Arbeitskrise

#1
Mein Berufsleben ist eine einzige Katastrophe. Seit zehn Jahren krebse ich so durch die Gegend.

Ich habe eine Berufsausbildung (abgeschlosen), aber der Job war ein Alptraum. Obwohl ich Abitur habe, habe ich die Ausbildung auch als sehr anstrengend empfunden. Meine ES hat damals sich auch entwickelt. Meine ganzen Ängste in der Zeit (vor der nächsten Klausur usw.) habe ich mit Essen und Kotzen irgendwie versucht auszuhalten.

Ich dachte, es würde vielleicht besser werden, wenn ich woanders arbeiten würde, aber der nächste Arbeitsplatz war noch schlimmer. Nach einigen Monaten wurde ich da gekündigt. Ich konnte den Anforderungen einfach nicht gerecht werden.

Dann habe ich mich vor der Arbeitswelt in ein Studium geflüchtet, welches ich vor ein paar Monaten wieder aufgegeben habe. Auch da habe ich mich überfordert gefühlt.

Zwischendrin hatte ich auch hier und da mal einen Job, bin aber jedesmal relativ schnell wieder entlassen worden. Teils war ich zu langsam, teils war meine Tendenz, auszuticken, ein Problem. Klar, das braucht kein Arbeitgeber. Aber ich kriege es nicht in den Griff - alle paar Monate passiert es eben. Und arbeiten strengt mich irgendwie irrsinnig an. Schon nach einem halben Tag bin ich platt, und danach für nichts mehr zu gebrauchen.

Hinzu kommt in letzter Zeit noch, dass mein Kreislauf teilweise kollabiert in Stressituationen. Oder mir schwindlig und schlecht wird. So habe ich letztens einen Probearbeitstag zwei, drei Mal mehr damit zu tun gehabt, mit dem Gefühl, gleich umzukippen zu kämpfen, denn mit Kennenlernen des Arbeitsplatzes. Ich suche gerade wieder eine Ausbildungsstelle, da ich in meinen ersten Ausbildungsberuf nicht zurück will, und beim Studium ja keinen Abschluss vorzuweisen habe.

Also, trotz Intelligenz und Motivation bin ich selbst für vermeintliche "Idiotenjobs" nicht tauglich. Irgendwie.

Nun bin ich zu einer Beratungsstelle gegangen und habe ihr die Situation geschildert. Die Beraterin hat mir dann diverdse Möglichkeiten aufgezählt, erst so Bewerbungstraining und beim Berufsinformationszentrum Berufsbilder anschauen und so. Dann fragte sie noch, was ich bräuchte, um eine Probezeit erfolgreich zu überstehen, und ich meinte: Geduld, Verständnis für meine Fehler. Und ich müsste irgendwie aus meinem Gedankenkarussell herauskommen. sie empfahl mir dann, eine Maßnahme zur Teilhabe am Arbeitsleben oder eine psychosziale Betreuung. Gab mir die Adresse von so einer Stelle, versuchte auch gleich, für mich da anzurufen. Hat mich etwas irritiert, denn um so eine Maßnahme zu kriegen, muss man ein psychiatrisches Gutachten vorlegen, dass man eine Behinderung hat. Und ich bin eignetlich nicht behindert. Ich war auch noch nie beim Psychiater. Ich habe angst, dass der mich anschaut und sagt: "Sie sind doch ganz normal, gehen Sie gefälligst arbeiten, ich arbeite auch jeden Tag acht Stunden!"

Bin etwas irritiert, gleichzeitig machte ich mir schon Hoffnung, dass psychosoziale Betreuung vielleicht die Lösung für mein Problem sein könnte, das mich zur Verzweiflung treibt. Denn wenn man keinen Partner hat, keine Freunde oder keine Kinder, dann straft einen keiner für dieses Scheitern. Aber arbeiten muss man. Ist ja auch okay, will ich ja auch. Es soll nur kein Alptraum sein. Arbeiten kann doch nicht immer unerträglich sein?!

Jedenfalls war ich dann bei dieser Stelle, wo man eine Betreuungsperson kriegen kann und habe um ein Infogespräch gebeten. Da haben die mir schon gesagt, dass sie momentan ausgebucht sind und eine Warteliste haben....

