ist so ungewiss,
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