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von Pustekuchen
Hallo!
Vielen Dank für eure Antworten und dass ihr mir Mut zusprecht! Das tut unendlich gut! Und tut mir Leid dass ich erst heute antworte, ich war die letzten Tage viel unterwegs. Untertags im Park (hab derzeit sehr wenig für die Uni zu tun) und abends bin ich eigentlich immer ausgegangen. Was natürlich auch nicht zur Gewohnheit werden soll, dass ich jeden Tag Alkohol trinke... Habe darüber aber auch schon mit meiner Therapeutin gesprochen, und sie meinte dass ich schon etwas aufpassen soll. Weil man merkt es glaub ich gar nicht, und schon ist man in einer Abhängigkeit drin. War ja beim Essen und Brechen nicht anders!
@Sed
Danke für den Tipp mit den Vorträgen, werd sie mir heute gleich ansehen und dann berichten!
Die letzten Tage gings mir besser, ich hatte keinen Essanfall - ich hab das Gefühl, dass ich mehr 'in Kontakt' mit meiner Innenwelt bin. Eben dieses steuernde Unterbewusstsein, das du angesprochen hast. Ich hab ehrlich gesagt etwas Angst davor, alte Tagebucheinträge von mir zu lesen... Ich war, wenn ich das mal gemacht hab, bis jetzt danach immer ziemlich schockiert was ich da teilweise schreibe. Aber mein Zugang ist derzeit das Reden mit Freundinnen. Das nämlich habe ich nur dank der Therapie geschafft, wieder wirkliche Freundschaften zu Frauen aufzubauen! Konnte das früher nicht so, war hauptsächlich mit Männern unterwegs. Wobei solche Freundschaften irgendwie meist viel oberflächlicher sind, weil weniger über Probleme und Gefühle gesprochen wird als unter Frauen.
Was bei mir auch ein Problem ist, ist dass ich in letzter Zeit sehr oft nach dem Ausgehen Essanfälle hatte. Und das auch wenn es mir wirklich Spaß gemacht hat. Aber ich glaub es war vor allem das alleine nach Hause kommen, wo mich dann eine unendliche Einsamkeit überfallen hat. Das spüre ich vor allem jetzt nach der Trennung von der wirklich langen Beziehung... Und ich glaube, dass dieses Hinauszögern des Erbrechens auch mit Einsamkeit zusammenhängt. Weil ich vollgefressen einfach betäubt bin. Aber diese Woche war es eben viel besser, ich bin nach Hause gefahren und habe mir einfach eingeredet: "Du musst jetzt nicht essen. Du bist nicht alleine, es gibt so viele Menschen die dich lieben und denen du wichtig bist!". Weil ich brauche keinen Mann der mich rettet... Heilung kann nur von Innen heraus kommen, natürlich mit Hilfe von außen.
@mäuschen
Jaa das kann ich total nachvollziehen, Verliebtsein lässt einen einfach mal alles vergessen! Aber ich finde es toll, dass du dich trotz Bulimie auf eine Beziehung einlassen hast können, das erfordert glaub ich schon mal viel Kraft! Ich wär jetzt nie im Leben bereit dafür. Wobei ich natürlich auch erst seit 2 Monaten getrennt bin. Aber ich könnte mich jetzt nicht auf jemanden so voll und ganz einlassen.
Ich glaub dass ganz Wesentlich bei dir ist, dass du dir die Anorexie wieder herbeisehnst... Ich glaube, dass es ganz wichtig ist, sich das Essen zu erlauben wenn man aufhören will mit dem Kotzen. Wobei das für mich wiederum etwas leichter geht, da ich durch die Bulimie ja zunehme und weiß, dass ich in kotzfreien Zeiten eher an Gewicht verliere - auch ohne Hungern.
Interessant, dass du solche Obst-FAs hast. Aber im Grunde ist der 'Modus' der FAs ja eh egal, die wichtigen Sachen laufen im Hintergrund ab.
@flora
Danke, es tut so gut so etwas zu hören dass ich eigentlich schon sehr viel geschafft habe. Und du hast ja Recht, ich weiß schon sehr viel über mich.
Das ist ja wirklich schon toll dass du es deinem Freund sagen kannst wenn der Druck aufkommt! Ich hoffe ich schaffe das auch mal, mich in so einem Moment nicht von der Bulimie verführen zu lassen und den einfachen Weg zu gehen. Es auszuhalten ist eben der schwere Weg, und ich glaube es kann sehr weh tun.
Ich arbeite in der Therapie auch mit dem 'inneren Kind', das ist bei mir ein ganz wesentlicher Punkt. Die große Pustekuchen in mir hat halt irgendwann diese Strategie mit dem Essen und Brechen entwickelt, um die kleine Pustekuchen zu beschützen. Weil die kleine sonst zu Grunde gegangen wäre.
Also zu den Ursachen... Ich will hier keinen Roman schreiben (hab eh schon wieder so viel geschrieben), deshalb etwas kurz gefasst: Ganz wesentlich in meiner Geschichte war, dass meine Eltern beide mit ihrem Leben nicht 100% zurechtkamen und viel auf mich übertragen haben. Ich musste schon sehr früh 'groß' werden, es ging meinen Eltern vor allem darum, dass ich funktioniere. Und das kann ich perfekt. Mein ganzes Leben lang habe ich einfach nur funktioniert. Dadurch ist die kleine Pustekuchen aber viel zu kurz gekommen, ich habe emotional einfach nicht das bekommen, was ein Kind braucht um eine stabile Persönlichkeit zu entwickeln. Mein Vater war teilweise sehr stark paranoid, meine Eltern trennten sich dann als ich 11 war mit einem riesen Drama. Ich hatte das Gefühl, mich dann um meine Mutter kümmern zu müssen, und hatte auch fast drei Jahre lang keinen Kontakt zu meinem Vater (wobei das von ihm ausging, ich hätte ihn gerne mehr gesehen; hatte andererseits wegen seiner Paranoia aber auch ein bisschen Angst vor ihm).
@Baluga
Ja, du beschreibst genau das was auch in mir vorgeht! Es ist einfach schrecklich...
Du hast ja auch schon so lange eine ES, bist du denn in Therapie? Hat sich was bei dir schon geändert? Ich denke nämlich, es hat sich ja bei mir schon etwas geändert, also wieso sollte es nicht auch irgendwann so weit sein dass der Druck weg ist? Aber diese Gedanken habe ich eben wenn es mir halt ein paar Tage gut geht und ich Abstand gewinnen konnte. Ich weiß dass das genauso schnell wieder umschlagen kann und ich in die totale Verzweiflung rutsche.
Ich merke, dass es mir wirklich gut tut hier zu schreiben. Und ich hoffe, dass ich einige von euch auch noch näher kennen lernen kann. Es hilft einfach, Menschen mit demselben Problem zu treffen!
Ich drücke euch alle ganz fest! Vielen vielen Dank für eure lieben Worte!!
Es gibt Tage, wo man so traurig ist, dass man sich noch trauriger machen möchte. Gustave Flaubert
Wahrscheinlich kann man vom Nichtwollen seelisch nicht leben; eine Sache nicht tun wollen, das ist auf Dauer kein Lebensinhalt. Thomas Mann