So, jetzt wollte ich den roman eigentlich kurz halten, weil ich euch eigentlich nur fragen wollte, ob jemand Erfahrung hat mit solchen Maßnahmen wie dieser Teilnahme am Arbeitsleben, oder psychosoziale Betreung, und ob es in meinem Fall wahrscheinlich oder möglich ist, dass ich das kriege?

Bin, wie gesagt, hin und her gerissen: Einerseits setze ich da Hoffnung rein, andererseits denke ich mir: Iiiicch? Betreuung?? Ich meine, hätte ich fertig studiert, hätte ich vermutlich Betreuerin für andere werden können.... Das Gespräch hat mich ziemlich verwirrt, ich habe natürlich die Hälfte mal wieder nicht mitgekriegt, weil ich irgendwann wieder so nervös war.

LG

Sophie
Zuletzt geändert von Sophie11 am Mo Jul 09, 2012 21:55, insgesamt 1-mal geändert.
So spricht der Herr: "[...] Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich erkenne, daß nämlich ich, der Herr, es bin, der auf Erden Gnade, Recht und Gerechtigkeit schafft!" (Jeremias 9,22-23)

Re: Arbeitskrise

#2
Hey..

also bei uns in der Stadt gibt es so eine Agentur, die mit so Maßnahmen arbeitet. Weiß aber nicht, ob das mit dem gleichzusetzen ist, was du jetzt machen möchtest.
Falls ja: lass die Finger davon..

Wir hatten bereits 3 von solchen "Maßnahmen".. bei denen war allerdings das Problem, dass die wirklich nicht wollten.. kamen nicht.. ständig krank, keine Lust.. frech.. etc. Das sind allerdings junge Menschen (im Alter bis 21 - Jugendliche), die keinen Schulabschluss haben.. und über ein Praktikum in einen festen Arbeitsplatz integriert werden sollen.. also die werden nie einen tollen Arbeitsplatz bekommen..dafür bist du eindeutig überqualifiziert..

was würde dir denn Spaß machen?
es ist leichter, für etwas zu arbeiten, was einem Spaß macht.. auch was das Studium betrifft.. wenn man ein Ziel vor Augen hat und weiß, wofür man das alles tut?

Es ist ok, sich umzuorientieren und etwas völlig anderes zu machen.. Aber man muss es wollen und man muss Wege dafür finden..

darf ich fragen wie alt du bist? du bist bestimmt noch jünger, sodass du ohne Weiteres eine andere Ausbildung machen könntest, die dir wirklich Spaß macht.. oder ein anderes Studium..

in welchem Beruf hast du eine Ausbildung gemacht? was wolltest du studieren?
Manche Hähne denken, dass wegen ihnen die Sonne aufgeht

Re: Arbeitskrise

#3
Naja, ob die Zukunft mit der Krankheit überhaupt so glorreich oder überhaupt möglich ist, selbst mit Studienabschluss? Hab meines gerade abgeschlossen, sogar mit Empfehlungsschreiben und guten Noten, ohne wirkliche Lücken. Nur mit UG, und der Sucht hab ich wohl auch schlechte Karten bei der neuen Stelle, die ich bald antreten muss und die mir höllische Angst macht. Wie soll ich so funktionieren? Klar ging es früher auch irgendwie, aber jetzt kriegt man doch eine Menge Geld, und das ändert sicher einiges. Oder wie sind eure Erfahrungen in dem Bereich?

Gesund ist wohl in jedem Fall fast mehr Wert als ein Studium; insofern macht es keinen echten Unterschied; denn unter den Umständen kann man auch mit dem besten Abschluss wohl niemanden mit demselben Problem betreuen, realistisch betrachtet.

Re: Arbeitskrise

#4
liebe sophie, zuerst finde ich es ganz großartig dass du dich der sache stellst. in deinem beitrag klingt jede menge willen drin die dinge in den griff zu kriegen, und ich finde das ist viel wert.

ich glaube auch, dass du damit nicht allein stehst. ich hätte letztes jahr fast meinen schulplatz verloren weil ichs einfach nicht mehr gepackt habe. und das, obwohl ich, wenn anwesend, durchaus im oberen drittel mitspielte. meine lehrer konnten gar nicht begreifen was los ist: "sie bringen doch hervorragende leistungen, was stimmt denn nicht?" hiess es dann.
auch eine freundin von mir, normalerweise durchaus intelligent und arbeitsfähig, erzählte mir letztens man hätte sie im probepraktikum wegen kreislaufproblemen nach haus geschickt. diesmal kamen die gedanken von mir: mein gott mädchen, du glaubst doch nicht dass du den job kriegst wenn du jetzt nicht anfängst was zu ändern.

