Traumatherapie, eure Erfahrungen

#1
Hallo ihr Lieben,

ich würde gerne eine ambulante Traumatherapie machen. Ich bin in einem recht stabilen Zustand (guter Job, seit 2012 clean von der Bulimie und SVV, gutes soz. Umfeld), aber mich plagen wegen sex*u**len Mis*sbr*u*h immer noch Flashbacks, Alpträume usw. Ich habe auch bereits ca. 4 Jahre eine Psychotherapie gemacht, bei der wir aber nicht an den Kern geraten sind, weil ich zu der Zeit nicht stabil genug war. Nun sind aber 2 Jahre verstrichen.

Hat jemand dahingehend Erfahrungen? Das wird sicher heftig werden. Werde ich meinen Job weitermachen können? Das kann man sicher nicht so pauschal sagen, da es jeden anders betrifft. Aber irgendwie finde ich meistens nur so unspezifische Angaben zur Traumatherapie. Ich würde mich über Infos aus erster Hand freuen.

Alles Liebe, eure Kleene
Glaub nicht alles was du fühlst.

Re: Traumatherapie, eure Erfahrungen

#2
Hallo Kleene,

erst einmal Glückwunsch zur Stabilisierung und Abstinenz! Ich wünschte, ich wäre auch so weit :)
Ich kann dir von Traumatherapie so ein bisschen berichten, vielleicht brint es trotzdem was. Ich habe selbst nie eine Traumatherapie ambulant gemacht, zumal die tatsächliche Diagnose erst spät herauskam. Ich hatte aber mal eine Therapie mit Elementen aus der Trauma-Stabilisierungsarbeit und in der Klinik, in der ich war, eine kurze Traumatherapiephase nach Diagnosestellung, sowie Gespräche darüber. Ich kenne auch einige Traumatherapiepatientinnen (stationär und ambulant).
Meine (persönliche) Erfahrung: Das unterscheidet sich tatsächlich sehr. Deswegen würde ich an deiner Stelle, falls du eine ambulante Therapie machen möchtest, TraumatherapeutInnen kontaktieren und nachfragen, vielleicht ein Vorgespräch machen. Denn abgesehen von deiner persönlichen Verfassung haben die ja auch unterschiedliche Methoden der Konfrontation. Soweit ich verstanden habe, bist du ja stabil, weswegen ein großer Teil der Stabilisierungsphase wegfallen würde, und es dann eher um Konfrontation/ INtegration ginge, oder? Generell war die Aussage mir gegenüber: bei längerer Stabilität, gutem sozialem Umfeld, keinem Täterkontakt, sicherer Existenz, Ressourcen und guten Regulierungsfähigkeiten, kann auch ambulante Traumatherapie funktionieren, ohne dass der Alltag gleich gefährdet ist.
Eine Freundin macht das gerade, sie ist sehr durch die Konfrontation beansprucht und kann ihren Alltag z.B. nicht zu 100% aufrecht erhalten. Aber sie war auch noch nicht so stabil und "clean" schon gar nicht.
Ich persönlich würde tatsächlich maximal die Stabilisierungsphase ambulant machen und auf zur restliche Traumatherapie stationär gehen, das wird auch oft in Intervallen angeboten, weil ich auf Druck "funktionieren" zu müssen zu extrem reagiere und wahrscheinlich alltagsschoneneder arbeiten könnte, wenn ich abgeschlossene, intensive Intervallbehandlungen hätte, also regelmäßige Sitzungen. Ich denke, das ist wirklich Typsache.
Mir wurde auch gesagt, dass es gar nict mehr unbedingt üblich sei, zu konfrontieren, wenn sonst alles stabil ist, aber die Alpträume usw. sprechen natürllich dafür...

Was denkst du denn?