ich kenne mich mit diesen stellen nicht aus, um ehrlich zu sein. ich hab damals ganz offen das gespräch mit der schulleitung gesucht als der brief nach haus geflattert kam. wir handelten einen deal aus: ich darf auf der schule bleiben, wenn ich nachweise, dass ich innerhalb eines bestimmten zeitraumes hilfe in anspruch genommen hab. in welcherlei hinsicht war mir überlassen, therapie, psychiatrische betreuung, die eltern mit einbeziehen, was auch immer.

natürlich mag das bei arbeitsverhältnissen nochmal was anderes sein, und unsere schule (ich geh auf ein kolleg um mein abitur nachzuholen) hat aufgrund der verschiedenen biographien generell ein sehr offenes ohr für seine schüler. aber was ich dadurch gemerkt habe: manchmal ist ein offenes gespräch genau das richtige. ein "ich wills schaffen, aber ich weiss nicht recht wie" kann wunder wirken. manchmal wissen die leute gar nicht, das es um viel mehr geht als eine unmotivierte herangehensweise.

Re: Arbeitskrise

#5
Das Thema trifft auch auf mich zu.... Und ich hätte gern mal eure Meinung dazu...
Was sagt ihr auf der Arbeit, wenn ihr wegen der Psyche nicht kommen könnt bzw krank geschrieben seid?
Ich bin jetzt diese Woche bis heute krank geschrieben worden und war heute zum Notfalltermin bei meiner Thera. Und sie hat mir nahe gelegt, mich um mich selbst zu kümmern und mich auch noch Donnerstag und Freitag krank schreiben zu lassen. Meiner Chefin hab ich gesagt, das sei wegen meines Rückens. Mit dem hab ich tatsächlich Probleme, aber nicht in dem Ausmaß, weshalb meine Erklärungen rar werden langsam. Ich hab sie heute schonmal vorgewarnt, dass ich morgen wahrscheinlich nicht kommen kann. Und da hat sie mir gesagt, dass das kaum zu verantworten wäre, wenn die Patienten drei Wochen keine Therapie bekämen. Und gefragt, was genau denn wäre und dass sie mich ja dort an so ein Gerät anschließen könnte, was bei sowas helfe. Dass ich doch unseren Physio schon viel früher hätte fragen können. Und auch, dass ich meine Therapie doch so planen könnte, dass ich mich nicht viel bücken müsse. Gegen Weihnachten würde sie auch viel Spiele spielen und ganz entspannt alles angehen lassen. Sie meinte, sie wolle mir kein schlechtes Gewissen machen, wenn ich krank sei, sei ich krank, aber das macht es dann auch nicht mehr gut. Nach dem Telefonat hab ich geheult. Ich schaff es jetzt einfach nicht zur Arbeit, um auf andere einzugehen und mich um andere zu kümmern. Mir geht´s einfach schlecht. Aber ich arbeite ja erst seit September da und deshalb kann ich ihr nicht sagen, was wirklich mit mir los ist. Und außerdem: Als Therapeutin???? Ich zweifle sowieso stark an meiner Berufswahl, weil ich schon nach etwas mehr als einem Jahr fertig bin mit der Welt und sogar Rückfälle habe. Nicht was das Essen angeht, aber ich bin labil in meiner Stimmung und habe mich eben selbst verletzt am Wochenende. Das kann´s doch nicht sein?????

Re: Arbeitskrise

#6
Hey Juliana,

das tut mir leid, dass es dir so geht!
Magst du schreiben, was bei dir los ist?
Manchmal hilft das ja (aber das weißt du ihnehin selbst...)

du brauchst deiner Cheffin überhauptnicht sagen, was mit dir los ist weil es sie nämlich nichts angeht.
Es ist vielleicht schwierig, wenn du etwas als erklärung genommen hast, wovon deine Cheffin sllein schon berufsbedingt Ahnung hat. (du warst doch Physiotherapeutin, habe ich das richtig gespeichert?)

Trotzdem ist es nicht ihr Job sondern der deines Arztes, dich wieder fit zu kriegen, das ist das eine, das kann man vielleicht nicht so direkt sagen aber vielleicht nimmt dir das ein kleines bisschen den Druck raus wenn du es im Hinterkopf hast...

Und wenn sie unbedingt wissen will, was du hast, und du sie nicht anlügen magst, dann kannst du ganz einfach keine Antwort geben, ich finde das durchaus legitim wenn jemand seine Schwachpunkte ncht in der Öffentlichkeit durchkauen möchte, sei es jetzt Bulimie oder Krebs oder Durchfall oder oder Warzen an den Füßen oder was weiß ich.
Das ist irgendwie... ziemlich Privat, das sind Krankheiten meistens und jeder soll selbst entscheiden, wieviel und so weiter.
Und da hat sie mir gesagt, dass das kaum zu verantworten wäre, wenn die Patienten drei Wochen keine Therapie bekämen.
Geht garnicht!
Ich würde sie mal höflich darauf hinweisen, dass dir selbst schon klar ist, dass deine Patienten auf dich angewiesen sind und unter deinem Ausfall leiden und das es dir sehr leid tut aber das dein Arzt dich auch nicht aus Jux und Tollerei krankgeschrieben hast und, falls das nich nicht ausreicht kannst du ja immernoch nachlegen und sagen, dass du ihn für kompetent hältst, dass er schon wissen wird was er tut und so weiter.
In die Richtung halt.
Ich finde, wenn man soetwas in einem angemessenen Tonfall erzählt, dann ist das absolut ok, ich selbst würde es jedenfalls so machen.

Und was den Grund betrifft...
Ich persönlich habe es mir da bisher meistens einfach gemacht und was von Magen-Darm erzählt...
Keine Fragen, jeder kennt es, jeder hatte es schonmal und die Details will lieber keiner so genau wissen.
Keine Ahnung, ob das jetzt so die Musterlösung ist... :roll:
Oder einfach die Wahrheit aber nur, wenn es nicht anders ging.
Aber das muss wohl wirklich jeder selbst wissen.

Ich verstehe dich sehr gut, wenn dich soetwas trifft...
kenne ich leider ziemlich gut... :?
Aber eigentlich müsste es das ganricht, du machst nichts falsch, du siehst halt zu, wo du bleibst und das ist nicht nur legitim sondern auch gut und richtig so!

Und, dass es dir gerade nicht so gut geht, hat das mit deinem Beruf zutun oder hat das eher andere Gründe...?
Oder beides?

Viele Grüße an dich!
Hirngespinst
"You," he said, "are a terribly real thing in a terribly false world, and that, I believe, is why you are in so much pain."

Re: Arbeitskrise

#7
Hallo Hirngespinst,

danke, dass du dir die Zeit nimmst.

Nein, an sich brauch ich ihr nicht sagen was los ist. Ich bin Ergotherapeutin und in meinem Beruf ist man mit dem Chef per Du und man erzählt auch sonst viel Privates. Es ist in einer Praxis eben irgendwie alles etwas lockerer und manchmal macht es das schwieriger, gerade bei sowas. Da wäre es auffälliger, wenn ich nicht sagen würde, weshalb ich krank bin. Und das mit dem Rücken, ja, das war irgendwie ne blöde Idee. Ich mein, als Ergo ist das nicht unser Spezialgebiet und das Wissen da ist eher schwammig ohne Fortbildung, aber wir haben ja noch den Physio. Ich habs als Ausrede genommen, weil ein bisschen Wahrheit drin steckt und ich nicht alles erlügen musste.
Ich vermute, dass sie so reagiert hat liegt daran, dass unsere Praxis Geldnöte hat, die aber größtenteils von ihr selbst verschuldet sind. Ich denke, da hat sie erstmal Panik geschoben, weil das ja jetzt wieder mindestens 200 Euro Ausfall sind durch die beiden Tage. Und danach bin ich ja ohnehin zwei Wochen im Urlaub. Ich war einfach so an die Wand geredet von ihr und so wies mir geht, bin ich auch irgendwie nicht schlagfertig.
Als meine Chefin bei mir zu Hause anrief, war ich gerade bei meiner Therapeutin. Mein Freund hat gesagt, ich wäre beim Arzt. An einem Mittwochnachmittag nicht gerade logisch, was ich dann auch noch mal am Telefon zu hören bekommen habe von ihr. Und, so sagt sie, wäre das ja nicht abhängig von dem was der Arzt sage, sondern von mir, wie es mir gehe.
Ich hab mich im Endeffekt nur tausendmal entschuldigt, ich glaube, sie hat auch gemerkt, dass das alles von ihr jetzt nicht unbedingt hilfreich war.