Re: Traumatherapie, eure Erfahrungen

#3
Hey kaladi,
vielen Dank für deine Antwort! Und sry für die späte Reaktion, ich gehe nur auf diese Seite, wenn ich mir das hundert pro zutraue, da mich dieses Forum in der Vergangenheit oft getriggert hat.
"bei längerer Stabilität, gutem sozialem Umfeld, keinem Täterkontakt, sicherer Existenz, Ressourcen und guten Regulierungsfähigkeiten" kann ich bejahen. Ich war bereits bei einer Beratungsstelle für Frauen denen se*. Gewalt in der Kindheit widerfahren ist. Die hat mir gesagt, dass sich die amb. Arten auch unterscheiden, wie du bereits sagtest. Die amb. Traumatherapeuten seien jedoch häufig sehr voll (sogar voller als "normale" Psychotherapeuten) und das die auch lieber einfache Traumata behandeln, wie einen Autounfall oder einen Überfall oder so. Leider konnte sie mir keine Konkreten Adressen geben Ich habe schon etwas gesucht war aber noch nicht motiviert genug mich um einen Platz zu kümmern. Ich glaube auch, dass es im Endeffekt eh auf das Therapeuten-Patienten-Verhältnis ankommt und das eine gute Psychotherapeutin die viel Erfahrung mit solchen Klienten hat das auch sehr gut macht. Aber dennoch möchte ich mir bei mehreren Theras Termine geben lassen. Ich habe mir auch das Buch "Basiswissen: Umgang mit traumatisierten Patienten" geholt. Da wird das alles ganz einfach, gut und pragmatisch erklärt.

Ich kann mir gerade nicht vorstellen in einer Klinik zu gehen, obwohl das vielleicht gar nicht mal sooo schlecht wäre.
Mit der Konfrontation ist das sone Sache. Ich habe das alles lange weggesteckt, geschwiegen usw. Er dieses Jahr habe ich meinen Eltern davon erzählt. Als mir das angetan wurde war ich 10-12 und jetzt bin ich fast 30... und jetzt wo es raus ist, da habe ich ein starkes Bedürfnis darüber zu reden. Aber über solche Erfahrungen, auch im Detail, sollte man nicht mit einer Freundin sprechen. Das was ich so lange ausgekotzt habe muss jetzt anders raus. Es muss nicht sofort sein, jetzt habe ich schon so lange gewartet, da habe ich auch noch die Ruhe mir die richtige Therapieform zu suchen.
Glaub nicht alles was du fühlst.

Re: Traumatherapie, eure Erfahrungen

#4
Liebe Kleene,

ich habe mir vor einiger Zeit auch auf die Suche nach einer Traumatherapie gemacht, da mir das bei meinem letzten Klinikaufenthalt empfohlen wurde. Ich habe dann bei einigen Therapeuten gesehen, dass sie mit EMDR arbeiten. Das ist eine sehr sanfte Methode, um Traumatas aufzuarbeiten, sie belastet nicht so sehr wie andere. Ich habe nun 11 Sitzungen hinter mir. Nebenbei arbeite ich vollzeit. Natürlich habe ich bemerkt, dass es mich an manchen Tagen sehr reinreißt, das viel hochkommt. Aber es geht schon. Ich habe das erste Mal das Gefühl, das mir die Therapie weiterhilft. Ich merke, dass sich ganz langsam Muster auflösen. Allerdings liegen bei mir die Wunden sehr tief und deshalb geht es nicht von heute auf morgen. Manche erleben damit auch schneller Erfolge.

Google EMDR doch einfach mal. Bei youtube findest du auch etwas darüber.
Von einem stationärem Aufenthalt würde ich eher abraten. Zumindest war ich in den letzten Wochen froh, dass mein Mann bei mir war, denn ich war extrem liebebedürftig. Und bei der Methode mit EMDR reicht eine Sitzung pro Woche, da das Gehirn mehrere Tage weiter arbeitet. Es ist auch manchmal sehr erschöpfend. Aber an manchen Tagen habe ich auch extrem viel Glück empfunden, es ist so eine Berg- und Talfahrt.

Alles Liebe