Vielleicht ist Magen-Darm eine bessere Lösung für´s nächste Mal. Das will wirklich keiner genau wissen ;-) Und auch das kann mal ne Woche lang dauern.
Und, dass es dir gerade nicht so gut geht, hat das mit deinem Beruf zutun oder hat das eher andere Gründe...?
Oder beides?
Naja, beides. Am 28. November ist meine Oma an einem schlimmen Krebs gestorben. Ich hab nicht viel geweint deswegen, habe irgendwie kaum Zugriff auf die Gefühle. Vorgestern war die Beerdigung. Ich hab es nicht bewusst damit in Verbindung gebracht, aber es wäre so die einzige logische Erklärung dafür. Die Beerdigung war echt heftig... Ich selbst hab mich da sehr zurückgezogen und mich nicht viel umarmen lassen. Manchmal hab ich geweint und dann wieder nur vor mich hin gestarrt und war einfach leer und laut Rückmeldung meines Vaters wohl auch kreidebleich. Ich glaube, ich habe noch nicht so richtig begriffen, dass Oma tot ist, auch wenn mir die Tränen kommen, wenn ich genau darüber nachdenke. Nur richtig zulassen kann ich es nicht. Ich hab das Gefühl in irgendeinem anderen Universum herumzugeistern und mein Leben wie einen Film verfolgen zu können ohne aktiv daran etwas zu verändern. Es passiert und ich schaue zu. Das kenne ich von früher und irgendwie hab ich das Gefühl, dass das eher meine Welt ist. Das hört sich bescheuert an, aber in meiner Depri-Welt finde ich mich besser zurecht, als in der Realität. Ich habe mich meiner Realität angepasst. Vielleicht bin ich Therapeutin geworden, um mein eigenes psychisches Problem dahinter zu verstecken. Um nach außen nicht hilfebedürftig zu wirken, sondern diejenige zu sein, die anderen hilft und Anerkennung dafür bekommt. Seit ich fertig bin mit meiner Ausbildung ist die Anspannung gestiegen. Ich arbeite seit letztes Jahr Oktober. Und seitdem gings permanent bergab. Einen kleinen Aufschwung gabs im September beim Wechsel der Arbeitsstelle, aber dann kams wieder und es holt mich jetzt eben ein. Ich hab das Gefühl nichts zu bewirken in den Therapien, es passiert ja auch nichts Bedeutendes. Außerdem ist mein Beruf manchmal emotional ganz schön anstrengend. Ich hab kein Problem mit Menschen zu arbeiten, aber ich glaube, ein oberflächlicher Kontakt wäre für mich angenehmer. Vielleicht an der Rezeption beim Arzt oder wie früher beim Verkauf. Da hat mir die Arbeit sogar geholfen aus meinen täglichen Löchern herauszuschauen. Jetzt bringt mich die Arbeit eher noch tiefer rein, ich werde ungeduldig und langsam auch leicht reizbar meinen Kollegen gegenüber. Als Arzthelferin verdient man bloß leider nichts und im Verkauf auch nicht. Geld allein macht zwar nicht glücklich, aber ein schöner Job bringt nichts, wenn man dann finanzielle Sorgen hat. Ich weiß einfach nicht wie ich bis zu meiner Rente arbeiten soll und vor allem was...

Viele grüße auch an dich!
Juliana

Re: Arbeitskrise

#8
Liebe Juliana,

Es ist sehr schade, dass Du in Deinem Beruf nicht so glücklich bist. :cry:

Wie war das denn in der Ausbildung? Hat es Dir da noch Spass gemacht?

Du hast geschrieben, dass Dir die Arbeit beim Verkauf Spaß gemacht hat, man allerdings weniger Geld verdient.
Ich möchte nicht blöd rummutmaßen, aber ist es nicht besser, einem weniger bezahlten Job nachzugehen als in einem Beruf unglücklich zu sein und durch viele Krankschreibungen evtl. den Platz zu verlieren?
Du schreibst, ihr hättet finanzielle Nöte in eurer Praxis. Ist es wahrscheinlich, dass Dich Deine Chefin vllt. mal fragt, ob Du Dich finanziell beteiligen willst, um die Praxis zu erhalten?

Die Wahrheit würde ich glaub Deiner Chefin (noch?) nicht sagen. :roll: Wenn man sagt, dass man unter einer psych. Erkrankung leidet, rechnet sie VIELLEICHT damit, dass Du künftig noch öfter fehlen wirst wegen Depressionen etc. Das ist glaub nicht sooo toll, dass gleich am Anfang vom Arbeitsverhältnis zu sagen, wenn sich die Chefin noch nicht so lange mit Deinen Qualitäten vertraut gemacht hat. Oder? Sorry, wenn ich Schwachsinn erzähle :oops:

alles Gute & viel Kraft & danke für Deine Antwort auf die PN!!!
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.

Re: Arbeitskrise

#9
Hallo CoCoRiCo,

ja, die Ausbildung hat mir sehr viel Spaß gebracht und ich fand das auch alles spannend und war neugierig. Ich habe sogar als drittbeste meinen Abschluss geschafft. Die Praktika allerdings waren sehr gemischt. Der Psych-Bereich war überhaupt nicht mein Ding, aber das macht ja an sich nichts. Jeder hat ja da so seine Bereiche. Und ich finde es auch nach wie vor interessant. Aber es ist einfach das Gesamtpaket an Belastung, dem ich irgendwie nicht ganz gewachsen bin. Wenn ich bei Kollegen hospitiere, dann geht es mir besser (wenn ich mich mit der Kollegin verstehe). Aber da kann ich ja zur Not auch mal kurz abwesend sein.

Ja, man sagt immer, wenn man einen Job hat, der einem Spaß bringt, dann ist das besser als einen Job, der keinen Spaß macht aber viel Geld bringt. Sehe ich nicht ganz so. Wir kommen mit meinem Gehalt gerade so hin, dass wir gut leben können. Hin und wieder muss man eben mal Abstriche machen, aber sonst geht´s uns gut so. Wenn ich jetzt aber weniger verdiene, dann bin ich noch abhängiger von meinem Freund und seinem Geld. Und es wäre eben alles sehr knapp. Das macht acuh nicht glücklich und bringt eher Sorgen als Entspannung.
Verkauf hat mir an sich nicht gerade Spaß gemacht, aber ich konnte meine Arbeit machen, acuh wenn es mir mal weniger gut ging. Fehler waren eben Fehler, aber nicht weiter schlimm. Mein Chef wusste von meinem psychischen Problem und hat mich sehr unterstützt und Rücksicht genommen, wenn ich es brauchte. Da war ich dann auch motiviert, gern noch eine Schicht zu übernehmen. Mit den Kollegen habe ich mich gut verstanden. Ich war drei Jahre da und nachher ein "alter Hase". Eigentlich hat jeder gern mit mir gearbeitet und ich hatte eben durch die lange Anwesenheit auch das Selbstvertrauen zu sagen wo es lang geht, konnte sogar mal n bisschen Druck machen, wenn was nicht so lief, weil ich abends oft die Verantwortung hatte. Damit hatte ich kein Problem. Aber da hatte ich im Monat dann nicht mal 300 Euro raus und das ist nichts wovon man leben könnte. Und ich weiß auch nicht, ob ich eine Vollzeitstelle bei Aldi oder so schaffen würde. Ich denke, es war das Klima dort und die Mitarbeiter und der Chef, was mir den Arbeitsplatz schmackhaft gemacht hat. Natürlich hatte ich auch oft überhaupt keine Lust, aber das verflog oft dann am Abend beim Arbeiten. Und es waren auch maximal fünf Stunden am Stück.

Nee, ich sage meiner Chefin auch noch nichts von meiner Psyche. Denke auch, dass das nach hinten losgehen würde.
Ist es wahrscheinlich, dass Dich Deine Chefin vllt. mal fragt, ob Du Dich finanziell beteiligen willst, um die Praxis zu erhalten?
Nein, das würde sie nicht tun. Wie kommst du drauf?

Liebe Grüße

Re: Arbeitskrise

#10
Ich komme mal wieder auf Sophie zurück:
Deine Geschichte hört sich verwirrt an. Wie wenn du nebst des psychischen auch noch ein physisches Problem mit dir herumträgst. Hast du eine Ahnung, woher diese Kreislaufprobleme kommen könnten? Warum kannst du dich kaum konzentrieren? Liegt dies an der Ernährung? Könnte es sein, dass du für deine Verhältnisse zu wenig schläfst?
So wie du es beschreibst, liegen bei dir die Nerven permanent blank. Wieso ist das so? Ist das dein Naturell, ab und zu mal wieder total aufzubrausen?
Dass du mit Selbstvertrauen nicht gerade gesegnet bist, weiss ich schon länger. Allerdings ist es sicher auch falsch zu denken, dass du nicht mal in der Lage sein solltest, sog. "Idiotenjobs" zufriedenstellend auszuführen. Du bist eine zumindest (!) durchschnittlich intelligente junge Frau. Du hast auch einen Berufslehre abgeschlossen. Also hast du etwas in der Tasche, auch wenn es vielleicht nicht dein Traumberuf mehr ist.

Aber versuch doch das Ganze mal von der Seite her zu betrachten, warum es dir so schwer fällt, den Tag durchzustehen. Das könnte wie gesagt ein medizinisches Problem sein. Vielleicht ginge es mit der Behebung dieses Problems dann plötzlich ein ganzes Stück vorwärts.

Eine andere Baustelle sehe ich darin, dass ich den Eindruck bekomme, du weisst gar nicht genau, was du beruflich überhaupt willst. Korrigier mich, wenn ich mich da irre. Mit einem klaren Ziel vor Augen, seinen Wunsch in die Realität umzusetzen fällt einem doch vieles leichter (oder sollte zumindest).

Zu deiner eigentlichen Frage kann ich dir keine Antwort geben. 1. weil ich darin keine Erfahrung habe und 2. weil du in einem andern Land lebst als ich und somit die Amtsmühlen ein bisschen anders positioniert sind. Trotzdem wünsche ich dir gutes Gelingen beim Lösen deines Problems.

liebe Grüsse
Peter
Auch mit in den Weg gelegten Steinen kann man ein gutes Bauwerk errichten

Re: Arbeitskrise

#11
Hallo,

Wie hast Du die letzten Tage so rumgebracht? Geht es Dir etwas besser?

Weil Du iwie geschrieben hast, Du willst nicht Vollzeit im Verkauf arbeiten: Hast Du als Ergotherapeutin denn einen anderen Arbeitsumfang?

Oh man, ich weiß auch nicht. :roll: Geld ist ja schon wichtig, aber für Geld so "leiden"? Naja, immerhin verbringt man ja viel Zeit des Lebens in der Arbeit. Das ist ja so, als würde man sich Nacht für Nacht auf einer unbequemen Matratze quälen. Sorry, blöder Vergleich irgendwie naja :mrgreen:

Mal abgesehen vom Job: Was hast Du denn sonst noch so vor im Leben? Lässt sich das mit dem Job dann trotzdem vereinbaren? Keine Ahnung, vllt. wollt ihr ja eine eigene Wohnung haben, oder Kinder, oder heiraten oder weiß nicht.

Das mit der finanziellen Sache :mrgreen: :mrgreen: haha, war wohl eine blöde Idee. Habe mal hin und wieder mitbekommen, dass Leute gebeten werden etwas mitzufinanzieren, damit man was retten kann. Wohl zu viel TV geschaut :D

LG
Wie die Schauspieler eine Maske aufsetzen, damit auf ihrer Stirn nicht die Scham erscheine, so betrete ich das Theater der Welt - maskiert.

.Descartes.

Re: Arbeitskrise

#12
Hi CoCoRiCo,
lieb, dass du fragst.
Ich bin noch krankgeschrieben. Mir gehts durchwachsen, das wechselt von einer Sekunde zur nächsten.
Weil Du iwie geschrieben hast, Du willst nicht Vollzeit im Verkauf arbeiten: Hast Du als Ergotherapeutin denn einen anderen Arbeitsumfang?
Nee, da hab ich mich glaub ich blöd ausgedrückt. Ich möchte überhaupt nicht Vollzeit arbeiten. Im Moment hab ich 30 Stunden, mal mehr mal weniger. Hängt von der Anwesenheit der Patienten ab. Wobei ich oft so lange unterwegs bin am Tag, als hätte ich eine Vollzeitstelle. Ausfallzeiten von Patienten werden nicht bezahlt, aber soweit ich weiß in keiner Praxis, und sind daher meine "Freizeit", die ich aber nicht nutzen kann und daher doch irgendwie was für die Arbeit mache. Als Arzthelferin würde ich zum Beispiel mit einer Vollzeitstelle das verdienen, was ich nach meiner Probezeit für eine 30 Stunden Stelle bekomme. Ich weiß nicht, ob mir die Vollzeitstelle leichter fallen würde, wenn sie strukturiert wäre. Ich also wüsste wann ich Schluss habe und nichts zu Hause machen müsste an Vorbereitungen oder so. Könnte mir auch vorstellen, dass das dann leichter ist. Aber ich weiß es nicht.
als würde man sich Nacht für Nacht auf einer unbequemen Matratze quälen
Aber irgendwie passt der Vergleich^^
Was hast Du denn sonst noch so vor im Leben?
An sich ist mir Familie wichtiger als der Job, aber ich habe Angst das nicht erreichen zu können, wenn ich nicht genug verdiene. Ich freu mich auf die Mutter Zeit, wenn wir Kinder haben. Mit meinem Freund wohne ich seit März zur Miete, aber wir wollen irgendwann auch ein eigenes Heim haben und heiraten auch auf jeden Fall. Ich möchte die Welt sehen, in den Urlaub fliegen und so viel wie möglich erkunden, bevor dann die Kinder kommen. Das sind Dinge, die mir wirklich sehr wichtig sind, aber ohne Geld nicht machbar.

Wie gehst du denn mit Job und Geld um? Welche Ziele hast du? Zweifelst du an dem was du tust?

Liebe Grüße

Re: Arbeitskrise

#13
Hey. ein Fred wird nach einem halben Jahr wiederbelebt. :shock:

Was umso gruseliger ist, als dass ich selbst schon mit dem Gedanken gespielt habe, mal wieder was in die Richtung zu posten.

Also, mittlerweile bin ich verutlich mehr angekommen. Aber einige prinzipielle Probleme, es den Leuten dort Recht zu machen, bleiben.

Ich glaube mitlerweile, man könnte diese Probleme unter "ADS" zusammen fassen. die Überweisung zum Psychiater liegt jedenfalls auf dem Nachttisch. Irgendwann muss ich es mal schaffen, bei einem anzurufen. :roll:

LG & frohe Weihnachten ;)

Sophie
So spricht der Herr: "[...] Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich erkenne, daß nämlich ich, der Herr, es bin, der auf Erden Gnade, Recht und Gerechtigkeit schafft!" (Jeremias 9,22-23)

Re: Arbeitskrise

#14
Hey Sophie,
ich hoffe, ich habe deinen Thread nicht einfach überfahren....

Wie kamst du denn auf das Thema ADS?
Drücke dir die Daumen, dass du dich schnell aufraffen kannst beim Psychiater anzurufen! Sonst vielleicht als guten Vorsatz fürs nächste Jahr, wenn dich sowas unterstützt?

LG und dir auch schöne Weihnachten

Re: Arbeitskrise

#15
Juliana hat geschrieben:Wie kamst du denn auf das Thema ADS?
Ich habe mir so eine Reportage aus einer Serie über die Psychiatrie angeschaut. Da war auch dieses eine Mädchen, das ADS hatte. Und was mir auffiel an ihr, war, dass sie eigentlich gar nicht dem Klischeebild entspricht. sie war nicht hektisch, und auch nicht total unkonzentriert.... Keine Ahnung, irgendwie habe ich mich in ihr wieder gefunden. Obwohl ich den Film schon zum zweiten Mal gesehen hatte. und vorher shcon mehrmals von AD(H)S gehört hatte.....

Daraufhin habe ich ADS bei Erwachsenen ggegooglelt, die Symptome durchgelesen und gedacht "S ch**. Kennen die mich?" :-X)

Lg

Sophie
So spricht der Herr: "[...] Nein, wer sich rühmen will, der rühme sich dessen, daß er klug sei und mich erkenne, daß nämlich ich, der Herr, es bin, der auf Erden Gnade, Recht und Gerechtigkeit schafft!" (Jeremias 9,22-23)